Verwechslungsspiel in Griechenland
mir nichts.” Die Worte sollten ihn treffen. Wenigstens einmal wollte sie ihn aus der Ruhe bringen. Zufrieden merkte sie, dass seine Augen zornig aufleuchteten.
“Es wird für uns beide das Beste sein, wenn du so bald wie möglich abreist”, erklärte er kalt. “Du hast genug Unheil angerichtet. Das Letzte, was wir brauchen, ist …” Als er den gequälten Ausdruck in ihren Augen bemerkte, unterbrach er sich und fluchte leise. “Hör auf damit!” Er packte sie an den Armen und schüttelte sie. “Du sollst mich nicht so ansehen!” Er stieß sie von sich, als hätte er sich verbrannt, und verschwand im Schlafzimmer.
Ria sah ihm nach, ohne sich zu rühren. Ich halte das nicht länger aus!, dachte sie. Er behandelt mich wie ein Spielzeug, das man je nach Laune aufnimmt und wieder fallen lässt. Ich muss fort.
Während des Vormittags kehrte Ria in Gedanken immer wieder zu ihrem Entschluss zurück. Sie verbrachte die Zeit allein. Nikos und Poppy waren nirgendwo zu finden. Christina hatte angeordnet, dass sie nicht gestört werden wollte, und Dimitrios schien spurlos verschwunden zu sein. Zumindest dafür war Ria dankbar.
Eine Zeit lang ging sie allein auf den Klippen spazieren und kehrte gegen Mittag ins Haus zurück. Rosa hatte eine leicht bekömmliche Mahlzeit vorbereitet. Ria aß auf ihrem Zimmer und legte sich anschließend aufs Bett, um sich auszuruhen.
Sie musste eingeschlafen sein, denn als sie aufwachte, war es schon Abend. Jemand klopfte leise an die Tür.
“Herein!” Blinzelnd setzte Ria sich auf.
Christina öffnete die Tür und kam zögernd herein. “Es tut mir leid, dass ich dich geweckt habe, meine Liebe.” Es überraschte Ria, dass Christina überhaupt mit ihr sprach, noch dazu in so freundlichem Tonfall. “Ich habe auch fast den ganzen Tag geschlafen. Die Ereignisse von gestern haben mich mehr angestrengt, als ich zunächst wahrhaben wollte.”
Rasch stand Ria auf, fasste Christina an den kalten Händen und sah ihr ernst ins Gesicht. “Ich habe niemandem wehtun wollen! Das musst du mir glauben.” Wenigstens Christina sollte ihre Gründe verstehen. “Ich wollte nur Poppy helfen. Dir kommt das sicher unglaublich dumm vor, aber mir ist nichts Besseres eingefallen.”
“Dimitrios hat mir schon erzählt, was sich in England zugetragen hat”, antwortete Christina missbilligend. “In meinen Augen ist er an allem Unheil schuld, auch wenn er sicher in bester Absicht so gehandelt hat. Ich verstehe ihn nicht. Vermutlich hat er dich ohne Vorwarnung überfallen und sozusagen unter Beschuss genommen?” Ria nickte.
Verärgert schüttelte Christina den Kopf. “Manchmal erinnert er mich sehr an unseren Vater”, sagte sie leise und traurig. “Dabei ist er im Grunde kein harter Mensch, auch wenn er dir vielleicht so vorkommt. Irgendwo tief in ihm steckt immer noch der wirkliche Dimitrios. Das weiß ich genau.”
“Leider habe ich zu der Kammer in seinem Herzen keinen Schlüssel”, erwiderte Ria mutlos. “Mittlerweile hasst er mich fast.”
“Glaub das ja nicht!” Christinas Augen leuchteten auf. “Wünschst du dir denn den Schlüssel?”
Obwohl Ria nicht mit der Frage gerechnet hatte, antwortete sie sofort und von ganzem Herzen. “Ja. Mehr als alles andere auf der Welt. Das darfst du ihm aber nicht verraten!” Ängstlich fasste sie Christina am Arm. “Versprich mir, dass du es ihm nicht erzählst! Bitte Christina!”
“Ach, Ria. Was für ein Durcheinander!”
“Versprich es mir!”
“Gut, ich verspreche es.” Christina sah Ria mitfühlend an. “Was bist du noch für ein Kind, meine Liebe. Deine Cousine kann viel besser auf sich aufpassen. Kaum zu glauben, dass ihr beide gleich alt seid.”
Als Ria errötete, wechselte Christina verständnisvoll das Thema. “Jedenfalls haben Dimitrios und ich heute Morgen lange miteinander geredet. Ich billige zwar nicht, was geschehen ist, doch es lässt sich nicht mehr ändern. Jetzt kommt es vor allem darauf an, dass mein Sohn und deine Cousine so schnell wie möglich heiraten.”
Ria hatte erwartet, dass Christina entsetzt und empört reagieren würde. Stattdessen fand sie sich mit der Situation ab, als wäre das alles nichts Außergewöhnliches.
“Kannst du bis zur Hochzeit hierbleiben?”
Nein!, dachte Ria erschrocken. Sie konnte nicht länger mit Dimitrios unter einem Dach wohnen. “Das … das geht nicht. Ich muss nach Hause.”
“Ich möchte dich nicht drängen, aber es gibt viel zu erledigen, und das in sehr kurzer
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