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Verwegene Herzen (German Edition)

Verwegene Herzen (German Edition)

Titel: Verwegene Herzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Lofty
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Stützbalken. Carlisle zog ein Ende der Handschellen über den Balken und befestigte sie wieder, sodass Will dort hing. Gerade eben berührte er noch mit den Zehen den Boden. Das Metall schnürte in seine Handgelenke.
    Belustigt schlug Carlisles ihm auf die Wange. „Er gehört Euch, Smithson.“
    Der Wachsoldat trat vor, rieb sich über die Kehle und grinste. Sein Kinn war blutverschmiert. „Kann ich ihn töten?“
    Finch wehrte ab. „Ich will ihn lebend, damit er morgen früh gehängt werden kann.“
    Smithson nickte. Ohne zu zögern schlug er Will mit der Faust in den Bauch. Dann in die Nieren. Dann ins Gesicht. Noch ein Fausthieb. Noch ein Stöhnen. Will kämpfte gegen die Bewusstlosigkeit, versuchte, irgendwo eine Waffe zu finden. Doch die einzigen Waffen, die er sah, waren auf ihn gerichtet.
    Wie im Traum hörte er aus weiter Ferne Meg schreien, sie sollten aufhören. Die Schreie wiederholten sich und wurden lauter. Schreien und Rufe. Stimmen. Er hörte immer mehr Stimmen, sie dröhnten in seinen Ohren, fügten ihm weitere Schmerzen zu.
    Aber er war nicht verrückt. Andere hörten die Stimmen auch. Die Wachen wandten die Köpfe weg von Smithsons Schlägen. Finch trat zu einer Fensteröffnung, von der aus er über den Hof des Schlosses blicken konnte, und spähte in die abendliche Dunkelheit hinaus, die von den Feuern des Festes erhellt wurde.
    Auf der anderen Seite des Saales, in dem Will und Meg getanzt hatten, schlugen viele Fäuste lautstark gegen die schweren Eichentüren. Die Tür erzitterte in den Angeln.
    Carlisle warf dem Sheriff einen schnellen Blick zu. „Finch, was ist los?“
    „Der Mob.“
    „Was wollen die Leute?“
    „Hört hin.“
    Es wurde still im Raum. Aller Ohren richteten sich auf die Rufe Hunderter von Stimmen, die sich zu einer einzigen blutrünstigen Forderung verdichteten. Zwei Silben nur, immer und immer wieder.
    Panik raubte Will den Atem. Er blickte zu der Stelle, an der Meg saß, die Beine weit von sich gestreckt. Abgesehen von dem Blut, das zwischen ihren Fingern hindurchrann, war sie aschfahl. Auch sie hörte den Ruf – ein einziges Wort.
    Hexe.
    Und dann wurde die Tür aufgerissen.
    Meg konnte Wut und Schrecken nicht sehen, doch das Stimmengewirr sagte ihr genug. Furcht lag in der Luft. Sie hörte Stiefel und nackte Füße, die über den Steinfußboden liefen. Aber sie konnte sich ebenso wenig gegen jene wehren, die sie anklagten, wie sie sie sehen konnte. Sie konnte nicht laufen. Und kämpfen – sie war zu erschöpft, um zu kämpfen. Als sie hochgezogen wurde, empfand sie nichts. Keine Kraft mehr. Kein Erstaunen.
    Sie wäre der Gnade des Mobs ausgeliefert, und Will würde hängen, wenn die Soldaten ihn nicht vorher totschlugen. Mit seinen Rufen gelang es ihm nicht, die Leidenschaft in ihr zu wecken, die sie brauchte, um sich zu wehren. Zu viele Jahre des Misstrauens und der Angst führten zwangsläufig zu einem solchen Schicksal. Sie versteckte sich in den Wäldern. Sie übte alte Künste aus, heimlich. Aber das Schicksal hatte sie eingeholt und zerrte sie vor den Richter.
    Finger zogen an ihrem Haar und an ihrem Kleid. Kalt spürte sie den Abendwind an ihren Beinen, als sie herumgedreht wurde. Mit großen Augen suchte sie nach Farben und versuchte, sich den Himmel vorzustellen. Waren Wolken vor dem Mond? Würden die Sterne zusehen, wenn diese verängstigen, aufgebrachten Leute sie vom Leben zum Tode beförderten?
    Der Pöbel zog sie mit sich und brachte sie zu etwas, das ein geschmückter Baum gewesen sein könnte. Sie versuchte, aufrecht zu stehen, doch ihre Stiefel rutschten auf Holzscheiten ab. Mit einem Strick fesselten die Männer ihr die Arme auf den Rücken und banden sie an den Baum. Vielleicht waren damals Mädchen darum getanzt und hatten ihn mit bunten Bändern umwickelt. Sie stellte sich vor, wie die Bänder jetzt über ihrem Kopf flatterten und ihr zusahen, so wie die Sterne.
    Und dann kam das Feuer.
    Zuerst roch sie es, den Rauch und die Fackeln. Flammen zischten und knisterten, überdeckten die Rufe, besänftigten sie. Der durchdringende Geruch nach verbranntem Holz und Stoff stieg gen Himmel. Das Leder ihrer Stiefel wurde warm.
    Sie stand auf einer Insel aus Feuer. Nicht mehr lange, dann würden die Flammen sie verschlingen. Seine Kraft, seine alten Geheimnisse würden ihren Körper in Asche verwandeln. Sie würde mit dem Rauch in den Himmel aufsteigen, bis kein Schmerz, keine Bitterkeit und kein Verrat mehr übrig sein würden. Die Menge würde sich in

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