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Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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gesamte Literatur der Zeit durchdrang. Das von den Dichtern vermittelte Bild der romantischen Liebe veränderte sich auch in einigen kleinen, aber wichtigen Punkten. Vor allem wurde das «Glückliche Ende» erfunden. Bis dahin hatten die Erzählungen von der Liebe stets in nachtschwarzer Tragik geendet. Die Leidenschaft der beiden Liebenden war sozusagen immer zum Tode verurteilt, außerhalb der Ehe eine Unmöglichkeit in einer Gesellschaft, in der Vernunftehen die Regel waren. Dass Verliebte in der Literatur des 17 . Jahrhunderts anfingen, «sich zu kriegen», war wohl auch ein Reflex der Realität, in der es immer mehr echte Liebesheiraten gab. Man kann darin aber auch einen Ausdruck der allgemeinen Sehnsucht fort von Unsicherheit, Chaos und Zerfall hin zu Stabilität, Ordnung und glücklicher Harmonie sehen, einer Sehnsucht, die infolge der Kriege und Revolutionen entstanden war.
    Die Beschreibung der Liebe und ihrer Folgen war jedoch noch immer sonderbar zwiespältig. Die Musik der Huldigungschöre enthielt stets ein paar schrille Nebentöne. Für die Menschen im 17 . Jahrhundert war Liebe stets mit Gefühlen von Hinfälligkeit, Unbeständigkeit, Schwäche und dem Verlust des Verstandes verbunden. Die Liebe wurde als etwas von außen, vom Himmel oder sonst woher Kommendes betrachtet, und sie störte das Gleichgewicht der Körpersäfte und der Sinne bis zu einem solchen Grad, dass sie Krankheiten und sogar den Tod verursachen konnte. Eine Person, der ein verliebter Blick zuteil geworden ist, kann anfangen zu weinen oder unbegreiflichen Unsinn zu reden. Als Cassianus in Percy Herberts
The Princess Cloria
aus dem Jahre 1653 Cloria erblickt, erscheint sie ihm wie «ein klarer Stern am Firmament», und er kann keine Ruhe mehr finden. In Urban Hiärnes
Stratonice
wird beschrieben, wie die Hauptperson zum ersten Mal die schöne junge Frau – die Titelfigur des Romans – erblickt, worauf er «wie von einem Blitz getroffen war und unvermutet ein Feuer in der Brust verspürte» – solche Liebe auf den ersten Blick war nach Meinung vieler erforderlich, wenn man von wahrer Liebe sprechen wollte –, und als er dann von ihr getrennt wird, wird er mehr oder weniger wahnsinnig, weint, seufzt – tiefe Seufzer durchziehen die Liebesromane dieser Zeit wie dichter Nieselregen –, verliert den Appetit, magert ab, zieht sich zurück, wird menschenscheu und so weiter. Manche sahen diese etwas krankhaften Züge des Verliebtseins als Grund an, der gegen Liebesheiraten sprach: Wie sollte man auf etwas so Hinfälligem etwas so Wichtiges wie eine Familie aufbauen? Dennoch wurde gerade im 17 . Jahrhundert die romantische Liebe zu einer Realität im Leben der Menschen.
    Es wurde immer üblicher, dass Menschen aus Liebe heirateten oder vor der Ehe innige Gefühle füreinander hegten. Es gibt manche Belege dafür, dass immer mehr Menschen meinten, Verliebtheit sollte bei der Partnerwahl eine Rolle spielen. Das strenge Moralisieren wurde ein wenig aufgelockert und machte offensichtlich einer etwas liberaleren Sicht jugendlicher Schwärmerei und vorehelicher Verbindungen Platz. Dennoch gab es viele Hindernisse für junge Verliebte, nicht zuletzt rein praktischer Art: Nach schwedischen Liedern aus dieser Epoche zu urteilen, hatten sie oft Schwierigkeiten, sich unter vier Augen zu treffen, und bösartiger Klatsch scheint für viele ein Problem gewesen zu sein. Erik Jönssons Problem dürfte allerdings vor allem seine Unerfahrenheit gewesen sein.
    Es ist fast eine Erleichterung, Eriks Wankelmütigkeit als junger Liebhaber zu sehen. Wo es um den Beruf, die Karriere und andere gewichtige Angelegenheiten ging, konnte er eine Energie und Kraft an den Tag legen, die zuweilen maschinenhaft, ja fast manisch wirken; im normalen Leben hingegen scheint er doch bedeutend linkischer gewesen zu sein. Sein Freund Merian fand ihn träger, als ratsam war, und schrieb ihm mahnende Briefe. Erik hatte aber keinen Erfolg, und diese erste Liebe endete, wie die erste Liebe es in der Regel tut: unglücklich. Gegen Ende des Sommers trennte sich Margareta Beier von Erik Jönsson. Im Tagebuch herrscht ein bemerkenswertes und überaus vielsagendes Schweigen über diese seine erste Verliebtheit. Einer kleinen Notenschrift mit französischem Text, die Erik irgendwann um diese Zeit schrieb, kann man entnehmen, dass er das Ganze sehr ernst nahm. Die Form mag unvollendet sein und die Worte reichlich bombastisch, doch die Gefühle, denen sie entsprungen waren, waren deshalb

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