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Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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Zeichner, Reisender und Briefeschreiber gab es im Herbst 1647 . Da wurde die schöne, doch labile Mutter der Königin Christina, die Königinwitwe Maria Eleonora, aus Berlin in Pommern erwartet. Sieben Jahre waren vergangen, seit sie, als Bürgersfrau verkleidet, mit dänischer Hilfe ihre spektakuläre und ungnädig aufgenommene Flucht aus Schweden bewerkstelligt hatte. Der dänische König Christian hatte offenbar lediglich daran gedacht, ihr zur Rückkehr in ihre brandenburgische Heimat zu verhelfen. Zu Christians großer Enttäuschung hatte sich aber der Kurfürst von Brandenburg, Maria Eleonoras leiblicher Bruder, überraschend geweigert, sie aufzunehmen, woraufhin sie in Dänemark geblieben war. Maria Eleonora war damals gründlich unzufrieden gewesen mit dem hässlichen, kalten Schweden, doch hatte es nicht lange gedauert, bis sie die Luft in Seeland «ungesund» fand. Als später ihr Neffe Friedrich Wilhelm Kurfürst wurde, erhielt sie schließlich die Erlaubnis, nach Brandenburg zurückzukehren, doch endlich dort angekommen, begann sie sogleich, sich nach Schweden zurückzusehnen. Nun war sie auf der Reise nach Stockholm und zu ihrer Tochter, die sie seit 1640 nicht gesehen hatte. Ihre Fahrt durch Pommern bescherte den schwedischen Beamten dort eine ganze Menge Arbeit; denn wie immer, wenn hochvornehme Personen unterwegs waren, galt es, dafür zu sorgen, sie mit einem angemessen pompösen Rahmen zu umgeben. Der lokale pommersche Adel wurde deshalb schnell zusammen mit allen «königl. Bediensteten» aufgeboten, um sie zu begrüßen. Der Empfang Maria Eleonoras fand in Damgarten statt, wo sie Mitte Oktober 1647 eintraf. Erik war dabei, und vielleicht kann man seine Skepsis gegenüber der feudalen Hochherrlichkeit in den lapidaren Formulierungen seines Tagebuchs ahnen, wo er schreibt, wie die Königinwitwe mit Salutschüssen «und dergleichen» geehrt wurde.
    Im Sommer 1648 begegnete Erik Jönsson erneut dem Pfalzgrafen Karl Gustav. Dieser war in Demmin eingetroffen, nun aber in seiner Eigenschaft als Generalissimus über die schwedischen Truppen in Deutschland, ein Posten, den er von Christina zum Geschenk bekommen hatte als eine Art Entschädigung dafür, dass er nicht sie bekam. Als Karl Gustav im Dezember 1645 nach Stockholm zurückgekehrt war, war er gut empfangen worden, von Christina ebenso wie vom Rat. Die Jahre im Feld hatten ihm auch bei den Ratsaristokraten, die früher gegen ihn und die Thronfolgepläne seiner Familie gearbeitet hatten, einen gewissen Respekt eingebracht. Christina äußerte sich mit vielen lobenden Worten, doch die geplante Heirat überging sie merkwürdigerweise mit Schweigen. Karl Gustav war aus Deutschland zurückgekehrt, um sie in den Stand der Ehe zu führen, doch Christina weigerte sich, über Liebe und Ehe zu sprechen, weigerte sich, zärtliche Phrasen auszutauschen, war ständig von immer neuen, überaus wichtigen Staatsgeschäften in Anspruch genommen und entzog sich jedes Mal geschickt, wenn Karl Gustav die Angelegenheit zur Sprache bringen wollte. Die Luft vibrierte von Getuschel und Gerüchten, aber erst im Sommer 1646 ging dem etwas tumben und unsensiblen Pfalzgrafen die Wahrheit auf. Christinas einstige Liebe zu ihm war erloschen. Eine Ehe kam nicht in Frage. Für Karl Gustav, der geglaubt hatte, sein Verhältnis mit der jungen Königin werde ihm den Weg ebnen zu Macht und Herrlichkeit, war dies natürlich eine Katastrophe. Betrübt bemerkt er in einem Brief: «Ich muß die ganze Welt durchlaufen als ein Verlorener, der sein Glück und Unglück allerorten mit gleicher Geduld ertragen muß.» Was war geschehen? Der Platz des Pfalzgrafen in ihrem Herzen war nicht von einem anderen eingenommen worden – ganz so einfach war es nicht. Die Schwärmerei der Königin für den geschniegelten Magnus Gabriel De la Gardie hatte bis zum Frühjahr 1647 gedauert, da hatte sie sich zu einer engen Freundschaft gewandelt. Im Herbst dieses Jahres hatte sie zu erkennen gegeben, dass sie sich eine Ehe mit Karl Gustav vorstellen könne, doch «ausschließlich aus Staatsgründen, ohne Liebe, auf Begehren der Stände und ihrer Untertanen». Sowohl der Reichstag als auch der Rat drängten und wollten die Königin gern verheiratet sehen, denn andernfalls war die Thronfolgefrage ungelöst – und alle wussten, dass kaum etwas gefährlicher war für die Stabilität eines Reichs als der Anblick eines gähnend leeren Throns. Doch Christina hatte sich bereits entschieden. Sie wollte den

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