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Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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empfangen. Erik berichtet, dass da «ein Teil verletzt und ein Teil getötet wurden» – es war wahrscheinlich das erste Mal, dass er Menschen im Kampf sterben sah. Es zeigte sich, dass Schielbein von einer Truppe von 60 Musketieren und 30 Reitern unter dem Befehl eines Hauptmanns Gutwein besetzt war. Das Schloss war von den Kaiserlichen gut befestigt worden, und offenbar war Königsmarck nicht richtig darauf vorbereitet, auf so energischen Widerstand zu stoßen, sodass die schwedischen Kolonnen nach einem kurzen Feuergefecht mit hängenden Ohren von dem Schloss abließen, das stattdessen von einer zurückgelassenen Einheit von 300 Mann zerniert wurde. Am folgenden Tag wurden die Operationen fortgesetzt. Königsmarck ließ das Schloss sausen. Die gesamte Truppe wurde stattdessen in Schlachtordnung aufgestellt. Die Linien formierten sich, erstarrten auf den herbstkalten Feldern, und dann marschierten sie ab, direkt auf das kaiserliche Lager bei Belgard zu. Königsmarck wollte Krockows Truppen in offener Feldschlacht entgegentreten.
    Die lange Reihe quadratischer Formationen von Männern, gekrönt von schwankenden Reihen bunter Standarten und Wimpel, erreichte zuerst den kleinen Fluss Persante. Unmittelbar jenseits des geschwungenen Wasserlaufs lagen die Stadt und das befestigte Lager. Belgard war ein kleiner Ort in einer flachen und offenen Landschaft; hinter einer alten Ringmauer lagen die Hausdächer dicht gedrängt, nur die mit einem Kreuz versehene Kirchturmspitze ragte über das Einerlei hinaus. Das Lager der Kaiserlichen lag westlich der Stadt, direkt an die Ringmauer und an den Fluss angrenzend und ordentlich eingerahmt von einem Wall und vier sternförmigen Schanzen. Von einem alten Gutshof unten am Fluss, den die Kaiserlichen in Brand gesteckt hatten, stieg Rauch auf. Ansonsten war alles still. Die Gegner der Schweden lagen ruhig hinter ihren Wällen in dem befestigten Lager und dachten nicht daran, sich zu zeigen. Drei Kanonenschüsse dröhnten in der Herbstluft: kaiserliche Losung. Das war alles. Die Schweden antworteten mit der schwedischen Losung: zwei Schüsse. Mehr geschah nicht. Gespannte Erwartung löste sich in einem Gähnen.
    Um wenigstens etwas ausgerichtet zu haben, ließ Königsmarck einige Soldaten über den Fluss schwimmen, um ein paar hundert Stück Vieh, die dort auf einem Feld weideten, zusammenzutreiben. In aller Eile wurde eine kleine Brücke errichtet, und Erik konnte sehen, wie die eingefangene Beute unter Beschuss auf die schwedische Seite herübergetrieben wurde. Aber niemand wurde getroffen. Einige Schwadronen mit schwedischer Reiterei schlängelten sich über die schmale Brücke und drangen gegen Belgard und einen feindlichen Posten neben dem Galgen auf einem Hügel vor, der sonst als Hinrichtungsplatz der Stadt diente. Da ritten ein paar kaiserliche Schwadronen auf die gepflügten Äcker im Nordosten der Stadt hinaus und machten Front gegen die Schweden, die daraufhin stehen blieben. Erik kommentierte die Geschehnisse dieses Tages, des 12 . Oktober 1643 , wie folgt: «So geriet ich unvermutet in den Krieg, ohne damals zu ahnen, daß Gottes Vorsehung mich später zu einem Soldaten und Mann des Krieges ausersehen hatte.»
    Am folgenden Tag ging das Spektakel weiter. Die Kaiserlichen machten keine Anstalten, die Herausforderung der Schweden anzunehmen und herauszukommen, um zu kämpfen, und so brachten die Schweden ihre Kanonen in Stellung und begannen, das Lager und die Stadt zu beschießen. Die langen, zischenden Bogen der stählernen Kugeln spannten sich über den schmalen Wasserstreifen und verschwanden mit einem dumpfen Aufschlag hinter den Mauern der Stadt und den Wällen des kaiserlichen Lagers. Königsmarcks Truppe war eigentlich mit einer für diese Situation ungeeigneten Artillerie ausgerüstet. Sie hatte leichte Kanonen mit hoher Feuergeschwindigkeit, die für Gefechte im Feld gedacht waren. Hier hätten sie Mörser oder jedenfalls Haubitzen benötigt, die Sprenggranaten zwischen die eingegrabenen Verteidiger hätten werfen können. Eine gewöhnliche Kanonenkugel, die aus einer der Kartaunen oder Sechspfünder abgefeuert wurde, die nun am Fluss aufgefahren waren, richtete nämlich wenig oder gar keinen Schaden an, wenn sie einen Erdwall traf, und schlug oft nur ein sauberes Loch in eine Mauer oder ein Haus. (Die Ruinen dieser Zeit waren deshalb nicht zu vergleichen mit den von Steinsplittern gefüllten Kratern unserer Zeit. Wenn die Häuser nicht niedergebrannt waren,

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