Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges
Schwedische Streifkorps zogen kreuz und quer durch Böhmen, brachen aber auch in Teile von Schlesien, Mähren und Sachsen ein. Und überall wurde niedergebrannt und geplündert, und alle Nahrung, die sie nicht mitnehmen konnten, vernichteten sie:
Dies ist der Anfang nur: auf der berstenden, brennenden Erde sinken Städte mit Zinnen und Türmen und zahlloser Menschen Schar dahin in Asche und Staub. Die Berg’ und die Wälder brennen.
Eine Stadt, die einigermaßen glimpflich davonkam, war Rokycany. Eine schwedische Abteilung unter der persönlichen Führung von Banér erschien am 23 . Oktober und forderte eine Brandschatzsumme von 8000 Gulden. Der Magistrat der Stadt antwortete, dass man eine so hohe Summe nicht bezahlen könne, doch Banér erwiderte, dass sie keine Wahl hätten; daraufhin wurden sie eingesperrt und misshandelt. Als die Schweden sich schließlich anschickten, die Stadt zu verlassen, hatten sie 7000 Gulden, 18 kostbare Kelche und etwas über 5 Kilo Silber zusammengerafft. Das Rathaus und mehrere andere Gebäude waren geplündert, eine Kirche vollständig ausgeraubt worden, einschließlich der Messgewänder, Kerzen und Lampen. Zurückgeblieben war nur ein schwer misshandelter Dekan namens Sebastian Krysín sowie die von den Soldaten zertrümmerte Orgel. Zum Abschied ließ Banér an mehreren Stellen in der Stadt Feuer legen, doch gelang es den Einwohnern, die Brände zu löschen, bevor sie sich ausbreiten konnten, und die Stadt wurde vor den Flammen gerettet.
Am Tag danach wurde eine andere kleine Stadt, sie hieß Beraun, geplündert. Den Bewohnern wurde zunächst eine Brandschatzzahlung auferlegt, und als sie diese nicht aufbringen konnten, erschien eine schwedische Abteilung unter dem Obersten Erik Slang am Ort. Slang war einer von Banérs Günstlingen, ein erfahrener Krieger, der bei einer früheren Gelegenheit einen Arm verloren hatte, aber weiterhin Dienst tat. Der Kantor der Stadt, Daniel Erazim, wurde Augenzeuge der Verwüstungen. Die Soldaten verteilten sich in waffenschwingenden kleinen Gruppen in den Straßen und Gassen der Stadt, zogen allen, denen sie begegneten, die Kleider aus und vergewaltigten danach viele der nackten Frauen. Sie begnügten sich nicht damit, alles zu stehlen, was irgendwie von Wert war; viele junge Männer der Stadt wurden außerdem für das schwedische Heer zwangsrekrutiert und «bekamen die Haare abgeschnitten, so daß ihre Köpfe aussahen wie Spatzennester». Die übrigen Bewohner liefen in den Wald, wo viele von ihnen verhungerten. Nach einiger Zeit vertrieb eine kaiserliche Abteilung die schwedischen Truppen, die Beraun besetzt hielten, und die überlebenden Bewohner der Stadt konnten aus ihren Verstecken in den Wäldern zurückkehren. Die kleine Stadt bot ein grauenhaftes Bild der Verwüstung und des puren Vandalismus, denn die schwedischen Soldaten hatten bei ihrem Rückzug alles zerstört, was sie in der Eile nicht mitnehmen konnten. «Hier liegt eine Kuh, da ein Schwein, dort weint eine Hausfrau.» Es sah aus, als habe es geschneit, denn die Straßen der Stadt waren von einer dünnen Schicht herumfliegender weißer Federn aus geleerten Kissen bedeckt; als die plündernden Soldaten nach etwas suchten, worin sie ihr gestohlenes Gut wegschaffen konnten, benutzten sie Kissenbezüge, die in allen Häusern zu finden waren.
Einer von zahllosen Übergriffen. Dies war die hässlichste Seite des Krieges: Plünderung, Vergewaltigung, Folter und Mord.
Wessen Haus nur geplündert, aber nicht zerstört war, der konnte sich glücklich schätzen. An den Abenden konnte man Flammen und Rauchwolken von hundert und aberhundert Stellen rundumher aufsteigen sehen. Zahllose Dörfer, Schlösser und Klöster versanken in Schutt und Asche. Adam von Pfuel, Banérs Schwager und ein Kerl von solcher Brutalität und Rohheit, dass er bald zu einem nicht unerheblichen Problem für den Rat in Stockholm wurde, prahlte später damit, dass er allein 800 «Kleinstädte und Dörfer» niedergebrannt habe; allein im Distrikt Saaz sollen 400 Dörfer und Marktplätze im Verlauf dieser grauenvollen Kampagne ausgelöscht worden sein. Als später der Frieden kam, war Böhmen noch immer nahezu eine Wüste. Vor dem Krieg hatte das blühende Land 738 Städte, 34 000 kleine Dörfer und rund 3 Millionen Einwohner, und als alles vorüber war, blieben nur noch 230 Städte, 6000 Dörfer und 800 000 Einwohner übrig.
Hier in Böhmen wie in vielen anderen Teilen des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation
Weitere Kostenlose Bücher