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Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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diesen außerdem den geheimen Feldzugsplan übergeben (den Schweden und Franzosen gemeinsam in Leipzig erarbeitet hatten)! Die Bayern und die Kaiserlichen hatten schon früher vermutet, dass etwas Derartiges im Gang war, und sie bekamen dies nun auf die schönste Weise bestätigt. Gegen Ende Mai, nachdem das kaiserliche Heer durch neue Finanzmittel und Verstärkungen wieder einigermaßen auf die Beine gestellt war, setzten sie deshalb ihre Streitkräfte nach Norden in Bewegung, um zu verhindern, dass die Feinde ihre Truppen vereinigten. Die Situation hatte sich plötzlich umgekehrt. Der Hauptteil der feindlichen Heeresmacht marschierte auf die schwedische Armee zu, die sich jetzt, nachdem sie vergeblich ihren Teil des Vereinigungsplans erfüllt hatte, in einer gefährlichen, isolierten Position ohne Unterhalt befand. Es hätte schlimm ausgehen können. Zum Glück für die Schweden waren sich auch ihre Feinde uneinig, warum, wohin und wie sie marschieren sollten – nicht zuletzt waren die Kaiserlichen höchst misstrauisch gegenüber dem bayerischen Kurfürsten und seiner machiavellistischen Diplomatie. Wrangel, lüstern auf Schlachtruhm und Ehre und ein wenig moralisch gestärkt, nachdem Königsmarcks Korps nach langen mäandrischen Schlenkern endlich eingetroffen war, wollte sich den feindlichen Truppen mit breiter Brust entgegenstellen. Die höheren Armeeoffiziere weigerten sich jedoch – ein weiteres Beispiel für die mangelnde Autorität ihres höchsten Chefs. Resigniert warf er die Arme in die Luft. Die Armee zog sich nach Norden zurück und grub sich sorgfältig in einem befestigten Lager auf der Höhe von Amöneburg ein. Dort blieb sie den größten Teil des Sommers 1646 . Die Kaiserlichen unter dem Befehl von Leopold Wilhelm tauchten auf und schnupperten ein wenig an den schwedischen Linien, doch nach einem kleineren Scharmützel am Nachmittag des 25 . Juni entschieden sich die uneinigen Befehlshaber – die untereinander so zerstritten waren, dass man später versuchte, den Kaiser persönlich zum Heer kommen zu lassen, um die Streitereien zu schlichten –, einen direkten Angriff auf die Schweden zu vermeiden und stattdessen zu versuchen, sie auszuhungern. Nach knapp einem Monat zeigte sich, dass sie selbst ausgehungert worden waren. Wrangels Männer erhielten ihren Unterhalt aus hessischen Vorratslagern in der unmittelbaren Nachbarschaft, während die Kaiserlichen ihren Bedarf aus Magazinen in Franken bezogen; ihre Versorgungswege waren daher so lang, dass das Brot unterwegs verschimmelte. Außerdem herrschte in der sommerlichen Hitze Wassermangel; Krankheiten forderten einen enormen Tribut an Menschen und Pferden, und die Disziplin in der kaiserlichen Armee, die früher schon so starke Zersetzungserscheinungen gezeigt hatte, begann erneut zu verfallen.
    Am 31 . Juli, zweieinhalb Monate nach dem geplanten Datum, vereinte sich Turennes französische Armee endlich mit Wrangels Truppen, die zu Ehren dieses Anlasses in der Sommerhitze in Schlachtordnung aufgestellt waren und die heranrückenden Kolonnen mit freudigen Salutschüssen grüßten. Mazarin hatte es inzwischen aufgegeben, Maximilian von Bayern in das französische Lager zu locken, und Turenne die Erlaubnis erteilt, sich mit den Schweden zu vereinigen. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Kaiserlichen ihr Hungerlager bei Amöneburg verlassen – sie sollen bei diesem Zermürbungskrieg 5000 Mann verloren haben, ohne dass ein einziger Kampf von Bedeutung stattfand.
    Anfang August brach das vereinigte schwedisch-französische Heer sein Lager ab, zeigte wenig Interesse für die aufs Neue eingegrabene feindliche Armee und ihre Kanonaden und verschwand in einer gewaltigen Staubwolke in Eilmärschen nach Süden. Die überrumpelten kaiserlichen Truppen hetzten ihnen nach, es wurde ein Wettlauf hinunter nach Bayern, einem der wenigen deutschen Länder, die rein von der Versorgung her in einem so guten Zustand waren, dass große Armeen sich dort aufhalten konnten. Aber es war wie immer schwierig, ein so schnelles Manöver auszuführen. Die Wege waren schmal und schlecht. Die Eilmärsche zehrten an Menschen und Tieren. Die Mannschaften waren zuweilen so erschöpft, dass die oberste Führung sie nicht für kampftauglich hielt, und da so viele Pferde verendeten oder am Ende ihrer Kräfte waren, wurde ein großer Teil der Trosswagen in den Gräben entlang der gewundenen Wege zurückgelassen. Auch die Artillerie bereitete große Schwierigkeiten auf den schnellen

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