Verwechseljahre: Roman (German Edition)
ihn auch noch angeschleppt.«
»Nein, Billi, das glaub ich einfach nicht!« Ich hörte mich fast befreit lachen. »Unglaublich, was wir Mütter uns alles gefallen lassen«, stammelte ich schließlich.
»Einmal Mutter, immer Mutter«, sagte Billi.
»Außer bei mir …«
»Na ja, in deinem Fall liegen die Dinge anders … Wobei ich dir noch nicht mal vorwerfen kann, deinen Sohn schlecht erzogen zu haben«, gab Billi zurück.
»Aber du hast deine Kinder doch nicht schlecht erzogen?!«
»Nein. Sie mich aber auch nicht«, gab Billi trocken zurück. »Ich spure doch ganz prima.«
»Und was macht – ähm – Ich traute mich kaum, ihre andere Baustelle anzusprechen.
»Rudi? Der ist mit einer Stewardess auf den Kanaren.«
»Mit diesem schwarzhaarigen Gift?«
»Ja. Seine neueste Errungenschaft. Er hat sie auf dem Flug zu einem Ärztekongress in Palma de Mallorca kennengelernt.«
»Und das lässt du dir gefallen?«
»Solange ich noch nicht selbst Frau Doktor bin … Ich glaube, wir Frauen lassen uns eine ganze Menge gefallen, nur um des lieben Friedens willen.«
Sie hatte völlig recht. Auch ich hatte mir eine Menge gefallen lassen.
»Und – wie geht es Sonja und …« Eigentlich wollte ich nach Vivian fragen, aber Billi fiel mir ins Wort.
»Rainer? Sonja hat einen Narren an ihm gefressen. Du glaubst ja nicht, was die für einen Spaß miteinander haben!«
»Ach wirklich?«
»Sie hat sich in den Kopf gesetzt, einen neuen Mann aus ihm zu machen.«
»Und?«
»Er hat schon ein paar Pfund abgenommen, eine ganz neue Frisur, und gestern hat sie ihn zu einem Herrenausstatter nach München geschleppt.« Billi gluckste amüsiert in den Hörer. »Du würdest ihn nicht wiedererkennen. Sonja hat all seine Rentnerwesten und kurzärmligen Hemden in den Müll geschmissen und sein E-Bike gegen ein cooles Moutainbike eingetauscht. Am Wochenende waren sie auf dem Hohen Zinken.«
»Oh!«, entfuhr es mir.
»Was ist eigentlich mit Viktor?«, fragte sie kauend, als wäre ihr das gerade so eingefallen.
»Viktor? Was soll schon mit ihm sein?« Mir wurde ganz heiß. Hastig öffnete ich die Dachterrassentür und trat in die milde Abendluft hinaus. Der Himmel zeigte alle Schattierungen von Rot bis Rosa. Mit Viktor wäre es hier einfach – atemberaubend.
»Hat Viktor sich noch mal bei dir gemeldet?«, hakte Billi nach.
»Nein. Er weiß ja nicht mal, dass ich mit Roman in Portugal bin.«
»Auch nicht von Roman?«
»Keine Ahnung.«
»Ihr redet wirklich über gar nichts, was?«
»Nur über das Wetter«, sagte ich. »Wie geht es Vivian?«
»Vivian ist fest entschlossen, das Fitnesscenter weiterzubetreiben«, sagte Billi. »Sonja hält felsenfest zu ihr. Und Rainer spielt den Hausmeister.«
»Das ist toll.«
Na bitte, da war doch ein neues Feld zu beackern! Trotzdem versetzte es mir einen Stich.
»Alle halten zusammen. Ihr fehlt mir«, sagte ich traurig.
»Ja, aber Liebes! Wir halten doch auch zu dir!«
»Nur bei Roman und mir will das nicht klappen.«
»Rede mit ihm!«, beschwor mich Billi noch einmal. »Appelliere an sein Ehrgefühl. Es geht nicht nur um euch beide. Es geht auch um Vivian. Er muss wenigstens Alimente zahlen.«
»Ach Billi, ich schäme mich so für ihn!«
»Das verstehe ich. Trotzdem: Eine Mutter hält immer zu ihrem Kind.«
»Auch wenn es NUR Scheiße gebaut hat in seinem Leben? Roman hat Schulden in fünfstelliger Höhe!«, jammerte ich. »Für Vivians Kind werde ich wohl die Alimente zahlen, wenn Viktor es schon für Silke tut …«
»Das wirst du mal schön bleiben lassen! ER muss selbst Verantwortung übernehmen!«
»Billi, ich weiß wirklich nicht, wie ich an ihn rankommen soll. Er macht vollkommen zu, und offiziell weiß ich ja gar nichts von seiner Spielsucht. Ich kann Viktor unmöglich verraten. Roman weiß nicht mal, dass Viktor mich besucht hat! Was Viktor mir da erzählt hat, war doch alles höchst vertraulich! Oh Mist, ich glaube, da kommt er …«
»Wer, Viktor?«
Schön wär’s! »Roman!«
Polternd betrat mein Sohn den Bungalow. Erschöpft knallte er seinen Golfsack in die Ecke und machte sich an der Minibar zu schaffen. Ob er merkte, dass ich auf der Dachterrasse stand? Hoffentlich hatte er nichts von unserem Gespräch mitbekommen! Ich war ja nicht gerade leise gewesen. Im Gegenteil, ich hatte mich ziemlich in Rage geredet. O Gott, das wäre der Mega-Vertrauensbruch!
»Ich muss jetzt Schluss machen, Billi!«
»Rede mit ihm! Sei nicht feige!«
»Grüß alle schön!«, sagte ich
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