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Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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überflüssigen Trosswagen ausgesondert worden.
    Und los ging es: Die Armee schlug einen schnellen Bogen durch das nördliche Sachsen, nahm, ohne auf nennenswerten Widerstand zu stoßen, einige kleinere Festungen ein und erreichte Ende April Glogau im nördlichen Schlesien. Die Festung, die nicht weit entfernt von der polnischen Grenze an der Oder lag, war stark und galt als einer der wichtigsten Stützpunkte der Kaiserlichen in diesem Teil des Reiches. Zunächst leiteten die Schweden eine regelrechte Belagerung der reichen Stadt ein, doch dann traf die Nachricht ein, dass eine kaiserliche Armee im Anmarsch sei. Sie wurde von Herzog Franz Albrecht von Lauenburg geführt, der früher einmal auf Seiten der Schweden gekämpft hatte; er war es gewesen, der bei Lützen vergebens versucht hatte, den verwundeten Gustav Adolf im Sattel zu halten. Torstensson beschloss daraufhin, eine Erstürmung zu wagen, und um sich des Siegeswillens der Soldaten zu vergewissern, versprach er ihnen, dass sie die Stadt plündern dürften. Dieser bewährte Trick zeigte Wirkung; zottige Sturmkolonnen schwedischer Soldaten stürmten am 24 . April vor, durchquerten einen Wallgraben, kämpften sich an einem niedrigen Erdwall vorbei, strömten über einen weiteren Graben, überwanden ohne Schwierigkeiten eine niedrige Mauer, erkletterten auf Leitern die neun Meter hohen, zinnenbewehrten Mauern und konnten nach einem kurzen Kampf den Widerstand in der Stadt brechen. Die hungrigen schwedischen Soldaten konnten nach Herzenslust stehlen, was sie von dem Besitz der Bürger der Stadt haben wollten, und brannten während der Plünderung mehrere Häuser und die große Stadtkirche nieder. Torstensson konnte zufrieden seine Beute zählen: 20 Kanonen, über 21 Tonnen Pulver sowie Mehl, Getreide und andere Lebensmittel in solcher Menge, dass sie ausreichten, um seine Armee einen ganzen Monat zu versorgen. Wie bei der Einnahme einer Stadt des Kaisers üblich, mussten dessen Beamte und alle katholischen Priester und Mönche sofort die Stadt verlassen – natürlich nach Entrichtung eines saftigen Lösegelds. (Die schwedische Armee – und zweifellos auch ihre Krieger – verschaffte sich während dieser Kampagne gute Einkünfte, indem sie wohlhabende Flüchtlinge auf dem Weg nach Wien abfing und ihnen anschließend hohe Lösegeldsummen abpresste.)
    Nachdem das schwedische Heer eine Reihe anderer kleinerer Orte bezwungen hatte – von denen die meisten ihre Stadttore öffneten, ohne dass ein Schuss abgegeben worden war –, marschierte es auf Schweidnitz zu. Der nahe der gebirgigen Grenze zu Böhmen gelegene Ort war von strategischer Bedeutung. Je nachdem, in wessen Hand Schweidnitz sich befand, konnte die Stadt als Einfallstor nach Böhmen oder als Sperre für den Weiterweg nach Schlesien und umgekehrt dienen. Franz Albrecht von Lauenburg, der bei der Nachricht vom Fall Glogaus seinen Marsch dorthin abgebrochen hatte, antwortete damit, dass er sich an die Spitze eines Korps mit 7000 kaiserlichen Reitern, 500 Dragonern und vier Kanonen setzte und auf den Weg machte, um diese wichtige Festung zu entsetzen. Seine Truppe wurde jedoch entdeckt, und am 21 . Mai warfen sich starke schwedische Verbände über das sorglos dahinmarschierende Korps. Nach einem blutigen Kampf, der dennoch so kurz war, dass die Schweden ihre Kanonen nicht in Stellung bringen konnten, verschwand der Hauptteil der von Panik geschlagenen kaiserlichen Reiterei raschelnd in den lichten Wäldern, die die flachen, frühlingsgrünen Äcker in unmittelbarer Nähe von Schweidnitz, auf denen das Gefecht stattfand, umgaben. Den Schweden fielen außer den vier Kanonen vier Wagen mit Munition, vier fortgeworfene Paar Trommeln und zwei mit der Kriegskasse beladene Esel in die Hände, außerdem machten sie über 1200 Gefangene. Unter diesen war auch Franz Albrecht, der, von zwei Schüssen getroffen, sterbend aus dem Kampf getragen wurde.
    Torstenssons Siegeszug ging weiter, hinunter nach Mähren, begleitet von den üblichen Exzessen. In mehreren Klöstern brachen die schwedischen Soldaten die Grabkrypten auf, schnitten die ringgeschmückten Finger von alten, eingetrockneten Abtleichen und marschierten, herrliche Messgewänder und Messtücher um ihre schmutzigen Ledermäntel geworfen, davon. Anfang Juni kapitulierte Olmütz, Mährens große, aber schwach verteidigte Hauptstadt, nach dreitägigem Beschuss. Die Beute dort übertraf alle Erwartungen: Außer Wein, Getreide und einer Brandschatzsumme von 300 000

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