Verwandte Seelen
entgegennahm. Silas wusste es also und bat mich darum, Jake aufzugeben. Hatte er auch mit Jake gesprochen? Konnte ich ihn deshalb nicht finden, da er mich bereits aufgegeben hatte?
In meinem Inneren schrie ich hilflos auf. Langsam wich ich vor Silas zurück.
Er hob irritiert die Augenbrauen und ging wieder einen Schritt auf mich zu.
Doch da stolperte ich hastig von ihm weg, als würde er mir große Schmerzen bereiten, was er auch tat. Meine Seele brannte . . . Mit gesenktem Kopf unterwarf ich mich meinem Schicksal und schleppte mich weinend davon.
Nachdenklich und besorgt blieb er zurück.
Jake tauchte nicht auf . . .
Sally und ich saßen nebeneinander in einer Hütte. Zwei ältere Frauen flochten uns Blumen ins Haar und sangen dabei Lieder. Bei mir würden sie viele Blüten brauchen, da mir meine Haare inzwischen wieder bis zur Taille reichten. Sally bekam ein Kleid, das ihr sichtlich zu lang war. Doch sie schien sich nicht im Geringsten daran zu stören. Ich selbst behielt mein gelbes Kleid an.
Mit uns würden heute Abend noch vier weitere Mädchen verheiratet werden. Ich fragte mich, ob sie sich genauso ausgeliefert fühlten, wie ich es tat. Sally zumindest schien gut damit leben zu können. Sie tanzte mit gerafftem Kleid um mich herum.
„Was meinst du? Gefalle ich Matt?“, fragte sie aufgeregt.
Hatte ich irgendetwas verpasst? Wenn ich es nicht besser wüsste, könnte man fast glauben, dass sie sich auf die Ehe mit Matt freute. Mit Matt . . . Nein, ich musste mich irren.
„Du siehst wunderschön aus!“, bestätigte ich ihr.
„Du auch!“, strahlte sie mich an, bevor sie meine feuchten Augen bemerkte.
Seufzend setzte sie sich wieder zu mir. „Du bist wegen Jake traurig“, stellte sie fest.
Ich nickte nur und versuchte den dicken Kloß in meinem Hals hinunter zu schlucken.
„Conner wird dir ein guter Mann sein, genauso wie er dir ein guter Freund war.“ Sie umarmte mich. „Wenn Jake dich nicht will, hat er dich auch nicht verdient!“
Jetzt brachen bei mir alle Dämme. Ich weinte bitterlich. Sally hatte keine Ahnung. Sie dachte immer noch, dass er mich nicht liebte. Wie sollte sie es, dank unserer Geheimnistuerei, auch wissen.
„Nun hör endlich auf, ihm nachzutrauern! Denk doch mal nach! Jetzt werden wir sogar Schwägerinnen!“ Sie klatschte aufgeregt in die Hände und zog mich nach draußen.
Als wir die Hütte verließen, schaute ich mich suchend um. Es dämmerte bereits. Die Dunkelheit würde sich gleich unaufhaltsam um uns ausbreiten. Sie schwor die trostlose Stimmung herauf, in der ich mich befand. Mein Herz hüllte sich mehr und mehr in einen schwarzen Schleier.
Jake war nirgends zu sehen . . .
„Hey Kleine! Du siehst hübsch aus“, kam Dexter auf mich zu.
Ich zwang mich zu einem höflichen Lächeln.
„Es wäre mir eine Ehre, wenn ich dich zum Altar führen dürfte“, verbeugte er sich vor mir.
Kraftlos lief ich in seine Arme und fing erneut an zu schluchzen. Da bemerkte ich Grimmt, der wenige Schritte hinter Dexter stand. Hilfesuchend sah ich ihn fragend an.
Doch er schüttelte nur enttäuscht den Kopf, als er meine unausgesprochene Frage verstand. Er wusste nicht, wo Jake war.
Die Dorfbewohner hatten überall Fackeln aufgestellt und standen weitläufig um einen Baumstumpf herum. Er war als Altar gedacht, indem er festlich mit Blüten und Kerzen geschmückt war. Das flackernde Licht verlieh den hohen Bäumen etwas Mystisches. Ihre ausladenden Kronen prangten wie ein schützendes Dach über uns.
Die erste Trauung hatte schon begonnen. Das Brautpaar kniete sich einander zugewandt nieder. Sie reichten sich über den Altar hinweg die Hände und wurden von dem Pfarrer gesegnet.
Jake war nicht hier . . . Er war nicht bei mir . . .
Alle Mädchen fügten sich. Ich musste mich zusammenreißen, durfte keinen Aufstand machen. Ich fühlte mich wie eine Verräterin . . . Doch er war nicht da . . .
Meine Augen füllten sich erneut mit Tränen. Da entdeckte ich Conners blasses, zweifelndes Gesicht. Er lächelte mich aufrichtig an und nickte mir zu.
Silas trat hinter seinen Sohn, der mit gesenkten Schultern zu den entfernten Fackeln hinüber sah. Er legte eine Hand beschwichtigend auf Jakes Schulter, zog sie jedoch augenblicklich zurück, als dieser unter der Berührung zusammenzuckte.
„Was ist mit dir?“, fragte er ihn besorgt.
Er bekam keine Antwort.
Silas seufzte. „Sie ist ein wunderbarer Mensch und ich kann dir nicht verdenken, dass du dich in sie verliebt hast . .
Weitere Kostenlose Bücher