Verwandte Seelen
Knie.
Jake wirkte besorgt. „Alles in Ordnung?“
Mein Großvater ist die grausamste Kreatur auf dieser Welt. Nichts ist in Ordnung.
Wir sahen Grimmt, der sich mit seinen Männern näherte, frustriert entgegen.
„Was macht ihr denn noch hier?“, fragte dieser und blieb stehen. Die anderen liefen weiter, wobei zwei von ihnen Marlon trugen. „Ich dachte, ihr seid schon längst im Lager und packt zusammen.“
„Samantha will sich lieber ausliefern“, sagte Jake.
Aha, jetzt war ich also wieder Samantha. Jake hatte seinen Schutzschild wieder um sich aufgebaut.
Grimmt sah uns beide verdutzt an. „Ausliefern?“
Ich schnappte nach Luft, um mich zu wappnen. „Sie wollen mich, Grimmt – nicht euch!“
„Na, das sind ja mal ganz neue Töne. Sag’ bloß, du fängst an mir zu glauben?“
Dexter schien ihm die Neuigkeit also noch nicht überbracht zu haben. Als Antwort hob ich meine Hände – beide unverletzt.
„Ich werd’ verrückt!“ Grimmt sprang auf mich zu und nahm meine Hände in seine, als ob er sich aus nächster Nähe davon überzeugen müsste. „Na, wenn das kein Beweis ist!“ Fasziniert sah er Jake an.
Jake stand regungslos da. Nachdem, was er mir eben alles offenbart hatte, funkelten seine Augen hoffnungsvoll.
6. Aufbruch
Die Zelte wurden in Windeseile abgerissen, ohne dass man sich die Mühe machte, sie sorgfältig zu verstauen.
„Was ist denn eigentlich los?“, fragte Sally, während wir hektisch alle Sachen einpackten.
„Wir vermuten, dass sich Unsterbliche in der Nähe aufhalten“, erwiderte Dexter und sah mich dabei eindringlich an. Dies war also die offizielle Version.
Matt grinste. „Echt? Wie kommt ihr denn auf so eine blöde Idee?“ Er schaute betont in Jakes Richtung, doch dieser ignorierte ihn – genau wie er mich ignorierte. „Definiert mir mal den Begriff ‘Nähe’“, fuhr Matt fort. „‘Nähe’ bedeutet für mich, wenn der Abstand zu einer Person oder einem Gegenstand sehr klein ist. Man könnte es auch als geringe Entfernung zwischen einem bestimmten Punkt . . .“
„Halt die Klappe, Matt!“, ging Conner ihn an. „Du nervst.“
„Ich wollte ja nur damit sagen . . .“
Conner knurrte. „Ich meine es ernst, Matt. Ich stopf’ dir den Mund!“
Matt verzog sein Gesicht in Conners Richtung zu einer Grimasse, woraufhin dieser auf ihn zustürzte.
Wutentbrannt ging Dexter dazwischen. „Für eure kindische Rauferei haben wir jetzt keine Zeit! Spart euch das für später auf!“
Sie schauten Dexter schuldbewusst an. Dann machten sie sich wieder an die Arbeit.
Schließlich war keine halbe Stunde vergangen, als wir uns auf den Weg machten.
Grimmt und Jake ritten voran, dicht gefolgt von Dexter. Auf Conners Bahre lag nun ein schlafender Marlon.
Drei von Jakes Männern waren voraus geritten, um die Umgebung, die vor uns lag, zu erkunden.
Wehmütig schaute ich mich noch einmal um, versuchte mir jede Kleinigkeit der Landschaft einzuprägen. Ich wollte mich später daran erinnern. Wir hatten den Wasserfall schon hinter uns gelassen und ritten nun an dem daraus folgenden Fluss entlang. Aufgrund der Wassermassen, die sich in ihm ergossen, trieb der Fluss in rasender Geschwindigkeit voran. Die wilde Strömung brach sich an den Felsen, die steil aus dem Wasser herausragten. Es war eine beeindruckende Naturgewalt, die sich uns bot.
Der lärmende, reißende Strom verunsicherte unsere Pferde. Sie scheuten und stellten sich auf die Hinterläufe.
Die Pferde der Unsterblichen hingegen ließen sich nicht aus der Ruhe bringen. Im Unterschied zu unseren waren diese viel größer und wilder. Jakes Hengst wirkte unheimlich majestätisch, so kraftvoll wie er uns anführte. Sein Fell war tiefschwarz und von einem bemerkenswerten Glanz. Die Mähne hing ihm wild in die Augen, wobei sein langer Schweif fast die Erde berührte.
Die Unsterblichen saßen in keinem Sattel. Als Zügel diente ihnen nur die lange Mähne.
„Welcher Rasse gehören eigentlich diese Pferde an?“, fragte ich Dexter und deutete auf Jakes Hengst.
„Das sind wilde Pferde, die sich in einer Herde frei bewegen. Sie sind im Ageless Forest beheimatet, dort wo Jake zu Hause ist. Man weiß nicht besonders viel über diese edlen Tiere. Allerdings heißt es in den Geschichten der Unsterblichen, dass sie bis zu achtzig Jahre alt werden können.“
Staunend bewunderte ich den schwarzen Hengst.
„Einem Menschen würde es nicht gelingen, sie auch nur zu Gesicht zu bekommen“, erzählte Dexter weiter. „Nur
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