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Verwesung

Verwesung

Titel: Verwesung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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Frau. Sie sind in der Gegend, sagten Sie?»
    «Ja, aber   …»
    «Dann müssen Sie unbedingt vorbeischauen! Leonard wird sich bestimmt freuen, einen alten Kollegen zu sehen.»
    Das bezweifelte ich. «Vielleicht rufe ich lieber später wieder an   …?»
    «Unsinn! Können Sie morgen zum Mittag kommen? Wir nehmen für gewöhnlich gegen ein Uhr ein leichtes Mahl ein. Es sei denn, Sie haben bereits eine andere Verabredung.»
    Mittagessen?
Damit hätte ich nun wirklich nicht gerechnet. «Wenn Sie sicher sind, dass es keine Umstände   …»
    «Überhaupt keine Umstände! Ach, wie schön! Leonard wird sich wirklich sehr freuen!»
    Ich legte auf, verwirrt über die Einladung. Und ich fragte mich, was
unabkömmlich
bedeutete. Die Aussicht auf ein Mittagessen mit dem Archäologen und seiner Frau begeistertemich nicht gerade, und ich bezweifelte, dass Wainwright das anders sah. Aber nun hatte ich zugesagt. Blieb die Frage, wie ich den Rest des Abends ausfüllen sollte. Ich überlegte gerade, was ich tun könnte, als mein Telefon klingelte. Es war das Krankenhaus.
    Sophie war bei Bewusstsein.

Kapitel 13
    Eine Kopfverletzung ist etwas anderes als ein Armbruch. Da man nicht ohne weiteres erkennen kann, welche inneren Schäden sie verursacht hat, ist es schwer, eine Prognose zu stellen. Allgemein gilt jedoch, dass die Folgen für den Patienten umso ernster sind, je länger er bewusstlos ist.
    Sophie hatte Glück gehabt. Der Schlag gegen den Kopf hatte ihr zwar eine schwere Gehirnerschütterung zugefügt, aber keinen Schädelbruch zur Folge gehabt, und bei der Ultraschalluntersuchung waren keine Komplikationen wie Gehirngerinnsel oder Gehirnblutungen diagnostiziert worden, die noch Tage nach der eigentlichen Verletzung zu Behinderungen oder zum Tode führen können, wenn sie nicht rechtzeitig entdeckt werden.
    Sie war noch in der vorigen Nacht aufgewacht, nur wenige Stunden nachdem ich das Krankenhaus verlassen hatte. Zuerst war sie immer wieder weggedämmert, doch allein die Tatsache, dass sie das Bewusstsein wiedererlangt hatte, war eine gute Nachricht. Das Krankenhaus hatte mich auf ihre hartnäckigen Bitten hin angerufen. Jetzt lag sie in einem Nachthemd gegen die Kissen gelehnt im Bett. Ihr kastanienbraunes Haar war zurückgebunden, sodass die Verletzung in ihrem Gesicht deutlich zu sehen war. Ihr Schädel war zwarheil geblieben, aber der Wangenknochen war gebrochen. Und obwohl die Schwellung bereits zurückging, hatte sich von der Schläfe bis zum Kinn ein Fleck in allen Farben des Regenbogens ausgebreitet.
    «Danke, dass Sie gekommen sind», sagte sie, als ich mich hinsetzte. Abwesend berührte sie das Plastikband mit dem Namensschild an ihrem Handgelenk. «Ich weiß nicht genau, ob ich mich bedanken oder entschuldigen soll.»
    «Es gibt für beides keinen Grund.»
    «Doch, natürlich. Ich habe Sie in Schwierigkeiten gebracht, und wenn Sie mich nicht gefunden hätten   …»
    «Habe ich aber. Und Sie haben mich nicht in Schwierigkeiten gebracht.»
    Sie sah mich belustigt an. «Nein, natürlich nicht.»
    Ich lächelte, immer noch erleichtert, dass es ihr besserging. Auch wegen Terrys Andeutungen. Regen trommelte gegen das Fenster, in dem sich das von Neonlicht grell erleuchtete Krankenhauszimmer spiegelte. Sophie lag in der Ecke, und da das Bett neben ihr leer war, konnten wir unbefangen reden.
    «Wie fühlen Sie sich?», fragte ich.
    Sophie lächelte schwach. «Abgesehen davon, dass ich wahnsinnige Kopfschmerzen habe, fühle ich mich wohl ungefähr so, wie ich aussehe.»
    Nach allem, was sie durchgemacht hatte, sah sie bemerkenswert gut aus. Auch die acht Jahre hatten kaum Spuren hinterlassen. Ihr Gesicht war faltenlos, und abgesehen von dem blauen Fleck schien sie sich nicht besonders verändert zu haben, seit ich sie das letzte Mal gesehen hatte. Offenbar war Sophie der Typ Frau, dem das Alter nicht viel anhaben konnte.
    Sie starrte auf ihre Hände. «Irgendwie ist mir das alles peinlich. Und ich bin total durcheinander. Ich weiß nicht, was schlimmer ist: die Tatsache, dass jemand in mein Haus eingebrochen ist und mir das angetan hat oder dass ich mich an nichts erinnern kann.»
    Der Verlust des Kurzzeitgedächtnisses nach einer Kopfverletzung war nicht ungewöhnlich, aber das machte die Sache nicht weniger beunruhigend. «Können Sie sich an gar nichts erinnern? Haben Sie nicht gesehen, wer Sie überfallen hat?»
    «Ich kann mich nicht einmal daran erinnern, dass ich überhaupt überfallen wurde.» Sophie zupfte

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