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Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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Möglichkeit erwogen, von Deutschland aus einen Angriff auf Polen zu führen, um einen vorteilhaften Frieden mit den bös in der Klemme sitzenden Polen zu erzwingen. Christina sandte auch eine geheime Instruktion an Karl Gustav, in der dieser Plan dargelegt wurde, doch das Ganze verlief im Sande. Die Idee eines Überfalls auf Polen hatte jedoch offensichtlich bei Karl Gustav, diesem jungen Feldherrn, der sich durch den Frieden um kriegerische Ehre und Beute betrogen sah, Wurzeln geschlagen. Außerdem gab es keinerlei Anzeichen dafür, dass die sozialen und politischen Erschütterungen in Europa nachließen. Gerade im Jahr 1648 trieb die Unruhe einem Höhepunkt zu – 1648 ist die Entsprechung des 17 . Jahrhunderts zu unserem Jahr 1917 . Außer den Unruhen, die noch immer bei Neapel und auf Sizilien anhielten, in Katalonien, in Portugal, in England – wo der König wieder im Gefängnis saß und radikale und moderate Revolutionäre um die Macht rangelten –, in Schottland und Irland, brachen neue politische Revolten und Volksaufstände in Moskau, in Österreich, in Holland, in der Türkei – wo der Sultan, Ibrahim, von seiner eigenen Palastwache abgesetzt wurde – sowie in Frankreich aus. Eine neue Revolte brach in Ormée im südwestlichen Frankreich aus, während zur gleichen Zeit die zuvor genannte Fronde binnen kurzem zu einem großen und reichlich verworrenen revolutionären Bürgerkrieg eskalierte. Dass trotz allem in diesem Jahr in Westfalen Frieden geschlossen wurde, muss wohl teilweise vor dem Hintergrund dieser Turbulenzen rundum in Europa gesehen werden, die den Herrschenden einen gewaltigen Schrecken einjagten. Wem würde als Nächstes die Stunde schlagen? Gerade die Fronde war ein merkwürdiges Dreiecksdrama, das zeigt, wie kompliziert sich die politischen Gegensätze im 17 . Jahrhundert darstellen konnten. Dort war die Königsmacht (mit dem inzwischen allgemein verhassten Mazarin an der Spitze) auf der einen Seite mit einer revolutionären Bürgerschaft in mehreren Städten aneinandergeraten, die, von den Ereignissen in England angespornt, Forderungen nach größerem Einfluss und einer konstitutionellen Regierungsform erhob, und auf der anderen Seite mit einem reaktionären Hochadel, der wie die meisten anderen Aristokratien in Europa seine Macht untergraben und seinen Platz an der Sonne überschattet sah von einem anschwellenden Staat und nun versuchte, die Uhr mit dem Degen zurückzudrehen. Die Ereignisse in Frankreich ließen die Regierenden in Stockholm aufhorchen, besonders nachdem klar war, dass Carl Gustav Wrangels alter Waffenbruder Turenne sich den Revoltierenden angeschlossen hatte. Der schwerbedrängte Hof in Paris sandte Hilfsgesuche an den Pfalzgrafen Karl Gustav. Königin Christina, die noch nie eine auffallend pazifistische Neigung hatte erkennen lassen, wollte ein schwedisches Heer unter der Führung ihres aufgeputzten Günstlings Magnus Gabriel De la Gardie nach Frankreich entsenden. Es gab aber niemanden sonst, der dies für eine gute Idee hielt – und das nicht nur, weil De la Gardies militärische Begabung mäßig war –, und widerstrebend musste die junge Königin den Gedanken fallenlassen.
    Nachdem die wilden Pläne von neuen Kriegen – vorübergehend? – in einer Schreibtischschublade abgelegt waren, schwenkten die Herrschenden in Stockholm auf einen friedlicheren Kurs ein. Die ausgehobenen schwedischen Soldaten marschierten, soweit sie noch am Leben waren, zur Ostseeküste, wo Schiffe darauf warteten, sie nach Hause zu bringen. Aber es ging langsam. Die Västmanländer, die auf Wrangels weitläufigen Hungerkampagnen so viele Soldaten verloren hatten, dass sie nicht mehr als feldtauglich angesehen wurden, kamen erst im September 1649 nach Stockholm zurück: Insgesamt waren im Lauf der Jahre rund 3000 Mann ausgehoben worden, um die Glieder dieses Verbands aufzufüllen. Das Dalslandregiment, das wie viele andere reichsschwedische und finnische Verbände die letzte Zeit nur in der Garnison gelegen hatte, landete einen Monat danach in der Hauptstadt: 519 Mann waren im Jahr zuvor aufgebrochen, 492 kehrten zurück. Die Leibgarde, die bei Prag schwere Verluste erlitten hatte, wurde durch Stürme und Treibeis per Schiff in die Hauptstadt und anschließend nach Riga gebracht. Upplands Reiter durften 1649 ebenfalls nach Hause kommen: Im Verlauf der 18 Kriegsjahre in Deutschland waren 3225 Mann hinausgeschickt worden, 735 kehrten zurück. Das Fußvolk des Kronoborg-Regiments, das bei

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