Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges
nur Geld hatte, konnte man alles kaufen, von einer kleinen Kompanie bis zu einer kompletten Armee. Dem Inhaber des Patents oblag es, die für Werbung und Ausrüstung des Verbands notwendigen Mittel vorzuschießen. Dies war eine zweckmäßige Regelung, nicht nur weil die Fürsten des 17 . Jahrhunderts ständig an schwerer Geldnot litten, sondern auch, weil man mit gewissem Recht davon ausging, dass die Schuldverbindung den Patentinhaber an den Auftraggeber band; der Erstgenannte konnte ja nicht einfach sein teures Regiment nehmen und sich auf und davon machen, denn dann würde er seine Auslagen nie zurückbekommen.
Die Aufstellung eines Verbands konnte dann folgendermaßen vor sich gehen: Für jede Werbungskampagne wurde ein spezieller Musterungsplatz ausersehen. Von diesem Platz aus zogen die Werber ins Land hinaus bis zu einer festgelegten Grenze, die in der Regel zwischen drei und fünf Tagesreisen entfernt lag, also zwischen 100 und 150 Kilometer. Kopien des Patents wurden angeschlagen, oder es wurde an vielbesuchten Orten und vielbefahrenen Straßen ausgerufen, oft zum Klang von Trommeln, dann nahmen die Werber ihren Platz ein, entweder in einem mitgeführten Zelt oder an einem gemieteten Tisch in einer Schankstube oder einem Wirtshaus. Zu diesem sogenannten Laufplatz kam dann der angehende Soldat. Dort bekam er sein Handgeld, das je nach seiner Erfahrung, seiner Größe, seinem Gewicht sowie dem Zulauf williger Werbungsobjekte variieren konnte. Eine übliche Summe waren jedoch 20 Taler für einen Reiter und 10 Taler für einen Fußsoldaten, was ungefähr zwei oder drei Monatslöhnen eines einfachen Arbeiters entsprach. Dann wurde sein Name in die Rolle des Verbands eingetragen, und er wurde zusammen mit anderen neu Geworbenen zuerst zu einem Sammelplatz geschickt, von wo sie später gemeinsam und unter Bewachung zum Musterungsplatz geführt wurden. (Es war nichts Ungewöhnliches, dass neu Geworbene sich mit ihrem Handgeld aus dem Staub machten.) Der Musterungsplatz wurde vielleicht sechs Tage offen gehalten – der Grund für die zeitliche Begrenzung war, dass diese Sammlungen stets wüste Angelegenheiten waren, bei denen Sauforgien, Diebstähle, Schlägereien und Ausschweifungen an der Tagesordnung waren. Am siebten und achten Tag gab man Waffen und andere Ausrüstung an die Männer aus. Am neunten Tag kam der Befehlshaber und musterte den Verband Mann für Mann, woraufhin sie zum ersten Mal Aufstellung nahmen. Vor den ausgerichteten Gliedern verlas er dann das Patent, stellte den Soldaten die höheren Offiziere vor, überreichte den Fahnenträgern unter Musikbegleitung die Feldzeichen – bettlakengroße Fahnen für das Fußvolk, kleinere Standarten für die Reiterei – und nahm den gemeinsam gesprochenen Gehorsamseid der Soldaten entgegen. (Feldzeichen, in der Regel aus Seide oder Taft hergestellt und schön verziert mit Stickerei oder Malerei, hatten eine große psychologische Bedeutung, ganz einfach weil sie das einzige einigende Symbol für die Söldner darstellten. Es war für einen Verband eine unerhörte Schande, sein Feldzeichen zu verlieren. Im schlimmsten Fall konnte dies dazu führen, dass die Verantwortlichen arkebusiert oder enthauptet wurden und der Rest der Einheit aufgelöst wurde.)
Ein neuer Verband wird aufgestellt. So ordentlich gekleidet und gut ausgerüstet waren die Soldaten selten.
Dann ging es los. Theoretisch konnten sie am zehnten Tag in der Schlacht stehen.
So war es jedoch äußerst selten. Alle Befehlshaber wussten, dass diese bunte Versammlung von Männern, wenn sie einen Wert haben sollte, zuerst in eine gut getrimmte Kampfmaschine verwandelt werden musste, die alle neuen Kampfmethoden beherrschte und in ihren einzelnen Teilen wie auch als Ganzes funktionierte. (Die einzige Ausnahme scheint gewesen zu sein, wenn Leute geworben wurden, um Verluste in einem alten Verband zu ersetzen. Dann scheint ein großer Teil der Ausbildung im Rahmen der laufenden Routine stattgefunden zu haben: Die Neuen mussten von den Alten lernen, wie man es machte.) Der schottische Söldner Robert Monro, der unter anderem bei Breitenfeld für die Schweden gekämpft hatte, empfahl folgenden Ausbildungsplan für Fußsoldaten: Jede Kompanie von 120 Mann wurde in Züge und Rotten eingeteilt – eine Rotte war die kleinste Einheit des Verbands und bestand aus sechs Mann. Die Erfahreneren wurden zu Rottenmeistern ernannt. In der ersten Woche sollten der Rottenmeister und sein Stellvertreter die anderen
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