Verwesung
Angehörige?»
«Nein, aber …»
«Dann können Sie in den Zeitungen darüber lesen. Und jetzt fordere ich Sie zum letzten Mal auf, zurück zu Ihrem Wagen zu gehen.»
Ich bin mir nicht sicher, ob ich tatsächlich gegangen wäre, doch in diesem Moment kam eine Gruppe Polizeibeamter die Auffahrt entlang. Sie wurde angeführt von einem Mann, dessen schicke Uniform und Schirmmütze ihn als hohes Tier auswiesen. Die Uniform war neu, das Haar und der Schnurrbart waren noch mehr ergraut, doch der Blick war noch immer kalt, und das faltenlose Gesicht schien kaum gealtert zu sein.
Simms beachtete uns nicht, als er zu einem schwarzen BMW schritt. Aber ein Mann in seinem Gefolge starrte uns an. Er war mittleren Alters, übergewichtig und hatte dünnes Haar. Erst als ich seine vorstehenden Zähne sah, wurde mir klar, dass es Roper war.
Er lief sofort zu seinem Vorgesetzten. Simms blieb stehen und schaute uns an.
Da wären wir also wieder
, dachte ich, als er zu uns kam. Roper folgte ihm wie Hund.
Der Constable, der uns gestoppt hatte, nahm steif Haltung an. «Sir, ich habe nur …»
Simms ignorierte ihn. Er betrachtete Sophie ungerührt und ohne ein Zeichen des Wiedererkennens, ehe er mich fixierte. Die arrogante Ausstrahlung, die er immer gehabthatte, war nun noch ausgeprägter. An seinen Abzeichen erkannte ich, dass er Assistant Chief Constable war, ein Rang, den wenige Kriminalbeamte erreichten. Ich war nicht überrascht. Simms war der geborene Uniformträger.
Auch Roper schien vorangekommen zu sein. Statt der zerknitterten Anzüge trug er jetzt maßgeschneiderte Kleidung und hatte sich die nikotingelben Zähne bleichen lassen. Außerdem hatte er an Gewicht zugelegt, jedenfalls von der Hüfte aufwärts. Während man dem Oberkörper des Detective Constable ansah, dass er gerne aß und trank, flatterte ihm die tiefhängende Hose noch immer um die dürren Beine.
Beide schienen nicht erfreut zu sein, uns zu sehen. Simms hatte ein Paar Lederhandschuhe in einer Hand, das er sich ungeduldig gegen den Oberschenkel schlug. «Dr. Hunter, richtig?», sagte er. «Darf ich fragen, was Sie hier tun?»
Sophie ließ mir keine Gelegenheit zu einer Antwort. «Was ist passiert? Wer ist getötet worden?»
Simms musterte sie kurz und wandte sich dann wieder an mich. «Ich fragte, was Sie hier tun.»
«Wir haben von dem Mord gehört und wollten uns nach Professor Wainwright und seiner Frau erkundigen.»
«Und weshalb?» Allmählich wirkte er etwas unsicher.
«Weil ich glaube, dass Jerome Monk sie umgebracht haben könnte.»
Roper warf Simms einen nervösen Blick zu. Die Miene des stellvertretenden Polizeipräsidenten blieb ungerührt, doch seine Augen glänzten. «Lassen Sie ihn durch», wies er den Constable an.
Ich verbarg meine Überraschung und bückte mich unter dem Absperrband hindurch. Sophie wollte mir folgen.
«Nur Dr. Hunter», sagte Simms.
Der Constable stellte sich ihr in den Weg. «Ach, kommen Sie», protestierte Sophie.
«Dr. Hunter ist Polizeiberater.» Simms’ Blick blieb gleichgültig an ihrem blauen Fleck hängen. «Was Sie nicht mehr sind, soweit ich weiß.»
Sophie holte tief Luft, um etwas zu entgegnen. «Warte im Wagen auf mich», sagte ich schnell, denn ich wusste, dass Simms seine Meinung niemals ändern würde. Sie warf mir einen wütenden Blick zu, riss mir die Schlüssel aus der Hand und marschierte davon.
Simms war bereits auf dem Weg zurück zum Haus. Seine polierten schwarzen Schuhe knirschten auf dem Kiesweg. Roper folgte ihm wie ein Schatten, der Wind zerzauste sein dünnes Haar. Er benutzte noch immer zu viel Rasierwasser, aber wie alles andere an ihm war auch das teurer geworden.
«Das ist ja wie ein Klassentreffen, was?» Sein Grinsen wirkte beinahe wie ein nervöser Tic. Er deutete mit einer Kopfbewegung zurück zu Sophie. «Ist ziemlich sauer, oder? Was ist mit ihrem Gesicht passiert?»
Die Frage überraschte mich. Aber ich wusste ja nicht, ob er und Terry noch zusammenarbeiteten. «Jemand ist in ihr Haus eingebrochen und hat sie attackiert.»
«Sie braucht ein besseres Schloss. Wann war das?»
«Vor vier Tagen.»
Als er die Verbindung hergestellt hatte, verging ihm das Grinsen. Vor vier Tagen war Monk geflohen. «Wurde der Täter gefasst?»
Mir fiel wieder Terrys Warnung – oder Drohung – ein, dass auch ich ein Verdächtiger sein könnte. Ein unangenehmer Gedanke. «Noch nicht. Sie kann sich an kaum etwas erinnern.»
«Wurde sie
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