Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
Vom Netzwerk:
mitunter ein solches Ausmaß an, dass die Armee sich im offenen Feld nicht mehr behaupten konnte.
    Torstensson sah ein, dass er einer Armee von über 20 000 Mann nicht mit 11 000 entgegentreten konnte. Deshalb brach er eilig die Belagerung von Brieg ab. Die schwedische Armee nahm ihren von Beute angeschwollenen Tross und ihre 10 000 geraubten Rinder mit und zog ein Stück nach Norden, um, dort eingegraben, Verstärkungen abzuwarten, die, soviel man wusste, von Schweden unterwegs waren. Sie trafen jedoch nicht vor Ende August ein, und da war es zu spät. Die offene und bewegliche Lage, die am Anfang des Sommers bestanden hatte, war erstarrt, und das lange Stillliegen und umständliche Manövrieren hatte zu einer gründlichen Ausbeutung des Gebiets geführt, in dem das schwedische Heer stand. So kam es am Ende wie so viele Male zuvor: Mangel an Lebensmitteln zwang die schwedische Armee dazu, das in den Herbstfarben leuchtende Schlesien zu verlassen und sich nach Nordwesten zurückzuziehen, die Kaiserlichen dicht auf den Fersen.
    Zu den Verstärkungen, die im Sommer 1642 aus Schweden eintrafen, gehörte auch ein Bataillon – oder, wie es damals noch genannt wurde, eine Schwadron – Fußvolk aus dem Dalarna-Regiment. Es waren vier komplette Kompanien: 498 gemeine Soldaten, 42 Offiziere, ein Quartiermeister (der für den Unterhalt und die Quartiere zuständig war), ein Schreiber, ein Feldscher mit einem Gesellen sowie zwei Profosse (die für die Ordnung verantwortlich waren und jeden, der dagegen verstieß, bestraften). Sie waren am 17 . Juli in Wolgast an Land gegangen und mit dem übrigen neu eingetroffenen Fußvolk aufgebrochen, um sich Torstenssons Heer unten in Schlesien anzuschließen. Sogleich begannen Krankheiten unter den Dalekarliern zu wüten, die in den Quartieren, die sie auf dem Weg passierten, Kranke hinter sich zurückließen, wie an einer Perlenkette aufgereiht. Es wurde auch nicht besser, nachdem sie sich mit der Hauptarmee vereinigt hatten. Die Dalekarlier nahmen an der Entsetzung Glogaus teil, das von Piccolominis Truppen belagert wurde, und in Glogau wurden einige Kranke zurückgelassen. Sie waren dabei, als Torstensson vergebens versuchte, den Gegner zum Kampf zu reizen und zuerst Friedland – das auch geplündert und danach niedergebrannt wurde – und dann Zittau einnehmen ließ. Und auch in Zittau wurden einige Kranke zurückgelassen. Die Dalekarlier waren dabei, als die von Versorgungsschwierigkeiten geplagte Armee unter täglichem Kleinkrieg und auf lehmigen Wegen nach Sachsen retirierte. Als sie um den 17 . Oktober 1642 Leipzig erreichten, war nur noch ein Drittel der ursprünglichen Truppe von 540 Mann dabei.
    Torstensson beabsichtigte, Leipzig zu belagern. Der Plan war einfach. Der schwedischen Armee mangelte es an Unterhalt, und der würde schwer zu beschaffen sein, wenn das kaiserliche Heer seine Taktik beibehielt, seine schwedischen Gegner auf ihrem Rückzug diskret zu beschatten. In der jetzigen Lage gab es zwei Alternativen. Entweder ließ man zu, dass die Schweden Leipzig einnahmen, und dann würden sie die großen Vorräte der reichen Stadt genießen können. Oder die Kaiserlichen kamen der Stadt zum Entsatz, und dann würde man sie vielleicht in einer Schlacht stellen und schlagen können. Lars Grubbe, ein ziviler Assistenzrat bei der Armee, drückte es so aus: «Entweder muß Leipzig in unsere Hand kommen, oder der Feind ist genötigt, eine
bataille
zu wagen.» (Grubbe, ein Mann in mittleren Jahren, war einer dieser tüchtigen und eifrigen Beamten, die das Rückgrat des schwedischen Machtapparats bildeten; er hatte als Verbindungsmann in Axel Oxenstiernas Kontakten mit der Regierung zu Hause in Stockholm fungiert, er hatte Banér bei diplomatischen Unterhandlungen mit verschiedenen schwierigen deutschen Fürsten geholfen, er war schwedischer Resident in Hamburg – Adler Salvius war sein Patron und Gönner – und Assessor im Reichsamt für Handel und Schifffahrt gewesen, und während der schweren Krise in der Armee 1641 war er einer von denen, die am aktivsten und geschicktesten zur Abwendung der drohenden Katastrophe beigetragen hatten. Grubbe war jetzt Torstenssons rechte Hand in politischen und diplomatischen Angelegenheiten, aber er wurde gegen seinen Willen aus den militärischen Entscheidungen herausgehalten. Deshalb war er unzufrieden mit seiner Stellung. Als Grubbe die oben zitierten Zeilen schrieb, hatte er nur noch wenige Tage zu leben.)
    Leipzigs ausgedehnte

Weitere Kostenlose Bücher