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Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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widerstehen. Er setzte sein Korps nach Osten in Bewegung. Das Ziel war Prag, aber Königsmarck wusste, dass alles von der Geheimhaltung des Plans abhing, weshalb der Vormarsch in einen Schleier von Winkelzügen, falschen Gerüchten und verwirrenden Täuschungsmanövern gehüllt wurde.
    Am 13 . Juli änderte das Korps abrupt die Richtung, ließ Pilsen im Rücken und verschwand in aller Stille auf Prag zu. Eine Avantgarde von 200 Reitern ritt voraus und fegte Reisende und Soldaten aus dem Weg. Jeder, den sie trafen, wurde angehalten und gefangen genommen, damit niemand vor dem Anmarsch der Schweden Alarm schlagen konnte. Am Tag danach erreichte man Rakonitz. Prag lag 50 Kilometer entfernt.

3 . Königsmarcks großer Coup
    Die Operation wird vorbereitet – Nach Prag hinein – Straßenkämpfe und Diebereien – Eine sagenhafte Beute – Das Kuriositätenkabinett Rudolfs II. – Neue Zugeständnisse in Westfalen – Ein Chiffriercode verschwindet – Die Unterzeichnung des Friedensvertrags in Münster – Die Belagerung Prags – ‹Nicht ein Tag ohne Feuer› – Karl Gustav trifft ein – Neue Erstürmungsversuche – Die Glocken verkünden den Frieden – Warum fliegen die Störche nach Norden?
    In Rakonitz ließ Königsmarck die gesamte Artillerie und den ganzen Tross, von 200 Dragonern bewacht, zurück. Die Pferde der Wagen und Geschütze wurden ausgespannt. Das ganze Fußvolk, rund 1000 Musketiere, wurde beritten gemacht, und zusammen mit den 2000 Reitern des Korps – darunter ein Teil alte Bernhardiner – ritten sie gegen zehn Uhr am Vormittag des 15 . Juli 1648 , einem Samstag, auf Prag zu. Am Nachmittag glitten die Kolonnen leise in einen Wald in nicht allzu großer Entfernung von der Stadt. Hier, in den sommerwarmen Wäldern, wurden die letzten Vorbereitungen getroffen. Königsmarck verkündete den Truppen, was auf sie zukam, und stellte ihnen große Beute in Aussicht. Odowalsky hatte eine Liste der wichtigsten Einwohner der Stadt und ihrer Adressen zusammengestellt; alle wohnten auf der sogenannten Kleinseite von Prag am westlichen Ufer der Moldau. Die Liste der Adelspalais wurde durchgegangen, und die Soldaten erfuhren, welches Palais gerade sie plündern dürften. Direktiven für den eigentlichen Vorstoß in die Stadt wurden auch gegeben: Jeder, der mit Waffen in der Hand angetroffen wurde, sollte niedergehauen werden, und auf alle, die sich in den Fenstern zeigten, sollte geschossen werden. Die Truppen wurden in verschiedene Sturmkolonnen eingeteilt, und einige mussten ihre Ausrüstung mit Äxten und anderem vervollständigen. Dann galt es nur noch, die Dämmerung abzuwarten. Ein Teil der Soldaten vertrieb sich die Zeit im Wald mit Kartenspiel und Würfeln.
    Nach Einbruch der Dunkelheit ritten sie los. Als Erkennungszeichen trugen sie Eichenlaub an den Hüten.
    Gegen Mitternacht kamen sie zum Weißen Berg, fünf Kilometer von der Kleinseite entfernt. Der Vortrupp von 100 Mann unter Führung von Odowalsky selbst und begleitet von Königsmarck schlich sich in einen Park, der das kaiserliche Lustschloss Stern umgab. Noch gab es keine Anzeichen, dass sie entdeckt waren.
    Gerade da hörten sie Laute. Der Sommerwind trug Glockengeläut herüber, dem bald der Klang einer zweiten Glocke folgte. Der sonst so kühle Königsmarck wurde plötzlich nervös; er glaubte, in der Stadt werde Alarm gegeben. Odowalsky, der in Prag Dienst getan hatte, konnte ihn damit beruhigen, dass dies nur die Mönche im Brevnovkloster und im Kapuzinerkloster bei der Königsburg, dem Hradschin, seien, die zur Mitternachtsmesse riefen.
    Der Rest der Truppen wurde im Dunkel herangeführt. Fußvolk und Dragoner saßen ab, ließen ihre Pferde im Lusthauspark zurück und zogen leise weiter. Königsmarck und die Kavallerie blieben in einem abgebrannten Dorf knapp einen Kilometer vor den Mauern. Das Fußvolk und die Dragoner rückten noch ein Stück vor, versteckten sich dann aber in einigen Gärten, die direkt vor dem Westtor der Kleinseite lagen. Odowalsky mit dem Vortrupp schlich weiter vor bis zum Wallgraben. Alles war still.
    Die Stelle für den Einbruch war gut gewählt. Seit einiger Zeit wurden an den Mauern Ausbesserungsarbeiten durchgeführt, und im Wallgraben zwischen zwei Bastionen lag ein großer Erdhaufen, wo die Grabenden ihre Schubkarren entleerten. Der Haufen reichte fast bis an die Mauerkrone. Hier gingen Odowalsky und seine 100 Männer in Deckung. Sie warteten.
    Ungefähr eine Stunde vor Anbruch der Morgendämmerung, als die

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