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Verwuenscht und zugenaeht

Verwuenscht und zugenaeht

Titel: Verwuenscht und zugenaeht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mandy Hubbard
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in unserer Auffahrt sehe. Dann hallt eine Stimme von der Veranda zu mir herüber. »Kayla!«
    Sogar nach all den Jahren weiß ich genau, dass er es ist. Ich muss mich nicht einmal umdrehen.
    Ich stehe mit dem Seilende in der Hand da und starre auf das mit Tau bedeckte Gras. Ich atme ein paar Mal tief durch, dann wende ich mich langsam zu ihm um. Sein dunkles Haar ist grau geworden, was mich so sehr überrascht, dass ich es unverwandt anstarren muss. Er ist alt geworden. Es sind sieben Jahre vergangen, doch er wirkt so viel älter.
    Er trägt eine dunkle, enge Jeans, einen leichten Pullover unter einem sportlichen Sakko und ein Paar Lederslipper mit Troddeln. Er sieht wie ein echter Yuppie aus.
    Â»Hallo, Süße«, sagt er mit einem noch stärkeren italienischen Akzent als früher. Er lächelt mich an und an seinen Augen erscheinen ein paar Lachfältchen. Mit wem er wohl jetzt immer lacht?
    Â»Dad«, sage ich mit zitternder Stimme. Ich hasse das. Ich möchte lässig und selbstsicher klingen, als würde mich sein Auftauchen gar nicht interessieren. Stattdessen dreht sich alles in mir. Ich weiß nicht mal, ob ich froh bin, ihn zu sehen, oder ihn am liebsten wieder wegschicken würde.
    Ich schaue in seine stahlgrauen Augen. Aber was suche ich eigentlich darin? Antworten vielleicht. Ja, ich will Antworten. Aber ich bin nicht sicher, ob es eine Antwort gibt, die das, was er getan hat, wiedergutmachen kann.
    Â»Ich habe deinen sechzehnten Geburtstag verpasst.«
    Ich nicke.
    Â»Dabei habe ich immer gesagt, dass du ein eigenes Auto bekommst, wenn du einen Führerschein hast.«
    Vielleicht stimmt das sogar. Aber ich mag die Art nicht, wie er es ausspricht. Dabei habe ich immer gesagt  – als wäre er die ganze Zeit da gewesen, um überhaupt etwas zu sagen, geschweige denn, mir einen eigenen Wagen zu besorgen. In meinem Inneren kocht langsam Wut hoch. »Warum bist du hier?«
    Er tritt von einem Bein aufs andere, als wäre ihm unbehaglich zumute. »Das habe ich dir doch schon gesagt. Du bekommst ein eigenes Auto von mir.«
    Â»Nein.«
    Â»Was?«
    Â»Nein, ich will dein blödes Auto nicht.«
    Â»Oh!« Er zuckt die Schultern und wirkt dabei etwas verwirrt.
    Das ist alles? Oh? Ich hatte eigentlich etwas mehr erwartet. Eine Entschuldigung, Schuldgefühle oder eine Ansprache.
    Doch seine fehlenden Gefühle bestätigen meinen Verdacht. Er ist nicht aus freien Stücken gekommen. Er ist nur hier, weil ich mir das irgendwann gewünscht habe.
    Niemand betreibt solchen Aufwand, ohne wenigstens ein paar Worte dazu zu sagen. Wie lange hat er wohl gebraucht, um hierherzukommen? Wie viele Kilometer hat er zurückgelegt, ohne den wahren Grund zu kennen? Wie viel Geld hat er ausgegeben?
    Und jetzt steht er vor mir und ich fühle mich einfach nur leer. Ich erinnere mich an all die Geburtstage, an denen ich umsonst auf seinen Anruf wartete, an all die Weihnachtskarten, die ich mit mulmigem Gefühl öffnete, weil ich schon ahnte, dass wieder nur Dad darunter steht. Nicht In Liebe, Dad , wie ich es mir so sehr wünschte.
    Ich denke an all die kindischen Momente, in denen ich heimlich die Väter anderer Kinder beobachtet habe, an all die Begebenheiten, in denen Nicole über ihren Vater schimpfte und ich mir insgeheim wünschte, ich könnte das auch. Aber mein Vater war nicht da.
    Seine Abwesenheit war für mich stärker spürbar als die Anwesenheit jeder anderen Person. Er hat so viel verpasst. Chase hat nie das Luftgewehr bekommen, das er ihm versprochen hat. Er hat mir nie Motorradfahren beigebracht, bei Schularbeiten geholfen oder zugesehen, wie ich mich für einen Schulball zurechtgemacht habe – auch wenn das so gut wie nie vorkam.
    Aber der Punkt ist, dass er in den letzten sieben Jahren nicht einen einzigen Moment an unserem Leben teilhatte. Es war ihm egal.
    Irgendwann musste ich mir einfach wünschen, dass er zurückkommt. Ich schloss die Augen so fest ich konnte, blies die Kerzen aus und hoffte, dass es wirklich wahr werden würde. Wenn ich es nur stark genug wollte, würde er sicher genau wie in meinen Träumen einfach wieder auftauchen.
    Und nun steht er tatsächlich vor mir. Doch es bedeutet mir nichts. Ich brauche ihn nicht nur physisch, sondern auch emotional, doch das werde ich nie haben können. Er wird nie ein guter Vater für mich sein.
    Und ich muss mich nicht wie eine gute Tochter

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