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Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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polnischer Einheiten.
    Als die polnischen Befehlshaber auf der westlichen Seite sahen, dass die Alliierten die Schanze eingenommen hatten, ließen sie die Brücke in Brand stecken und machten sie schließlich los und gaben auf diese Weise alle polnischen Krieger, die sich noch auf dem östlichen Ufer befanden, preis. Während die Rauchwolken von der Brücke zum blauen Himmel aufstiegen, versuchten verzweifelte Polen, auf andere Weise hinüberzugelangen. Einige überquerten die Weichsel in kleinen Segel-und Ruderbooten, andere versuchten zu schwimmen. Nicht einmal jetzt ließen die Alliierten locker. Die Schwimmenden wurden vom Ufer mit Musketen und Kanonen beschossen, und viele verschwanden zwischen den kleinen glitzernden Fontänen der Einschläge im blutgefärbten Wasser.
    Gegen Mittag flauten die Kämpfe ab. Die Dreitageschlacht bei Warschau war zu Ende. Den Rest des Tages verwandten die schwedischen und brandenburgischen Befehlshaber darauf, ihre Truppen, die während der wirren Verfolgungsjagd des Schlusskampfs weithin zerstreut worden waren, zu sammeln.
    Die Soldaten waren erschöpft. Sie hatten fast vier Tage lang weder Essen noch ordentlichen Schlaf bekommen. Außerdem wurden sie von einem starken Jucken gepeinigt, das von dem feinen Staub herrührte, der überall eingedrungen war, in die Kleidung und Harnische, in Augen und Mund. Ihre Verluste beliefen sich auf rund 700 Mann, angesichts der Dauer der Schlacht eine erstaunlich niedrige Zahl. Nach Schlachten gab es in dieser Zeit gewisse bewährte Routinen. Die Verbände sollten sich sammeln und Aufstellung nehmen, wobei jeder Soldat seinen gewohnten Platz im Glied einnehmen musste; so konnten die Offiziere die Truppe schnell zählen und sehen, wer fehlte. Dann sollte sich ein Offizier zusammen mit abkommandierten Männern auf das Schlachtfeld begeben, um die Vermissten zu suchen. Die Toten sollten «nach Soldatenart» begraben werden, was in der Regel eine einfache Bestattung in einem Massengrab bedeutete. Die Verwundeten wurden auf Wagen gesammelt und ins Lager gebracht und versorgt. Der Befehlshaber eines Verbands sollte auch «um der Empfindsamen willen einiges über den Abgang der Toten und Verwundeten ansprechen, daß jedermann denken müsse, daß solches Gottes Wille war», wonach von den Soldaten «weiterhin in allen vorkommenden Okkasionen tapferes und williges Verhalten» erwartet werden konnte.
    Die Soldaten erhielten auch ihre Belohnung: Der eroberte polnische Tross wurde ihnen als Beute überlassen. Gegen Abend ließ die Führung die Truppen das Lager aufschlagen. Die Generale und die hohen Befehlshaber mit dem Kurfürsten und dem schwarz gekleideten Karl Gustav an der Spitze versammelten sich in einem Kloster in Praga. Hier ließ der König die Leiche des polnischen Husaren beisetzen, der am Tag zuvor versucht hatte, ihn zu töten. Sie feierten dann ihren Sieg mit einer Mahlzeit, wonach sie «mit Pauken und Trompeten sich verlustierten bis in den Abend».
    Draußen auf den Feldern und im Morast lagen noch immer an die 2000 Polen tot in der Sommerhitze, schwellend, schwarz werdend und von Schwärmen fetter Fliegen umschwirrt – Schmeißfliegen dringen in alle Körperöffnungen einer Leiche ein, und wenn es warm ist, schlüpfen die Jungen innerhalb von 24 Stunden aus, und neue Insekten quellen aus den Nasenlöchern und Ohrmuscheln. Niemand machte sich die Mühe, die gefallenen Polen zu zählen, geschweige denn zu begraben. Eine Wolke von Gestank verdichtete sich während der folgenden Tage über der Landschaft und breitete sich mit dem Wind über den Fluss bis nach Warschau aus. Die Stadt war von den Polen in großer Hast verlassen worden – sie nahmen sich nicht einmal Zeit, Kanonen und Vorräte zu retten, und sie fiel ohne einen Schuss in die Hände der Alliierten. Am 25 . Juli gingen das schwedische und brandenburgische Fußvolk, die Artillerie und der Tross über die Weichsel. Sie wollten dem schweren, süßlichen Gestank des Schlachtfeldes entkommen.

3 . Nach neunzehn Tagen kehrte der Verstand allmählich zurück
    Erik erhält einen Posten – Die erste Inspektionsreise – Pest – Wie man Ansteckung sah – Der Wahnsinn im Wald – ‹Mit großer Mühe wieder auf dem Pferd› – Zu einer Herberge – ‹In großer Angst und Furcht› – Das Boot im Schilf – Verstand und Erinnerung kehren zurück
    Die Armee blieb noch einige Zeit bei Warschau. Die Truppen waren erschöpft, und sie hatten Mangel an Pferden, die wie üblich während der

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