Verwechseljahre: Roman (German Edition)
unkomplizierte Geschöpf würde bald Mutter meines vierten Enkels werden!
»Moment mal. Ihr beteiligt Roman an der Firma? Obwohl ihr wisst, dass er in finanziellen Schwierigkeiten steckt?«
Sonja nickte. »Roman wird Geschäftspartner. Er hat seine Probleme wieder im Griff.«
Vivian nickte. »Das hat er zumindest gesagt.«
Oh. Das wunderte mich aber. Wie sollte er das so schnell geschafft haben? Meine Skepsis war noch lange nicht beseitigt. Aber Vivian war so glücklich!
»Er hat irgendwie im Lotto gewonnen, sagt er.« Vivian strahlte. »Er ist eben in jeder Hinsicht ein Glückspilz!«
»Glück in der Liebe, Glück im Spiel!«
»Na dann: Prösterchen!«
»Stößchen!«
»Wohlsein!«
»Vivian, du nicht!«
Wir waren auf einmal miteinander verwandt! Ich konnte es kaum fassen.
Vivian löste Mohairs klebriges Händchen von ihrem Zopf und schmuste mit der Kleinen. Für sie war das offensichtlich alles kein Problem.
»Ich krieg das schon hin, mit Mamis Hilfe.«
Sonja tätschelte ihre Schulter. »Wir werden das Kind schon schaukeln!«
»Und was ist mit Roman? Schaukelt der mit?«
»Wo ist der Kerl überhaupt?!«
»Roman ist am Münchner Flughafen umgestiegen und nach Hamburg weitergeflogen.« Vivian sah uns verlegen an. »Sein alter Herr ist anscheinend im Moment nicht gut auf ihn zu sprechen. Er will da was regeln, seinem Vater etwas vom Lottogewinn zurückzahlen. Na ja, und jetzt auch noch das mit uns beichten.«
Sonja schüttelte den Kopf. »Sein Vater wird begeistert sein«, meinte sie ironisch. »Ein reizender Zeitgenosse.«
»Ja, die ganz große Sympathie hat nicht zwischen uns geherrscht«, sagte ich bissig.
Billi seufzte. »Die beiden haben sich gefressen.«
»Was soll denn das heißen!«, entrüstete ich mich. »Mochtest du ihn etwa? Er ist ein aufgeblasener, arroganter, herablassender, eitler ähm …« Hilfe suchend schaute ich von einer zur anderen. »Sagt doch selbst!«
»Fatzke!«, half Sonja mir auf die Sprünge.
»Um nicht zu sagen Arsch?«, fragte Vivian belustigt.
»Also wenn ihr mich fragt, ist das ein ganz toller Mann!« Billi klapperte energisch mit dem Strickzeug. »Er hat nur einen Riesenstress mit seinem verwöhnten Sohnemann.«
Vivian sah uns ernst an. »Roman hat richtig Angst vor seinem Vater.«
Da hatte er was mit mir gemeinsam!
»Na, das ist doch verständlich! Jetzt drückt er seinem Vater schon das vierte Enkelkind aufs Auge!« Billi schüttelte über ihren Stricknadeln den Kopf. »Nichts gegen dich, Süße, aber Roman drückt sich vor seiner Verantwortung Silke und den Kindern gegenüber!«
»Ja, ich weiß. Deswegen ist er ja auch in Hamburg. Um diese Dinge zu regeln. Aber ich habe mich inzwischen auch über sei nen Vater schlaugemacht«, sagte Vivian und nahm einen Schluck Wasser. »Der Reeder ist zwar konservativ, aber dafür ein echter ›Ehrenmann‹. Zum Beispiel hat er immer gleich seine Schulden bezahlt.«
»Schulden?« Ich zog eine Augenbraue hoch. »Viktor Stiller hat Schulden?«
»Ich denke, der schwimmt im Geld?«, meinte auch Sonja verblüfft.
»Na ja, Romans Schulden.« Vivian senkte den Blick. »Er hat schon ein paarmal Scheiße gebaut.«
»Mist gebaut«, hatte Viktor vornehmer gesagt, und Silke hatte es so ähnlich umschrieben. WAS für Scheiße hatte mein Sohn denn genau gebaut? Außer Frau und Kinder zu verlassen, seinen Job zu verlieren, seinen A-Vater und mich, seine B-Mutter, zu belügen, uns allen was vorzuspielen, Vivian zu schwängern und mir die Mafia auf den Hals zu hetzen. Sollte es da tatsächlich noch eine Steigerung geben?
Ich musterte Vivian. Dass sie da noch so locker blieb! Die Jugend von heute! So ein strotzendes Selbstbewusstsein hätte ich damals auch haben müssen. Nur ein Prozent davon hätte genügt, und ich hätte Oliver niemals weggegeben! Wir werden das Kind schon schaukeln, auch wenn der Vater nicht zur Verfügung steht. Toll!
Vivian redete weiter: »Und es gibt noch etwas, das er seinem Vater sagen muss.«
»Ähm … Was jetzt genau?«
»Wir wollen heiraten!«
Peng! Das war noch eine Bombe!
Mich durchzuckte es heiß und kalt. Vivian würde meine Schwiegertochter werden! Aber ich mochte doch auch Silke und ihre drei Kinder! Sie war doch schon meine Schwiegertochter! Das musste ich erst mal verdauen.
Unsere Blicke trafen sich. Vivian schien genau zu spüren, was in mir vorging.
Sanft drückte sie mir die Hand. Was für ein plötzlicher Kinder- und Enkelsegen! Überwältigt robbte ich rückwärts zur Wand, zog die
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