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Verwechseljahre: Roman (German Edition)

Verwechseljahre: Roman (German Edition)

Titel: Verwechseljahre: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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ich für heute eigentlich genug.
    Rainer wurde seiner Erregung kaum noch Herr. »Ich erwarte dich bei mir, sobald deine Mutter schläft!«
    »Klar«, sagte ich. »Ich kann es auch kaum erwarten.«
    Mit einem verschwörerischen Blick und einem letzten feuchten Kuss begab er sich in seine Wohnung.
    Als ich Mutter ins Bett brachte, griff sie mit ihren mageren Händen nach mir: »Kind, hast du was auf dem Herzen?«
    Ja, Mutter!, wollte ich rufen. Stattdessen sagte ich leise: »Ja, Mutter.«
    »Fühlst du denn, was er fühlt?« Ich konnte ihren bohrenden Blick bis in meine Seele spüren.
    »Na ja, nicht ganz so doll, aber … Doch.« Ich schenkte ihr ein besänftigendes Lächeln. »Ein Stück weit.«
    »Du brauchst dich nicht mehr zu verstellen, Kind. Deine Begrüßung heute hat mehr ausgedrückt als tausend Worte. Wie du ihm um den Hals gefallen bist … Darauf habe ich lange gewartet.«
    »Ja, ich habe mich tatsächlich riesig gefreut, ihn zu sehen …«
    »Er ist ein feiner Kerl, Carin. Etwas Besseres als ihn findest du nicht mehr.« Ihre Augen glänzten ein wenig, und das kam in letzter Zeit selten vor.
    »Ich weiß. Schlaf gut, Mutter. Ich hab dich lieb.«
    Ich schlich hinaus in den Flur, und als ich das Licht ausmachen wollte, bemerkte ich einen grünen Zettel, den er mir in der Zwischenzeit unter der Tür durchgeschoben hatte.
    Ich
    war
    auf der Jagd,
    aber
    nach einem Blick
    in deine Augen
    merkte ich:
    – ich bin die Beute.
    Ja. Des Wahnsinns. Fette. Ich schämte mich abgrundtief. Einerseits, weil er mich so rührend vergeblich liebte. Weil ich ihm schon wieder Hoffnungen gemacht hatte. Ach was, Hoffnungen! Versprechungen! Ich hatte von mir aus den Vorschlag gemacht, ihn zu heiraten!
    Andererseits, weil ich Sonja diesen Zettel zuspielen würde. Das war Verrat an unserer Freundschaft. Und dennoch: Sie würde begeistert sein. Belogen mich meine Freundinnen etwa auch so?
    Roman war sein Leben lang belogen worden. Und jetzt belog er andere. Was war zuerst da gewesen, das Lügen oder das Belogenwerden? Die Henne oder das Ei?
    Meine Intrigen durchschaute ich bald selbst nicht mehr. Waren wir aus demselben Holz geschnitzt?
    Auf einmal fühlte ich mich entsetzlich müde. Ich ließ mich verzweifelt zu Boden sinken und brach in Tränen aus.

20
    V ivian ist schwanger.«
    Sonja ließ die Bombe platzen. Ihre Haarverlängerungen waren schon wieder reichlich mitgenommen. Sie sah aus wie ein Kanarienvogel in der Mauser, der einen Stromschlag be kommen hat.
    »Was?« Ich zuckte zusammen. »Das ist ja …« Ich atmete langsam aus. »Aber doch nicht von …« Irgendwie hatte ich es fast geahnt.
    »Von Roman.« Sonja klatschte in die Hände. »Wir werden gemeinsam Großmutter.«
    Trotz allem durchzuckte mich eine jähe Freude, was ich durch ein Hüsteln zu verbergen suchte. »O Gott, stimmt das, Süße?«
    Vivian, frisch aus Rom zurückgekehrt, spielte mit ihren semmelblonden Gretchenzöpfen, als könnte sie kein Wässerchen trüben. »Hm. Ich weiß, es ist nicht gerade der ideale Zeitpunkt, aber es ist nun mal passiert!«
    Vivian hatte einen ganz verklärten Blick. Jetzt durfte ich auf keinen Fall die Hände über dem Kopf zusammenschlagen so wie Mutter damals. Ich zuckte mit leichtem Stirnrunzeln die Achseln. »Aber Liebes, das ist ja – eine tolle Überraschung!«
    Wir saßen im Fitnesscenter auf unseren Gymnastikmatten und besprachen die neuesten Vorkommnisse. Billi hatte Mohair auf dem Schoß, die inzwischen vier Monate alt war und so bezaubernd lächelte, dass wir vor lauter Entzückensschreien kaum noch einen zusammenhängenden Satz herausbrachten. Vor allem Vivian hatte so ein Leuchten in den Augen, wenn sie mit Mohair schmuste.
    Ich wollte meinen Freundinnen unbedingt vom Besuch der Mafia erzählen, ja, ich platzte fast vor Mitteilungsdrang! Aber Sonja war mir mal wieder zuvorgekommen. Vivian schwanger. Mein Sohn ließ aber auch nichts aus!
    »Ich bin wirklich sprachlos. Was soll denn jetzt aus dem Fitnesscenter werden?«
    »Ich werde ein paar Wochen aussetzen und dann weitermachen.« Vivian strahlte wie immer Zuversicht aus. »Rudi sagt, bis zum achten Monat kann ich problemlos weiterturnen. Zumindest die Kurse leiten. Schwanger sein heißt ja nicht, krank sein!« Sie strahlte uns aus ihren hellblauen Augen an, das übliche Grüb chen erschien auf ihrer Wange, und sie ließ ihren Kaugummi knallen. »Außerdem steigt Roman ja bald voll mit ins Geschäft ein, und zu dritt schaffen wir das spielend!«
    Dieses

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