Verwüstung: Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (German Edition)
waren dabei so erfolgreich, dass sie nach einiger Zeit so viele Schweden gefangen genommen hatten, dass sie Schwierigkeiten bekamen, sie alle zu versorgen.
Torstenssons Armee konnte ihre Offensive erst fortsetzen, wenn die schwedische Flotte eingetroffen war und die Kontrolle über den Kleinen Belt gewonnen hatte, das war sicher. Während sie einerseits auf Entsatz und andererseits darauf wartete, dass die anderen schwedischen Armeeabteilungen den Krieg nach Kopenhagen hinübertrugen, fiel sie über Land und Leute in Jütland her. Um es dem dänischen König unmöglich zu machen, die Halbinsel als Versorgungsbasis zu nutzen, begann Torstensson, das Land auszuplündern, eine Maßnahme, die den zentral gelenkten Verwüstungsoperationen glich, die er zuvor in Deutschland durchgeführt hatte. Es war das bekannte Muster: Die Verbände wurden in Dörfern und Städten einquartiert, die dann ihre anspruchsvollen Gäste versorgen mussten, so gut sie konnten. (So musste zum Beispiel an der Westküste die Stadt Lemvig mit Umgebung der dorthin verlegten Reiterei 20 233 Reichstaler und 250 Ochsen übergeben, während die Bewohner von Ribe und Umgebung im südlichen Jütland ihren Besatzungstruppen 39 583 Reichstaler zahlen mussten.) Wie immer war es unmöglich zu kontrollieren, was genau vor sich ging, wenn Horden von Soldaten und Reitern die umliegenden Dörfer heimsuchten. Torstensson hatte seinen Leuten reiche Beute versprochen, und die holten sie sich nun; viele Bauernhöfe, Dörfer, Kirchen und Herrenhöfe wurden von umherstreifenden Soldaten durchsucht, geplündert und in einigen Fällen sogar niedergebrannt. Und nicht nur Proviant und andere eher strategisch nützliche Gegenstände verschwanden. So wird in einer zeitgenössischen Quelle berichtet, dass
von schwedischem Kriegsvolk die Kirche in Boel aufgebrochen und alles daraus geraubt wurde, was die Menschen aus ganz Carspel dahingebracht hatten, so waren auch der Kelch, die Oblaten-Schachtel, Meßgewänder und das 1643 gestiftete Meßhemd entwendet, desgleichen auch der grüne Stoff, der zuerst um den Altar war, und das Leinentuch, das Agneta Petersen 1627 gewebt hatte, welches ebenfalls geraubt war.
Besonders die Gebiete um Glückstadt und Krempe wurden verwüstet. Jetzt setzte der Partisanenkrieg der Bauern gegen die schwedischen Eindringlinge ernsthaft ein. Die Gewalt eskalierte schnell, denn Torstenssons Männer schlugen zurück, wie sie es in Deutschland gelernt hatten, hart, routiniert und wie beiläufig. Torstensson gab den Befehl aus, dass nur reguläre Soldaten gefangen genommen werden sollten; kein Bauer, der mit Waffen in der Hand ergriffen wurde, sollte geschont werden. Eine dänische Chronik klagte verzweifelt über die Schweden, die «arme, unschuldige Menschen» totschlugen und sich so aufführten, «daß Türken oder Tataren es nicht schlimmer hätten treiben können, und das gegen ihre eigenen Glaubensbrüder». Torstenssons Truppen gingen in einer Art und Weise vor,
daß das arme Volk nicht wußte, wann es leben sollte und wann es geschlachtet werden sollte wie irgendein Vieh, nicht wußte, wann es etwas hatte, und wann es nichts hatte; und so lebten wir auf allen Seiten vom Tod umgeben.
Was Torstensson zu diesem Zeitpunkt Anfang Februar nicht wusste, war, dass nur sein Teil des großangelegten Angriffsplans ins Werk gesetzt worden war. Die beiden anderen Vorstöße aus Pommern und aus Südschweden waren noch nicht angelaufen. Ein koordinierter Angriff hatte nicht stattgefunden, sondern das schwedische Heer in Jütland stand allein. Die Regierenden in Stockholm hatten nicht einmal den Krieg erklärt.
Es waren, wie zu erwarten war, die Verständigungsschwierigkeiten, die den Schweden auch in der Folgezeit einen Strich durch die Rechnung machten. So geschah es oft. Axel Oxenstierna und die anderen zu Hause in Schweden waren auf einem Informationsstand, der den Ereignissen nicht selten um mehrere Monate hinterherhinkte, sodass ihre Direktiven häufig bereits überholt waren, bevor der Siegellack darauf getrocknet war. Als daher die Regierenden in Stockholm am 13 . Dezember einen Brief von Torstensson erhielten, in dem er zufrieden mitteilte, dass er nun wie befohlen im Begriff stehe, in Dänemark einzufallen, überkam die purpurgekleideten Männer des Rates eine gewisse Atemnot. Weil der erste Befehl an die schwedische Armee in Deutschland so verspätet gewesen war, nahmen sie offenbar an, dass auf einen Angriff nach Plan nicht mehr zu hoffen sei.
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