Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges
rund sieben Millionen Reichstalern, eine ungeheure Summe (als die Dänen 1613 eine Million Reichstaler für die Rückgabe der Festung Älvsborg verlangten, hatte dies den schwedischen Staat nahezu ruiniert). Als die Burgbesatzung auf dem Hradschin wieder in Rudolfs alte Wunderkammer eingelassen wurde, waren die früher so überfüllten Säle gähnend leer; nur ein paar zerbrochene Gipsskulpturen und riesige Stapel leerer Bilderrahmen waren übrig geblieben.
Der Coup von Prag erschütterte das katholische Deutschland. Danach war klar, dass Kaiser Ferdinand den Krieg verloren hatte. Er selbst begriff, dass er schnell Frieden schließen musste, denn was von Prag noch übrig blieb, war einer wütenden Belagerung durch Königsmarcks Korps ausgesetzt, und wenn seine Residenzstadt fiel, würde er auch ganz Böhmen verlieren. (Bereits im Februar hatte der Kaiser um die Sicherheit der Stadt gefürchtet. Da war er, um die Schweden fernzuhalten, vor dem Altar im Veitsdom auf dem Hradschin auf die Knie gefallen und hatte viertägige Bußmessen angeordnet. Offensichtlich hatte es nicht geholfen.) Es sah auf der ganzen Linie finster aus in diesem verregneten Sommer 1648 . Auch wenn die schwedisch-französische Offensive in Bayern aufgrund von Versorgungsschwierigkeiten zum Stillstand gekommen und in einen ziemlich sinnlosen Stellungskrieg gemündet war, gingen die Verheerungen weiter; es war nicht zu erwarten, dass der hart bedrängte bayerische Kurfürst noch lange an der Seite des Kaisers ausharren würde. Außerdem war der neue Generalissimus Karl Gustav gerade mit seinem großen Sukkurs gelandet und befand sich auf dem Weg nach Süden, und eine weitere schwedische Armee unter Wittenberg rückte über Tabor auf die österreichische Grenze vor. Und schließlich kam im August die Nachricht, dass die spanische Armee, die in Nordfrankreich gegen die Franzosen kämpfte (unter dem Befehl von Ferdinands Bruder Leopold Wilhelm), bei Lens eine katastrophale Niederlage erlitten hatte. In Deutschland besiegt, konnte der Kaiser nicht länger auf Hilfe aus Spanien hoffen, sondern musste sogar befürchten, dass sich der Druck auf ihn und seine Verbündeten noch verstärken werde. Ferdinand sah schließlich ein, dass er keine andere Wahl hatte, als den Kopf zu senken und Frieden zu schließen. Die Kaiserlichen und die Franzosen hatten sich praktisch im Frühjahr 1647 über ihre Friedensbedingungen geeinigt, und im März 1648 war Schwedens territorialen Forderungen entsprochen worden, als die Gegenseite zustimmte, Vorpommern und einen Teil Hinterpommerns, Wismar, Bremen und Verden zu schwedischen Besitzungen zu machen. Kurz darauf hatte man auch in kirchlichen Fragen eine Einigung erzielt: Katholiken und Protestanten sollten volle Gleichstellung erhalten, die Konfessionsgrenzen sollten auf den Stand vom 1 . Januar 1624 zurückgeführt werden, und alle, die nicht das Recht hatten, ihr Bekenntnis öffentlich auszuüben, sollten die Möglichkeit haben, dies in Abgeschiedenheit zu tun. Blieb nur die Sache mit der Finanzierung der Abdankung des schwedischen Heeres. Unter dem Punkt
a quo
(von wem) wurde bestimmt, dass die deutschen Reichsstände für die Kosten aufkommen sollten, aber dann hakte es aus verständlichen Gründen bei dem Punkt
quantum
(wie viel). Anfang Juni akzeptierten die schwedischen Gesandten schließlich ein Angebot von fünf Millionen Reichstalern. Nach einer Phase neuerlichen Feilschens wurde Anfang September das versiegelte Friedensdokument mit seinen 128 Punkten im bischöflichen Hof in Osnabrück deponiert. Nun musste nur Kaiser Ferdinand seine Zustimmung geben, dann war der Friede Wirklichkeit.
Es war dramatisch und ungewiss bis zuletzt. Unter den deutschen Reichsständen, die im Verlauf der Verhandlungen immer größeren Einfluss gewonnen hatten, herrschte ungeachtet der Konfessionszugehörigkeit große Empörung über viele Zugeständnisse, mit denen der Friede mit Schweden und Frankreich erkauft wurde. Es gab Drohungen, den Kaiser abzusetzen, und Gerüchte besagten, dass mehrere deutsche Länder gemeinsame Sache gegen alle schmarotzenden Ausländer machen wollten. Als der Brief mit Ferdinands Bescheid in der Friedensfrage endlich aus Wien eintraf, teilten die kaiserlichen Gesandten mit, dass sie ihn nicht verstehen konnten, da sie leider den Chiffrierschlüssel verloren hatten, den sie brauchten, um ihn zu dechiffrieren. Sie erhielten eine Woche Aufschub, während neue Gerüchte und Drohungen durch die Luft
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