Verwandte Seelen
wie wild an zu zappeln, wodurch es fast komplett ins Wasser fiel.
Wieder schaute ich mich um. Die anderen machten sich gerade zu mir auf den Weg. Das dauerte einfach zu lange. Sein kleiner Kopf wurde von den Wellen überflutet. Vom Rand des Ufers aus konnte ich das erschöpfte Tier nicht erreichen. Vorsichtig versuchte ich, auf den klitschigen, umgestürzten Baum zu klettern, der bis zur Hälfte in dem Fluss eingetaucht war.
„Samantha! Mach, dass du von dem Baum runterkommst!“ hörte ich Jake von hinten rufen. Er ritt jetzt den anderen im rasenden Tempo voraus.
Das Kitz schrie unvermittelt wie ein Baby auf, als es weiter abrutschte. Es hatte Todesangst. Das Kleine drohte zu ertrinken. Ich hielt mich mit einer Hand an einem Ast fest und streckte die andere nach dem Kitz aus. „Ist ja gut. Ich tu’ dir nichts.“ Als ich es zu fassen bekam, ließ es sich jedoch nicht so einfach aus den Ästen befreien. Ich musste es anders versuchen.
„Pass auf!“, schrie Sally in der Ferne und zeigte mit dem Finger auf eine Stelle hinter mir.
Doch es war zu spät. Ein Baumstamm, der von dem reißenden Strom mitgetragen wurde, brallte ungebremst an den Baum, auf dem ich saß.
„SAM! . . . . . . . NEIN! . . .“ Jake schrie mir nach, als ich von dem Fluss mitgerissen wurde und untertauchte.
Der Kälteschock übermannte mich gnadenlos, während ich von der wilden Strömung nach unten gezogen wurde. Es geschah so schnell, dass ich es nicht schaffte, die Luft anzuhalten. Stattdessen atmete ich durch meinen Mund und meine Nase Wasser ein. Der brennende Schmerz brachte meinen Kehlkopf fast zum Zerbersten. Kraftlos versuchte ich mich über der Wasseroberfläche zu halten, indem ich den Kopf in den Nacken legte. Ich rang verzweifelt nach Luft, doch es gelang mir nicht zu atmen. Mein Herz hyperventilierte vor Panik.
„SAM! . . .“ Ich sah Jake am Flussufer entlangreiten, aber das Wasser trug mich unbarmherzig mit sich fort. Immer wieder wurde ich von der Strömung unter die Oberfläche gedrückt. Ich ertrank . . .
Jake sprang im vollen Galopp von seinem Pferd und stürzte sich in den todbringenden Strom. Mit kräftigen Zügen holte er mich ein und schlang einen Arm um mich.
„Ich bin hier! . . . Ich bin bei dir!“
Mit der freien Hand versuchte er an einem der großen Steine, die am Ufer aus dem Wasser ragten Halt zu finden, was ihm beim vierten Anlauf gelang.
„Sieh mich an . . . Bitte, sieh mich an!“, forderte Jake mich eindringlich auf.
Schlaff lag ich in seinem Arm. Ich schaffte es kaum, meine Augen aufzuhalten, doch ich tat, was er sagte.
Er war gesprungen. Er war mir hinterher gesprungen. Er war . . .
Stoßweise schnappte ich ohne großen Erfolg nach Luft. Gleich würde ich das Bewusstsein verlieren.
Sein Blick schien mich völlig in sich aufzunehmen. „Hör mir jetzt gut zu!“, flehte er mich an. „Ich brauche beide Arme, um uns hier herauszuziehen. Du musst dich an mir festhalten. Hörst du, was ich sage? Halt dich an mir fest, so sehr du kannst!“
Ich nickte ihm zu, aber ich hatte keine Ahnung, ob ich noch die Kraft dafür hatte.
Er erwiderte mein Nicken. „Dann los, schling deine Arme um meinen Brustkorb und halte dich fest!“
Ich gehorchte, krallte mich voller Angst an ihn.
„Lass mich ja nicht los, Sam! . . . Wehe, du lässt los!“
Jake löste langsam seine Hand von mir, mit der er mich die ganze Zeit festgehalten hatte. Mit einer unvorstellbaren Kraft zog er uns entgegen der reißenden Strömung des Flusses aus dem Wasser.
Erschöpft blieb er auf dem Bauch liegen. Ich hatte nicht losgelassen. Immer noch meine Arme um ihn geschlungen, lag ich auf ihm.
Langsam rollte ich mich von ihm herunter. Verzweifelt versuchte ich normal zu atmen, doch es schmerzte zu sehr. Ein krampfartiges Husten quälte sich aus meinem Brustkorb und beförderte das Wasser aus meiner Luftröhre.
Jake war sofort wieder bei mir. Er stützte mich und hielt mir die Haare aus dem Gesicht, als ich schließlich schwallweise erbrach. Nachdem ich endlich kein Wasser mehr spuckte, zog er mich in seine Arme. Besitzergreifend drückte er mich gegen seine Brust. So saßen, halb lagen wir an dem steinigen Ufer des Flusses, der fast zu meinem Grab geworden war.
Behutsam legte er meine Hand auf seine Brust. „Versuch gleichmäßig mit mir Luft zu holen!“ Er hob betont seinen Brustkorb und senkte ihn wieder.
Langsam ließ die Panik in mir nach. Es beruhigte mich, wie wir im gleichen Takt zusammen atmeten, auch wenn mich jedes
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