Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges
Staubwolke zog der rechte polnische Flügel nach Süden, am östlichen Ufer des Flusses entlang. Es war ein gefährliches Manöver, denn ein Angriff hätte ihm leicht den weiteren Weg abschneiden und alle in den Fluss treiben können, aber die Alliierten waren allzu konfus, um einen schnellen Angriff starten zu können. Als die Führung endlich daran dachte, eine Verfolgung in die Wege zu leiten, gab es kaum noch Aussichten, die schnellen polnischen Reiter einzuholen, und die Soldaten mussten sich damit begnügen, herrenlose Pferde und fortgeworfene Waffen einzusammeln.
Unter den Reitern auf der linken Seite des polnischen Heeres – unter dem Befehl des unglücklichen Hilary Polubinski, der den erfolglosen Ansturm der Husaren am Tag zuvor überlebt hatte – breitete sich Entsetzen aus, als sie die Scharen sahen, die von den Sandhügeln flohen. Sie waren zunächst unsicher, wohin sie sich wenden sollten, setzten sich aber dann nach Nordosten in Bewegung, in Richtung des Dorfs Bialoleka. Auf dieser Seite waren die alliierten Befehlshaber besser im Bilde, und es gelang ihnen, den ausbrechenden Polen einige Verbände in den Weg zu werfen. Daraufhin entwickelte sich ein wirres Reiten und Stoßen, vor und zurück, als die lange, unförmige Schlange flüchtender polnischer Reiterei bei dem Versuch, sich an den feindlichen Verbänden, die ihr den Weg versperrten und sie von verschiedenen Seiten angriffen, vorbeizuwinden, sich von einer Seite auf die andere warf. Donnernde Bleispritzen von Dragonern und Fußvolk auf ihrem Weg fällten haufenweise in Panik geratene Rosse und Reiter, und schließlich wurde der letzte Teil der einem Fischschwarm gleichenden Masse von Pferden und Männern in einen großen Sumpf getrieben. Dort spielte sich der Schlussakt ab. Viele ertranken, manchen gelang es, triefend und auf allen vieren kriechend zu entkommen. Die allermeisten blieben im Lehm und in schwammigem Sumpf stecken. Schwedische und brandenburgische Musketiere wurden daraufhin zu dem Sumpf geschickt und veranstalteten von seinem Rand aus ein herzloses Zielschießen auf die hilflosen Männer im Morast. Sie schossen und schossen, bis keiner mehr lebte. Danach konnten die Soldaten über 2000 gesattelte Pferde einsammeln, die verlassen auf den Feldern umherstreiften.
Währenddessen wurde der Sieg auf den Feldern zwischen den Sandhügeln und der Weichsel vollendet.
Nach der Einnahme der Sandhügel war in der alliierten Führung einige Verwirrung entstanden. Es war wie gewöhnlich die schlechte Sicht, die den Feldherren einen Streich spielte. Als die polnischen Truppen zum Fluss hinunterzogen, wurde eine gigantische Staubwolke aufgewirbelt, und als Karl Gustav – ein kleiner, runder Mann, dramatisch ausstaffiert in einem mit schwarzem Samt überzogenen Harnisch und einem ebenfalls mit schwarzem Samt bedeckten Helm mit schwarzen Federn – diese sah, glaubte er, die Polen marschierten zu einem Gegenangriff auf der ganzen Linie auf. Besorgt gab er deshalb Befehl, den Vormarsch abzubrechen, um dem vermuteten Angriff zu begegnen. Bald zeigte es sich jedoch, dass das ganze stolze polnische Heer auf dem Rückzug war, und die Linie der schwedischen und brandenburgischen Verbände setzte sich wieder in Bewegung, hinunter zum Fluss.
Ein Stück unterhalb der westlichen Seite der Sandhügel stand der größere Teil der Infanterie des polnischen Heeres noch immer gesammelt – die Regimenter Grodzickis, Butlers, Grotthaus’ und Zamoyskis. Sie zogen sich langsam zurück.
Sieben Kanonen, die die Alliierten bei der Eroberung der Hügel erbeutet hatten, wurden umgedreht und gegen ihre früheren Besitzer in Gebrauch genommen. Aber die polnischen Fußsoldaten hatten jetzt genug. Die Infanterie führte in der polnischen Adelsarmee das Dasein eines Stiefkinds. (Zwar gab es mehr Fußvolk im Heer, mehrere Regimenter mit Heiducken, doch die waren nicht an der Schlacht beteiligt, weil sie damit beschäftigt waren, verschiedene hohe polnische Adlige mit dem Prunk von Wachen und Dienerschaft zu versehen, wonach deren Ehre ganz selbstverständlich verlangte.) Die Soldaten der Infanterieregimenter waren in der Regel deutsche Söldner, und das Verhältnis zwischen ihnen und der stolzen polnischen Adelsreiterei war von Feindseligkeit und Missverständnissen geprägt. Der Dienst bei den Polen war unter den deutschen Landsknechten nicht sonderlich populär; die inkonsequente und inkompetente Finanzpolitik des polnischen Reichstags führte dazu, dass ihr Sold oft
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