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Verwesung

Verwesung

Titel: Verwesung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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Sophie dagegen schien genau zu wissen, wohin sie ihre Schritte setzte, und wich den dornigen Ginsterbüschen und den matschigen Stellen aus, als folgte sie einem vorgezeichneten Weg. Erst nach einer Weile wurde mir klar, dass es nicht nur daran lag, dass sie die Landschaft las.
    «Du bist vor kurzem hier gewesen, oder?», fragte ich.
    Sie strich sich das Haar aus den Augen. «Ein- oder zweimal.»
    «Weshalb?» Ich konnte mir nicht vorstellen, dass man nach all dieser Zeit noch irgendetwas sehen konnte.
    «Keine Ahnung. Es hat irgendwie etwas   … Heiliges, könnte man sagen. Wenn man weiß, was hier geschehen ist, dass hier jemand vergraben wurde. Spürst du es auch?»
    Ich spürte etwas, aber es war eher ein unbehagliches Kribbeln.
Als wirst du beobachtet.
Das war dumm, doch mir wurde immer mehr bewusst, wie allein wir waren, wie weit wir von der Straße abgekommen waren, und der Gedanke gefiel mir nicht. Außerdem wurde es bereits dunkler, und der gespenstische Bodennebel verschleierte die Hügel und Senken. Ich drehte mich schon nach jedem Ginsterbusch und Felsen um.
    «Wie weit noch?», fragte ich.
    «Nicht mehr weit. Es ist gleich   …» Sie verstummte und starrte nach vorn.
    Das Moor war von Löchern übersät.
    Verdeckt durch das Gras und Heidekraut, hatten wir sie erst gesehen, als wir direkt davor standen. Ich zählte sechs nachlässig ausgehobene Löcher, jedes ungefähr einen halben Meter tief und gut doppelt so lang, zwischen denen Torfklumpen verstreut waren. Sie schienen wahllos und ohne Plan oder Methode gegraben worden zu sein.
    Ich schaute Sophie an. «Du hast doch nicht   …?»
    «Nein, natürlich nicht! Als ich das letzte Mal hergekommen bin, waren sie noch nicht da!» Ihre Entrüstung war echt, es war keine weitere Überraschung von ihr. «Könnten die von Tieren stammen?»
    Ich hockte mich neben das Loch, vor dem ich stehen geblieben war. Es war etwas kleiner als die anderen, so als wäre das Graben aufgegeben worden. Es hatte gerade, vertikaleRänder, und am Boden wand sich ein in der Mitte durchtrennter Regenwurm. Ich konnte beinahe Wainwrights Stimme hören:
Limbricus terrestris. Je komplizierter man ist, desto mehr schwebt man in Lebensgefahr.
    «Die sind mit einem Spaten ausgehoben worden», sagte ich, als ich mich aufrichtete. «Wo war Tina Williams vergraben?»
    «Gleich dort drüben.» Sophie zeigte auf eine von Heide überwucherte, unberührte Stelle am Boden. Die Löcher waren ungleichmäßig darum verteilt.
    «Bist du sicher?»
    «Ja. Als ich das erste Mal wieder hergekommen bin, hatte ich eine Karte dabei, in die ich die Koordinaten eingezeichnet hatte. Danach brauchte ich sie nicht mehr.» Sie kam näher. «Es war Monk, oder?»
    Ich antwortete nicht. Wir wussten beide, dass es nur einen Menschen gab, der das getan haben konnte. Keines der Löcher war groß genug, um ein Grab zu sein. Es waren eher unbeholfene Versuche, eine Proberinne auszuheben, so wie Wainwright es getan hatte, als wir den toten Dachs gefunden hatten.
    «Ich verstehe nicht, weshalb Monk hier gegraben haben soll», Sophie schaute sich unruhig um.
    «Wahrscheinlich sucht er die Gräber. Du hast immer angenommen, dass er vielleicht die Wahrheit sagt und sich wirklich nicht erinnern kann, wo sie sind. Vielleicht hattest du recht.»
    Sie runzelte die Stirn. «Das meine ich nicht. Dass er sie nach all der Zeit nicht mehr finden kann, überrascht mich nicht. Aber weshalb
will
er sie überhaupt finden?»
    Daran hatte ich noch nicht gedacht. Es kam vor, dass Mörderihre Opfer ausgruben und wieder verscharrten, manchmal mehr als einmal. Doch das geschah für gewöhnlich aus Panik und dem verzweifelten Bedürfnis, Beweise zu verstecken, was hier nicht zutraf. Monk hatte die Morde bereits gestanden, und die Gräber von Zoe und Lindsey Bennett waren seit Jahren unentdeckt.
    Weshalb grub er also auf der Suche nach ihnen nun das halbe Moor auf?
    Ich starrte wieder hinab auf den Regenwurm, der hartnäckig versuchte, sich in der Erde zu verkriechen. Irgendetwas an dem Anblick machte mich stutzig. Dann fiel es mir ein.
    Würmer, selbst durchtrennte, bleiben nicht lange an der Oberfläche. Entweder verkriechen sie sich schnell wieder, oder sie werden gefressen. Aber dieser Wurm war noch da. Und das Loch, in dem er lag, war kleiner als die anderen, so als hätte derjenige, der es gegraben hatte, die Arbeit aufgegeben.
    «Wir müssen weg», sagte ich.
    Sophie rührte sich nicht. Sie starrte über das Moor. «Da vid   …?»
    Ich

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