Verwechseljahre: Roman (German Edition)
und legte auf.
Tagelang hatte ich gehofft, dass sich ein Gespräch ergab, doch jetzt würde ich selbst aktiv werden. Zögernd betrat ich den Raum. Roman stand an der Minibar und trank gierig Wasser aus der Flasche.
»Hallo, Carin. Alles klar?«
»Nein.«
»Wie, nein?«
Roman starrte mich gereizt an. Kleine Schweißperlen standen ihm auf der Stirn. Er war erledigt.
»Nein, Roman. Ich würde gern mit dir reden.«
»Muss das ausgerechnet jetzt sein?« Er knallte die Flasche auf den Tisch und zog sich das Shirt über den Kopf. »Ich habe zweimal achtzehn Löcher gespielt! Du solltest inzwischen wissen, was das bedeutet!«
»Das mag schon sein. Aber wir haben diesen Urlaub gebucht, um zu reden!«
» DU hast diesen Urlaub gebucht, um zu reden.« Er streifte Golfschuhe und Hose ab und verschwand türenknallend im Bad. »Immer wollen Frauen reden!«, hörte ich ihn murren. Dann klappte der Klodeckel, und es rauschte die Spülung. Schließlich das Wasser in der Dusche.
Das war also das typisch männliche Verhalten, von dem ich schon oft gehört, das ich aber noch nie selbst erlebt hatte. Rainer war kein Macho. Rainer redete gern, ja wollte sogar noch mehr Probleme besprechen, als überhaupt vorhanden waren. Ich wusste nicht, was schlimmer war.
Mein Herz klopfte, aber ich zwang mich, nicht davonzulaufen. Okay, Carin, sagte ich mir. Diesmal gibst du nicht klein bei! Wenn er da rauskommt, muss er Farbe bekennen. Das Gespräch mit Billi hatte mir Kraft gegeben. Meine Mutter war auch bei mir. Ich nahm mir ein Bier aus der Minibar und trank direkt aus der Flasche. So. Machogehabe? Kannst du haben, mein Sohn!
28
N ach einer gefühlten Ewigkeit ging endlich die Badezimmertür auf. Roman erschien mit Lendenschurz, griff nach der Fernbedienung und warf sich auf sein Bett. Auf dem Bildschirm erschien portugiesische Werbung. Gerade wurde ein dicker Babypopo begeistert bejubelt. Beziehungsweise die dicke Plastikwindel, die ihn umhüllte. Romans Gesicht drückte Ekel aus. Na gut, an seine Kinder wollte er jetzt bestimmt nicht erinnert werden. Bestimmt erwartete er, dass ich mich jetzt diskret verzog. Aber ich nahm all meinen Mut zusammen und sagte: »Es tut mir leid, aber jetzt reden wir.« Ich nahm die Fernbedienung und schaltete den Fernseher aus. Wieso tat es mir leid? Es tat mir überhaupt nicht leid!
»Eh, Carin, spinnst du?« Roman setzte sich wütend auf.
»Roman.« Ich setzte mich auf die Bettkante. »Wir sind doch nicht hier, damit du den ganzen Tag Golf spielst und mich allein lässt!«
»Dieses Gerede habe ich mir schon jahrelang von Silke anhören müssen: ›Du spielst den ganzen Tag und lässt mich allein‹«, äffte er sie nach.
Aha. Das Thema war eröffnet.
»Du spielst also …?«
»Ja! Stell dir vor! Ich spiele gern! Was geht dich das an?«
»Es geht mich insofern was an, als du offensichtlich in größter Geldnot bist!«
»Was dir ja offenbar scheißegal ist!« Er musterte mich kalt.
»WIE BITTE? Ich habe diesen teuren Urlaub finanziert, damit du deinen Spaß hast!«
»Den du mir gerade gründlich verdirbst!«
Romans Gesicht glich dem eines trotzigen Jungen. Ich beschloss, es anders zu versuchen. »Denk doch mal an die Menschen, die dir nahestehen! Das ist doch total egoistisch von dir!« Ich bemühte mich immer noch um einen ruhigen Ton, und das Bier gab mir die nötige Gelassenheit. Auf keinen Fall wollte ich jetzt hysterisch oder zänkisch klingen.
»Ausgerechnet du musst mir sagen, was egoistisch ist«, ging er sofort zum Gegenangriff über. »Und von wegen Menschen, die mir nahestehen!« Er richtete sich auf, seine Augen wurden schmal und seine Stimme gefährlich leise. »Soweit ich weiß, hat mich der einzige Mensch, der mir nahestand, im Stich gelassen, als ich gerade drei Wochen alt war.«
Ich schluckte. Okay. Diese Platte also. Ich starrte ihn wortlos an.
»Ja, das ist leicht«, erwiderte ich schließlich so gefasst wie möglich. »Dieses Spiel kann ich nicht gewinnen. Du hast die besseren Karten, von Anfang an!«
»Du hast sie verteilt«, gab er knapp zurück. »Du hast dein Kind verschenkt.«
Er griff wieder zur Fernbedienung. Inzwischen wurde ein portugiesisches Ketchup auf einer Portion Bratkartoffeln bejubelt.
»Nein!«, sagte ich entschlossen. »So kommen wir nicht weiter.« Ich stand auf und zog den Stecker heraus.
Für einen Moment war Roman sprachlos. Alle Farbe war aus seinem Gesicht gewichen.
»Das hat Silke auch gemacht«, stöhnte er schließlich genervt. »Was wollt
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