Verwegene Herzen (German Edition)
Manor.“
„Auf dem Anwesen deines Onkels?“ Sie lächelte trotz ihrer Erschöpfung und ihrer Furcht, und ihre Grübchen verzauberten ihn. „Das ist das Liebenswürdigste, was du je getan hast.“
„Hör auf. Du bringst mich in Verlegenheit.“ Er drehte sich herum und bedeutete Marian, näher zu kommen. „Meg, dies ist Marian. Robins Gemahlin.“
Sie richtete ihre blauen Augen auf ihre Gastgeberin. „Ich freue mich, Eure Bekanntschaft zu machen, Milady. Ich wünschte allerdings, die Umstände wären erfreulicher.“
Marian sah sie an, die Augenbrauen fragend hochgezogen, als hätte sie Will nicht wirklich geglaubt, als er von Megs Blindheit sprach. Aber sollte sie Unbehagen oder Überraschung empfinden, so zeigte sie es nicht.
„Oh, so schlecht sind sie nicht“, sagte sie. „Ich wünsche euch beiden Glück. Und ich freue mich, einen Ort anbieten zu können, an dem ihr geschützt seid und euch erholen könnt.“
Meg nickte, doch die Bewegung wirkte matt. Die Erschöpfung raubte ihr wieder das Bewusstsein. Will küsste sie auf die Stirn und flüsterte: „Schlaf jetzt, Geliebte. Ich werde da sein, wenn du aufwachst.“
Will!
Sie erwachte aus unruhigem Schlaf. Ihre Stirn war schweißbedeckt, ihr sauberes Hemd durchtränkt von Schweiß. Das Haar, jetzt kurz geschnitten, nachdem die verbrannten Enden entfernt waren, klebte ihr am Nacken. Ihre Beine brannten. Sie atmete schwer, ihr Herzschlag dröhnte in ihren Ohren, die noch betäubt waren von der Explosion. Nächtliche Stille herrschte im Raum. Keine Vögel sangen. Will lag neben ihr auf dem Bett, die Füße mit ihren verschlungen.
Loxley Manor, ja. Und es war still im Haus.
Aber Traurigkeit umfing sie, ein Gefühl unendlicher Hoffnungslosigkeit. Die Albträume hörten nicht auf. Immer größer wurde ihre Verwirrung, als sie die Träume noch einmal durchlebte, die sie während ihrer Krankheit durchlitten hatte. Nur dass diesmal das Feuer sie wirklich umfangen und sie verletzt hatte.
Sie hob die Arme und zwang sich, ruhiger zu atmen. Genau, wie sie es seit drei Tagen immer wieder getan hatte, berührte sie mit jedem ihrer verbundenen Finger ihren Mund. Die zerstörte Haut an ihren Händen war mit Verbänden umwickelt. Auf den Lippen spürte sie die Berührung, doch ihre Hände blieben weiterhin taub. Sie fühlte nichts. Nicht einmal Schmerz.
Obwohl sie sich am liebsten in Wills Armen zusammengerollt hätte, blieb sie kerzengerade liegen. Nur ihre Schultern berührten sich. Die Leidenschaft und das Verständnis füreinander, die sie gerade erst entwickelt hatten, schien zu entschwinden, verloren im Feuer. Wenn er sie berührte, sie beruhigte, in den Armen hielt, sprach er so leise wie jemand, der Angst hatte, mit einem unbedachten Wort die Toten wieder zu erwecken.
Und sie konnte ihn nicht berühren. Meg konnte seinen Körper ebenso wenig spüren, wie sie ihr eigenes Haar kämmen konnte. Salzige Tränen liefen über ihre Wangen und nässten das Haar an ihren Schläfen.
Endlich wurden Vogelstimmen hörbar. Bald würde der Tag anbrechen, doch für sie würde alles wie immer bleiben. Sie langweilte sich, hatte Angst und vermisste schon, was sie doch erst so kurze Zeit besessen hatte, obwohl Will neben ihr lag.
„Du solltest schlafen“, flüsterte er.
Sie wandte ihm ihr Gesicht zu. „Ich kann nicht.“
Er drehte sich auf der Matratze um und zog sie in seine Arme. Sie legte den Kopf auf seine Schulter. Eine ganze Weile lang hielt er sie stumm fest und streichelte ihren Arm. Sie spürte seine Wärme an ihrem Kopf, an ihrem Nacken.
Ein Laut ertönte.
„Das war beinahe ein Lachen“, sagte er. „Worüber lachst du?“
„Über uns.“
„Warum?“
„Unsere Hände. Welch ein armseliges Paar. Wie geht es deinen?“
„Marians Pflegerin hat für meinen Daumen eine neue Schiene angefertigt. Sie hat mir dringend geraten, ihn für einige Wochen nicht zu bewegen. Abgesehen davon geht es mir besser.“ Sein rhythmisches Streicheln, seine leisen Worte beruhigten sie. „Ich habe gestern Boten nach Bainbridge und zu Monthemer nach Winhearst geschickt. Bald werden wir von deiner Schwester hören.“
„Danke, Will.“
Er spannte den Arm an, und sie fühlte seine Muskeln an ihrer Wange, als er sie näher an sich zog. „Du machst dir Sorgen. Erzähl mir, was dich bedrückt.“
Einen winzigen Moment lang erwog sie zu lügen. Es wäre tröstlich, sich verstecken zu können, nachdem sie so lange Zeit ihm gegenüber ganz offen gewesen war. Aber inzwischen
Weitere Kostenlose Bücher