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Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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Spiele, das Erik Jönsson in Hanau zu zelebrieren die Ehre hatte, war Ringrennen. Dieser Sport, bei dem ein Reiter mit einer Lanze einen aufgehängten Ring treffen musste, galt als besonders nobel. Oder, wie Georg Stiernhielm, ebenfalls im
Hercules
, schreibt: «schieße und renne zum Ring, so oft sich Gelegenheit bietet,/daß du von Adelsgeschlecht magst scheinen und mehr als ein Bauer». Eriks voller Stolz getragener Grafenhut und seine Ringrennlanze zeigen, dass er den Adel im Innersten bewundert und dass er wie alle Imitatoren einer von ihnen werden will.

4 . Nach Jerusalem!
    Erik verliebt sich – Wie man Liebe und Verliebtheit sah – Nach Regensburg – Die Verhältnisse in Deutschland – Wer gewinnt, wer verliert? – Erik liefert seinen Abschlussbericht ab und reist nach Wien – Erik trifft de la Hay – Aufbruch ins Heilige Land – Über Pilgerfahrten – Über den religiösen Fanatismus – Über die Grenze
    Erik hatte sich mit Böckler, seinem Lehrer in Fortifikation, angefreundet, und bald war er auch gut Freund mit dem gleichaltrigen Matthäus Merian. Dieser war 1651 bis über beide Ohren verliebt in eine gewisse Antonetta Bartels, eine schöne Bankierstochter in der Stadt, und Erik wurde sein Vertrauter in dieser Angelegenheit und besorgte unter anderem den Austausch von Briefen zwischen dem jungen Paar, wenn sein Freund auf Reisen war, zeichnete, Porträts malte oder Wein verkaufte. Doch in dieser Zeit geschah noch etwas anderes Wichtiges. Auch Erik verliebte sich zum ersten Mal.
    In seiner Zeit in Frankfurt verkehrte Erik viel mit dem Postmeister Johan Beier und seiner Familie. Beier entstammte einer vermögenden bürgerlichen Familie aus Berlin und war seit dem Beginn der dreißiger Jahre in schwedischem Dienst. Er war von Axel Oxenstierna als Kanzlist angestellt worden und ihm 1636 nach Schweden gefolgt, wo er zum Sekretär des Kommerzkollegiums gemacht wurde; seine Kenntnisse in verschiedenen finanziellen und kaufmännischen Fragen waren anerkannt gut, und er hatte eng mit dem 1644 gefallenen Vorsitzenden der Behörde, Claes Fleming, zusammengearbeitet; Beier hatte zu denen gehört, die hinter den Kulissen die Fäden für die Betreibung der Kolonie Neuschweden gezogen hatten. Seit Neujahr 1643 war Beier Leiter des neueingerichteten Postwesens und war unter anderem als Redakteur der
Ordinari Post Tijdender
tätig gewesen. Beier war erfolgreich als Verwalter des Postwesens. Mehrmals war seine Anstellung von den Regierenden verlängert worden, und er verdiente auch nicht schlecht, unter anderem war er Besitzer des Gebäudes in Stockholm, in dem die Post untergebracht war. Am meisten interessierte Erik sich jedoch für Beiers Tochter Margareta, die seine erste Liebe wurde. Verliebt zu sein, war für ihn eine neue Erfahrung, und er war offenbar verlegen und unbeholfen. Sein Freund Merian tadelte ihn wegen seiner Zaghaftigkeit und seines plötzlichen Mangels an Unternehmungsgeist und forderte ihn auf, seinem Beispiel zu folgen – Merians beharrliches Werben um die schöne Antonetta Bartels hatte sich nämlich gelohnt und zur Ehe geführt.
    Dass Merian sich in eine Frau verliebte und sie dann heiratete, mag uns als die natürliche Ordnung der Dinge erscheinen, doch so war es nicht immer für die Menschen im 17 . Jahrhundert. Die Familie war wie gesagt in erster Linie eine Wirtschaftseinheit, und wenn Ehen geschlossen wurden, waren die Beweggründe häufig stärker von verschiedenen materiellen Interessen als von reiner Liebe zwischen den jungen Leuten bestimmt. Natürlich war es schön, wenn Gefühle mit im Spiel waren, aber dies wurde keineswegs als notwendig angesehen, eher als ein Luxus, den man sich nicht immer leisten konnte. Dass Verheiratete nicht verliebt waren, galt keineswegs als Hindernis: Liebe konnte ihnen als göttliches Gnadengeschenk im Lauf der Zeit zuteil werden. Smarte Vernunftehen, von Eltern und Verwandten ins Werk gesetzt, kamen in allen Gesellschaftsschichten vor. Die romantische Liebe gab es zwar, aber in erster Linie in der Dichtung. Im frühen Mittelalter hatten die Troubadoure sie besungen, und da vor allem in ihrer platonischen Form, nicht als Liebe zwischen Ehegatten. Die Vorstellung von der Verliebtheit als etwas Gutem und Preisenswertem fand erst durch die höfische Literatur am Beginn des 16 . Jahrhunderts größere Verbreitung, unter anderem dank der Buchdruckerkunst und der zunehmenden Lesefähigkeit. Im 17 . Jahrhundert wurde sie zu einem Thema, das nahezu die

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