Verwegene Herzen (German Edition)
einem verächtlichen Blick. Dabei bemerkte er, dass Megs Tasche über Carlisles Schulter hing. Er ließ den Blick über seine Gegner schweifen, darunter auch Dryden. „Werde ich dabei Gesellschaft haben?“
„Leider nein“, sagte Finch. „Einen Edelmann zu hängen ist eine schwierige Angelegenheit, weitaus schwerer, als so einen wertlosen Bastard loszuwerden wie Euch. Ich habe ihn lange genug festgehalten.“ Der Sheriff wandte sich zu Dryden und bedeutete der Wache, ihn loszulassen. „Bringt Ada aus Nottingham heraus. Wenn Ihr über das schweigt, was Ihr zugestoßen ist, werden wir nie wieder miteinander zu tun haben.“
Dryden nickte. Sein Gesicht unter dem Bart war bleich und schweißbedeckt. „Verzeiht mir, Meg, bitte, ich kann nicht …“
Sie unterbrach ihn mit einer raschen Kopfbewegung. Dabei lösten sich einzelne Haarsträhnen aus ihrem Zopf, die ihr zorniges Gesicht umrahmten. „Ich weiß zu würdigen, was Ihr anstelle Eures Vaters getan habt, aber Ihr bittet mich ein Mal zu viel um Verzeihung. Bringt meine Schwester in Sicherheit, das genügt.“
24. Kapitel
Der Tag hat es bewiesen,
dass dankbarer Liebe kein Opfer zu schmerzlich,
keines zu groß.
„Robin Hood: A Fragment“
Robert and Caroline Southey, 1847
D ie Wachen trieben ihre Gefangenen aus dem Verlies. Weiter vorn begleiteten ein halbes Dutzend Männer Ada und Dryden hinaus. Meg hörte keine Entschuldigung von ihrer Schwester, keinen Dank, es gab keinen letzten Blick zurück. Will presste die Lippen zusammen und überlegte kurz, welchen der beiden freigelassenen Gefangenen er weniger mochte.
Obwohl er bewacht wurde, gelang es ihm, einen Schritt näher an Meg heranzutreten. „Bist du verletzt?“
„Nein. Und du? Ich hörte, wie du gegen die Wand geprallt bist.“ Ihre Miene war starr.
„Ich habe Sterne gesehen. Offenbar lange genug für Dryden, um sich zu ergeben.“
„Sind sie fort?“
„Ja“, sagte Will. „Ada ist in Sicherheit.“
„Aber du nicht.“
Er spürte, wie er resignierte, während seine Zukunftspläne sich in Nichts auflösten. Wenn er nicht irgendein Wunder zustande brachte, würde er hängen. Und es hörte sich beinahe an, als wäre Meg deswegen traurig.
Als sie den großen Saal betraten, versetzte eine der Wachen ihr von hinten einen Stoß. Sie stolperte und verlor das Gleichgewicht, fiel auf die Knie und schrie auf. Will sank neben ihr nieder und hielt sie mit seinen gefesselten Händen. In ihren blauen Augen glitzerten Tränen.
„Meg?“
„Hoch mit dir!“, herrschte Carlisle ihn an. Er und eine weitere Wache zerrten Will auf die Füße.
Ein anderer Mann zog Meg hoch, wobei er ihre Brüste umfasste. Sie erbleichte und wehrte sich gegen seine Berührung. Will sah rot. Er zerrte an seinen Fesseln, doch das Eisen gab nicht nach. „Lasst sie los.“
Carlisle übergab Will an zwei Soldaten und wischte sich die Hände an der Hose ab. „Ihr solltet Euch besser um Euren eigenen Hals sorgen, Scarlet.“
„Da das Schicksal meines Halses bereits besiegelt ist, sage ich es noch einmal: Lasst sie los!“
Der Wachsoldat drehte sie herum, umfasste ihren Kopf und ihre Hüften und küsste sie. Carlisle und die anderen Soldaten lachten. Selbst Finch zog eine Braue hoch und wirkte beinahe belustigt.
Meg wand sich, wehrte sich, versuchte, sich ihm zu entziehen, doch der Mann ließ nicht los. Er schob seine Zunge zwischen ihre Lippen. Und dann biss sie zu.
„Verdammt!“
Vor Schmerz schrie der Wachsoldat auf, und Blut rann ihm über das Kinn. Er holte aus und versetzte ihr einen Fausthieb. Ihre Wange platzte auf, und mit einem Aufschrei fiel sie zu Boden.
„Meg!“
Will sprang und landete auf dem Soldaten. Gleich darauf lagen sie am Boden, sein Fuß unnatürlich abgewinkelt. Er presste die Kette seiner Handschellen über die Kehle des Mannes. Der Soldat rang nach Luft, während sein Gesicht dunkelrot wurde. Drei weitere Wachsoldaten zerrten Will von ihm weg und schleuderten ihn zu Boden. Wieder tanzten Sterne vor seinen Augen. Als Carlisle mit der Stiefelspitze in seinen Bauch trat, krümmte er sich zusammen.
„Genug, Scarlet“, sagte Carlisle und stemmte die fleischigen Hände in die Hüften. Er öffnete eine der Handschellen und deutete mit einer Kopfbewegung auf das andere Ende des Saals. „Bringt ihn hoch.“
Will wurde auf die Füße gezogen und humpelte weiter, während er bei jeder Bewegung stöhnte. Die Soldaten zerrten ihn zu einem niedrigen Pfeiler zwischen der Mauer und einem
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