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Verwechseljahre: Roman (German Edition)

Verwechseljahre: Roman (German Edition)

Titel: Verwechseljahre: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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wissen.
    »Nö. Ich hab das Thema ein paarmal angesprochen, aber er hat immer abgeblockt. ›Isch habe gar keine Sohne.‹«
    »Er leugnete aber und sprach: Ich kenne des Menschen nicht!«, zitierte ich aus der Bibel.
    »Aber am Ende hat er gesagt, dass ich Carin Bergmann grüßen soll. Die hätte er vor dreißig Jahren mal flüchtig gekannt.«
    »Maria Magdalena«, entfuhr es mir. »Geh hin und sündige fortan nicht mehr.«
    »Und weil er meinte, er wolle dir eine Ansichtskarte schreiben, habe ich ihm deine Adresse gegeben. Maiblümchenweg 17 a. Das stimmt doch so, Carin?«
    »Ja«, sagte ich matt. »Die Ansichtskarte ist auch schon angekommen.«
    »Echt? Was stand denn drauf?«
    »Zwei Kerle haben mir ein Messer an die Kehle gehalten.«
    »Wie bitte?«
    »Was?« Alle Augenpaare ruhten gespannt auf mir. Sogar das von Mohair. Ihr Spuckefaden wurde lang und länger, ihr Gesang bang und bänger.
    Ich schilderte den Besuch der Mafia in allen Einzelheiten. Dass ich Rainer heiraten würde, verschwieg ich. Aber zum aller ersten Mal in der Geschichte unserer Freundschaft war meine Bombe die größte.

21
    E in paar Tage später, ich stand gerade in meiner Bibliothek und scannte unsere neuesten Sachbücher ein, nahm ich plötzlich einen Geruch wahr, der bei mir sofort ein ungutes Krib beln in der Magengegend auslöste. Es war ein süßlicher Geruch, der hier nicht hergehörte. Erst dachte ich, ein Kind hätte ein Eis oder ein klebriges Sahneteilchen eingeschmuggelt. Mit Adleraugen spähte ich umher, um den Übeltäter zu verwarnen. Aber noch in derselben Sekunde begriff ich: Es war Pfeifentabak. Genau die Sorte, die … Da hatte jemand offensichtlich den glei chen … Das war doch nicht …? Der Mann dort vor dem Aufzug sah aus wie … Mein Magen machte einen nervösen Hopser. Was tat der denn hier? Ich meine … Der konnte sich seine Bücher doch problemlos kaufen?
    Herr Viktor Stiller hatte sich höchstpersönlich in die Bibliothek bemüht. Er sah sich suchend um, doch dann hatte er mich entdeckt und lief mit forschen Schritten auf meinen Schreibtisch zu. Ich schluckte. Als sich unsere Blicke trafen, zuckte es unmerklich um seine Mundwinkel. Mein Hirn war plötzlich so leer, dass mir nicht mal eine höfliche Begrüßungsfloskel einfiel. Mit offenem Mund starrte ich ihn an.
    »Frau Bergmann.«
    »Herr Stiller.«
    Wir gaben einander verlegen die Hand, wozu er erst seine feinen Lederhandschuhe ausziehen musste.
    »Guter Mann«, sagte ich schließlich um Contenance bemüht. »Was kann ich für Sie tun?«
    Er hob erstaunt die Brauen.
    Ich schluckte erschrocken über meine eigene Arroganz. Ich war entsetzt, wusste gar nicht, was plötzlich in mich gefahren war. Andererseits … Das war meine Retourkutsche für die »Gute Frau«. Ha! Auge um Auge, Zahn um Zahn.
    Er räusperte sich ein wenig verlegen. »Es wäre nett, wenn Sie mich Viktor nennen würden.«
    »Ich denke gar nicht daran!«, entgegnete ich so hochnäsig wie möglich. »Neukunden duze ich grundsätzlich nicht.«
    »Ich bin nicht als Neukunde hier.« Viktor Stiller sah mich entwaffnend an.
    »Sondern?« Ich stemmte die Hände in die Hüften. Das hier war mein Hoheitsgebiet, und das ließ ich ihn spüren. In Wahrheit zitterte ich vor Angst. Vielleicht war es ihm in Hamburg genauso gegangen? Damals in seiner Villa hatte ICH ihn überrumpelt, jetzt spielte er seinen Überraschungsvorteil aus. Das war nur fair. »Was wollen Sie?«, fragte ich eine Spur zu schrill.
    Fräulein Dünnbügel tauchte hilfsbereit hinter einem Regal auf und warf mir einen fragenden Blick zu. Ihr grauer Dutt zitterte vor Aufregung. Ich gab ihr unauffällig Entwarnung.
    »Ich bin als Vater unseres – äh – Sohnes gekommen.«
    »… und des Heiligen Geistes!«, entfuhr es mir.
    Er seufzte. »Amen.«
    Fräulein Dünnbügel ging mit einem Stapel Bücher, die sie bis unters Kinn aufgetürmt hatte, dicht an uns vorbei. Beim Versuch, unauffällig zu uns hinüberzuschielen, stolperte sie fast über die Sitzgruppe.
    Der Mann hatte ja Humor! Ich musste wider Willen lächeln.
    »Ich muss mit Ihnen über Roman reden«, sagte Viktor Stiller eindringlich. »Ich habe gehört, was Ihnen widerfahren ist!«
    Sein Blick hatte etwas Flehendes, und auf einmal war mir klar, dass er bei unserem Überraschungsbesuch damals einfach überfordert gewesen war. Deshalb hatte er so auf dem hohen Ross gesessen. Offensichtlich hatte er sich inzwischen davon runterbequemt.
    »Wieso? Was ist mir denn widerfahren?«
    »Sie

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