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Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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gedacht; und, das Wichtigste, er brachte auch reichlich klingende Münze mit, um das Missvergnügen zu dämpfen. Fast zwei Wochen harter Verhandlungen waren erforderlich, bis Torstensson die Armee wieder ganz unter Kontrolle hatte. Es wurde teuer. Sehr teuer.
    Dem Fußvolk wurden 104 003 Reichstaler bezahlt; an die Reiterei – den Heeresteil, der für die meiste Unruhe gesorgt hatte – gingen 296 074 Reichstaler und 16 Öre, an die Artillerie 22 204 Reichstaler. Eine Reihe hoher Offiziere, besonders die aufmüpfigen Obersten, erhielten auch persönlich Geldzahlungen in unterschiedlicher Höhe, unter anderem erhielt ihr Anführer Mortaigne 10 000 Reichstaler. Das Geld, das Torstensson mitgebracht hatte, reichte nicht weit, sodass neue Kredite bei Adler Salvius in Hamburg aufgenommen werden mussten, nicht ohne gewisse Schwierigkeiten, denn die Kreditwürdigkeit der schwedischen Krone war nicht die beste. Es wäre ein schwacher Trost gewesen, hätten sie sehen können, dass auch der Kaiser große Probleme hatte, Geld für seine Kriegsführung zu leihen. Die Probleme beider Seiten, Kredite zu bekommen, zeigten deutlich, wie weit der Zweifel daran, dass dieser Krieg in einem vernünftigen Sinn des Wortes noch zu gewinnen sei, bereits verbreitet war. Ein Teil der Gelder, die Ferdinand III . schließlich beschaffen konnte, wurde jedoch zu harten Bedingungen gegeben; so lieh ihm ein jüdischer Kaufmann mit Namen Cigan schließlich 75 000 Gulden, doch nur gegen einen Revers über 100 000 Gulden zu dem für die Zeit hohen Zinssatz von 6 Prozent und mit einer Rückzahlungsfrist von zwei Jahren.
    Nachdem Torstensson auf diese Weise Offiziere und Soldateska an den richtigen Stellen gekitzelt hatte, wollte er zeigen, dass er auch andere Saiten aufziehen konnte. Mit dem Ruf «Ich werde die Disziplin aufrechtzuerhalten wissen» ließ er einen der schlimmsten Konspiranten, einen gewissen Oberst von Seckendorff, vorführen und vor den Augen aller Deutschen in der Armee erschießen, worauf die versammelten Verbände ihm und der schwedischen Krone neuen Gehorsam und Treue schwören mussten. Und jetzt, nach 486 260 Reichstalern und einer Hinrichtung, war die Ordnung im schwedischen Heer in Deutschland wiederhergestellt. Die Winter-und Frühjahrsmonate 1642 verwandte Torstensson darauf, das Heer auf den Sommerfeldzug vorzubereiten, da er seine Armee nach Südosten, oderaufwärts nach Schlesien und weiter führen wollte. Er beabsichtigte, den alten Plan Banérs und des Rates zu verwirklichen, den Krieg in die kaiserlichen Erblande zu tragen.
    Johan Banér hatte einen guten Nachfolger gefunden, daran bestand kein Zweifel. Lennart Torstensson war zu diesem Zeitpunkt ein 38 -jähriger Mann mit schulterlangem, in der Mitte gescheiteltem Haar, Schnurrbart und spitzem Kinnbart, kleinem Mund und arrogant geschwungenen Nasenflügeln. Am liebsten wäre er um diesen Dienst herumgekommen. Er litt nämlich an schwerem Gelenkrheumatismus, den er sich zugezogen hatte, als er unter widrigen Umständen als Kriegsgefangener in Ingolstadt gesessen hatte. Aus diesem Grund musste er meistens auf einer Trage transportiert werden; zu Pferde konnte er nur eine oder zwei Stunden sitzen, und das auch nur, wenn jemand das Tier führte – seine Hände waren so gichtverkrümmt, dass er die Zügel nicht halten konnte. Einige seiner Feinde nannten ihn deshalb
magnus podagricus
– «der große Gichtbrüchige»; in moderner Zeit wäre er ohne Zweifel als Invalide ausgemustert worden.
    Torstensson hatte als Page Gustav Adolfs begonnen, aber dieser hatte seine militärische Begabung erkannt, und er hatte rasch Karriere gemacht; schon als 25 -Jähriger war er zum Artillerieoberst ernannt worden, und viele Neuerungen, die diese Waffengattung zur vielleicht besten in der Welt gemacht hatten, gingen auf ihn zurück. Eine Anzahl von Jahren hatte
magnus podagricus
als Banérs engster Mann und wichtigster Ratgeber gewirkt, und er besaß auch den gleichen sicheren Blick wie Banér und teilte dessen Neigung zu schnellen und überraschenden Operationen. (Er bekam auch den Spitznamen «der Blitz».) Wie sein Lehrmeister war Torstensson ein harter, rücksichtsloser und herrischer Befehlshaber, was auch nötig war, wenn er nun die Disziplin im Heer wiederherstellen sollte, die unter Banér verkommen war, der besonders in seiner letzten Zeit bei Übergriffen seiner Truppen gern ein Auge zugedrückt hatte. Dies gelang Torstensson auch. Ein Historiker hat gesagt, dass seine Soldaten

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