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Verwesung

Verwesung

Titel: Verwesung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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das klarwerden, und dann   …
    Ich musste unbedingt hier raus.
    Monk hatte sich immer noch nicht bewegt, und wenn man nach dem dumpfen, schnaufenden Rhythmus seines Atems urteilen konnte, schlief er tief und fest. Jedoch bestimmt nicht so tief, dass wir verschwinden konnten, ohne ihn aufzuwecken.
Und was nun? Soll ich ihn im Schlaf erschlagen?
Selbst wenn ich zu einer solch kaltblütigen Tat fähig wäre – und er nicht aufwachen und mich in Stücke reißen würde   –, hatte ich keine Ahnung, wie ich hinausfinden sollte.
    Ich schaute mich in der Kammer um und hoffte, etwas zu entdecken, was mir helfen könnte. Der Boden war übersät mit leeren Wasserflaschen und Essensverpackungen, mit ausrangierten Gaskartuschen und Batterien. Einiges davon war Jahre alt und stammte wahrscheinlich aus der Zeit, als sich Monk das letzte Mal hier unten versteckt hatte. Ganz in meiner Nähe lag ein zerfleddertes Telefonbuch, daneben ein Haufen aus aufgerissenen Arzneischachteln für Hustensaft und Antibiotika und kleinen braunen Fläschchen, die, wie ich erkannte, Riechsalz enthielten. Wahrscheinlich hatte er das alles in irgendeiner Apotheke gestohlen. Das Riechsalz verwirrte mich, bis ich eine Verbindung zu dem Polizeihund herstellte, der vor ein paar Tagen Monks Fährte gesucht hatte. Riechsalze enthalten Ammoniak.
    Ansonsten lag nur eine Plastiktüte in der Nähe, die mit widerlich riechender Erde gefüllt war. Der penetrante Gestank kam mir irgendwie bekannt vor, aber ich konnte ihn nicht einordnen. Während ich weiterhin Monk im Auge behielt, versuchte ich nachzuschauen, was noch unter dem Müll verborgen war. Als ich behutsam eine Schachtel zur Seite schob und sah, was darin lag, hielt ich erstarrt inne.
    Der schwarze Zylinder einer Taschenlampe.
    Ich kam nicht ganz an sie heran. Selbst wenn sie nicht kaputt war, mussten wir noch an Monk vorbei, ehe wir sie benutzen konnten. Doch immerhin war es ein kleiner Hoffnungsschimmer. Vorsichtig, um Sophie nicht aufzuwecken, beugte ich mich so weit nach vorn, wie ich konnte. Meine Finger waren nur Zentimeter von der Taschenlampe entfernt, da nahm ich eine Veränderung in der Kammer wahr. Die Haare meiner Unterarme richteten sich auf, als wäre die Luft plötzlich elektrisch aufgeladen. Ich schaute hoch.
    Monk starrte mich an.
    Nein, nicht ganz. Sein Blick war auf einen Punkt knapp neben mir gerichtet. Ich fuhr mir mit der Zunge über die Lippen und suchte nach Worten. Doch bevor ich einen Laut von mir geben konnte, riss er seinen Kopf spastisch nach rechts und verzog seinen Mund zu einem schiefen Grinsen.
    Dann begann er zu lachen.
    Es war ein unheimliches, verschleimtes Kichern, das immer lauter und schriller wurde, bis es seine Schultern schüttelte. Ich zuckte zurück, als er plötzlich mit einer verschorften Faust ausholte und sie seitlich gegen die nackte Felswand neben sich schlug. Ob es wehgetan hatte, konnte man ihm nicht anmerken. Immer noch lachend, hämmerte er seine Faust wieder gegen den Stein. Und wieder.
    Sophie rührte sich und stöhnte unruhig auf. Ohne Monk aus den Augen zu lassen, legte ich ihr eine Hand auf die Schulter, damit sie weiterschlief. Sie beruhigte sich und war offenbar zu erschöpft, um vollständig aufzuwachen. Allmählich erstarb Monks manisches Gelächter. Ich rechnete damit, dass sich diese toten Augen jeden Moment auf uns richteten, aber es war, als wären wir gar nicht da.
    Ein letztes Mal kicherte er, dann stieß er wieder sein heiseres Schnaufen aus und saß reglos da, von seiner Hand tropfte Blut, und seine Mundwinkel hingen schlaff herab, als würde er unter Drogen stehen.
    Mein Gott!
Ich hatte keine Ahnung, was gerade geschehen war. Ich wusste, dass Monk labil war, aber das hier war etwas anderes. Es hatte unfreiwillig gewirkt, anfallartig, als wäre er sich dessen gar nicht bewusst gewesen. Mit einem Mal musste ich an das denken, was Roper vor all den Jahren gesagt hatte:
Gestern Abend ist er wild geworden   … Offenbar macht es ihm Spaß, einen Koller zu kriegen, wenn das Licht aus ist. Deswegen nennen ihn die Wächter auch Spaßvogel.
    Monk begann sich zu rühren und blinzelte, als würde er aufwachen. Erneut erschütterte ihn ein Hustenanfall. Nachdem es vorbei war, räusperte er sich und spuckte auf den Boden. Er wirkte erschöpft und rieb sich mit einer Hand über das Gesicht, mit derselben, mit der er gegen die Wand geschlagen hatte. Als er das Blut sah, runzelte er die Stirn, dann merkte er, dass ich ihn beobachtete. «Was

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