Verwüstung: Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (German Edition)
zunehmender Härte.
Der Albtraum hatte erst begonnen. Es erging Befehl, alle Bauern, die bewaffnet angetroffen wurden, zu erschlagen und ihre Häuser in Brand zu stecken. Bei einer Gelegenheit verschanzten sich 300 Bauern in dem Dorf Hallesta in der Nähe von Lund und weigerten sich hartnäckig, vor den Reitern, die sie umringt hatten, die Waffen zu strecken. Der Kommandant der schwedischen Truppe, ein Generalmajor Wachtmeister, ließ daraufhin in einem Ausbruch kalter Wut das ganze Dorf niederbrennen. Fast alle Bewohner des Dorfes wurden getötet. Nur «ein paar alte Frauen und ein Kind» überlebten.
Ende März 1644 traf die schwere Belagerungsartillerie glücklich bei der wartenden schwedischen Armee in Lund ein, und die Truppen brachen auf. Das Ziel waren die zwei letzten Festungen am Sund, Landskrona und Malmö. Sobald sie bezwungen waren, wollte Horn wie geplant seine Armee nach Seeland und Kopenhagen hinüberführen.
Als die schwedischen Truppen Landskrona erreichten, fanden sie auch diese Stadt verlassen vor. Nur das Schloss, das etwas nördlich der Stadt lag, wurde verteidigt. Horns Heer begann sogleich mit einer förmlichen Belagerung der Festung; seine Soldaten gruben Annäherungswege und Parallelen, bauten einen Damm, um das Wasser aus dem Wallgraben abzulassen, und zimmerten eine Sturmbrücke, und dies, während sich beide Seiten pausenlos beschossen, ohne allerdings größeren Schaden anzurichten. Die Lage der Garnison war jedoch hoffnungslos. Der Hauptteil der Besatzung bestand aus aufgebotenen Bauern, und ihr Munitionsvorrat war so knapp, dass sie nach einiger Zeit gezwungen waren, ihre Kanonen mit Steinen zu laden, und bald war das schwedische Feuer so gewaltig, dass kein Däne mehr wagte, sich auf den von Schüssen zerfurchten Mauern zu zeigen. Drei dänische Kriegsschiffe ankerten draußen im Sund und trugen zu dem allgemeinen artilleristischen Gedröhn bei und versuchten außerdem, das Schloss mit Soldaten zu entsetzen; doch die ausgesandten Boote konnten nicht herankommen, weil der flache Strand so weit hinausreichte. Nun weigerten sich die Leute im Fort weiterzukämpfen, und am 7 . April gaben sie auf. Die Kapitulation erfolgte in den chevaleresken Formen, denen die adligen Krieger so gern huldigten, wenn sie Zeit und Lust hatten: Der dänische Kommandant des Schlosses, Henrik Huitfeld, und seine Offiziere speisten manierlich mit Horn zu Abend, jedes Plündern wurde untersagt, und als sich zeigte, dass doch einiges von Huitfelds Eigentum irgendwie, ja, verschwunden war, ließ man es sogleich suchen und zurückgeben. Zum Abschluss wurde die Garnison – zwei Offiziere und 26 Mann – zu dem von dänischen Truppen besetzten Malmö eskortiert, und für den Transport ihres Gepäcks und ihrer Verwundeten liehen ihnen die Schweden Wagen und Pferde.
Der Fall Landskronas war für die Dänen ein schwerer Schlag, denn er bedeutete, dass Horns Armee Zugang zu einem zentral gelegenen Stützpunkt hatte, der außerdem noch über einen ausgezeichneten Hafen verfügte. Bis hierhin war es für die schwedischen Truppen wie geplant gelaufen, doch jetzt begann das schön schnurrende Uhrwerk zu stottern.
Göteborg. Stich nach einer Zeichnung von Erik Dahlberg
Göteborg war zu dieser Zeit eine der bedeutendsten Handelsstädte des schwedischen Reiches, vielleicht die wichtigste neben Stockholm. Auch wenn die Stadt nur ein Zehntel der Einwohnerzahl Stockholms hatte, war sie Schwedens einziger Hafen zur Nordsee und nach Westen; nur der über Göteborg gehende Handel brauchte sich nicht durch das Nadelöhr des Öresundzolls zu zwängen – ein Umstand, der zusammen mit einigen staatlichen Privilegien für viele holländische und deutsche Kaufleute Anreiz gewesen war, sich hier niederzulassen. Die eigentliche Stadt lag auf einem gefährlich schmalen Stück Land, das von Västergötland herüberreichte, wie ein ausgestreckter kleiner Finger, dessen Spitze ins Kattegat tauchte. Die Dänen hatten schon seit langem scheele Blicke auf Göteborg geworfen, nicht nur weil der Ort den Schweden erlaubte, sie um Zollgelder zu prellen, sondern auch, weil dieser kleine Finger auf geographisch unmotivierte Weise die Landverbindung zwischen dem norwegischen Reichsteil und dem dänischen Halland unterbrach. Seit dem Mittelalter war es eine Art dänisches Lieblingsgambit gewesen, in Kriegszeiten sofort einen Schlag gegen diese kleine Landzunge zu führen. In den Jahren 1502 und 1523 hatten die Dänen Älvsborg niedergebrannt, also
Weitere Kostenlose Bücher