Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges
Haufen gesammelt und später zum Küstenstreifen transportiert, wo sie entweder verschrottet oder in Arsenalen eingelagert wurden, die Tausende von Piken und Musketen enthielten. Ein Teil des schweren Materials wurde nach Schweden gebracht, während andere Kanonen anstelle von Bezahlung weggegeben oder ganz einfach manchen hohen Generalen zum Geschenk gemacht wurden. Wohin alle sonstige Ausrüstung verschwand, ist unmöglich zu wissen. Die abgedankten Soldaten nahmen anscheinend das meiste mit. Als die deutschen Dichter den Frieden bejubelten, entwarfen sie gleichnishafte Bilder, die das erfreuliche Geschehen illustrieren sollen: Das Wirtshausschild ist eine alte Standarte, das Pferd, das den Pflug zieht, hat einmal einen Kavalleristen getragen, der Pflug selbst ist aus eingeschmolzenen Degen gemacht, und die Schwalbe baut ihr Nest in etwas, das einst ein Helm war – poetische Bilder, die man vielleicht aber auch in der Wirklichkeit sehen konnte.
Auch die ausgehobenen reichsschwedischen und finnischen Soldaten wurden noch eine Zeitlang in Deutschland zurückgehalten. Die Regierenden in Stockholm hatten offenbar alles vergessen und nichts aus den Erfahrungen des langen Krieges gelernt, als die schwedische Kriegsmacht und damit auch die gesamte Eroberungspolitik ein ums andere Mal von Katastrophen, Niederlagen und mindestens fünfmal vom totalen Kollaps bedroht war: 1634 , nach dem Debakel bei Nördlingen; 1637 , als die ausgehungerten schwedischen Soldaten auf den Küstenstreifen zurückgedrängt wurden; 1641 , nach Banérs Tod, als allgemeine Meuterei drohte; 1644 , als der Blitzkrieg gegen Dänemark sich festgefahren hatte; und schließlich 1647 , als Bayern überraschend wieder in den Krieg eintrat und Wrangels Heer von den überlegenen feindlichen Streitkräften nach Norden gejagt wurde. Doch trotz dieser fünf Krisen und obwohl die Wahrscheinlichkeit häufiger gegen als für Schweden gesprochen hatte, war alles gutgegangen. Die kriegerische Politik hatte sich hervorragend ausgezahlt: in Land, Geld, Status. Das Volk in Schweden jubelte natürlich über den Frieden, und auch unter einflussreichen Militärs und Adligen in hohen Positionen herrschte offenbar große Erleichterung darüber, dass das lange, gefährliche Abenteuer endlich ein Ende gefunden hatte. Aber selbst im Augenblick des Triumphs, vielleicht gerade, weil es der Augenblick des Triumphs war, gab es Leute, die den Blick über den Horizont schweifen ließen, um nach neuen Brandherden Ausschau zu halten, wo vielleicht ein bisschen schwedische Einmischung angebracht wäre. Das gelinde gesagt absurde Regelwerk der Kriegsfinanzierung (die bewirkte, dass es zu teuer wurde, Frieden zu schließen) ließ sicher gewisse Leute darüber nachdenken, sofort wieder in einen neuen Krieg zu ziehen. Dies hätte unleugbar einen Teil der heiklen Probleme gelöst, die im Zusammenhang mit der Abdankung entstanden. Vielleicht ließen sie sich von der gleichen verquasten Logik leiten, die 1643 den Angriff auf Dänemark ausgelöst hatte: Wir haben eine Armee, die viel Geld kostet, aber wenig Gewinn bringt. Warum sie nicht zu etwas Nützlichem einsetzen? Als der Reichstag 1649 zusammentrat, waren die Stände besorgt. Sie meinten:
… ein frisch gewonnener Friede […] ist wahrlich keineswegs unähnlich einem frisch gelöschten großen Feuer, das jedoch viele verlassene Brände hat, die noch rauchen und leicht neu entfacht werden und in hellen Flammen auflodern können.
Wo sollte denn ein solches «Entfachen» stattfinden? Der Friede in Deutschland war keineswegs gesichert, und beide Seiten drohten einander von Zeit zu Zeit mit den Waffen. Ein Feldzug im Osten war ebenfalls eine Möglichkeit. Formal gesehen befand sich Schweden seit den zwanziger Jahren noch immer im Krieg mit Polen, und nachdem König Wladimir IV . gestorben war, mündete dort eine Periode scheinbarer Ruhe in einen heftigen Ausbruch innerer Unruhen. Unter anderem war die polnische Ukraine gerade in diesem Jahr von etwas erschüttert worden, das zweifellos eine Revolution war, gewaltsam, unkontrollierbar und umwälzend. Es gab nur wenige, die es zu diesem Zeitpunkt verstanden, aber gerade die Revolution in der Ukraine war eins der wichtigsten Ereignisse des 17 . Jahrhunderts, und sie sollte einen Erdrutsch zur Folge haben, der ganz Osteuropa erschüttern und am Ende eine schwedische Armee bis nach Warschau und Erik zu Triumphen führen sollte. Der Rat unter Königin Christina hatte im Verlauf des Jahres die
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