Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges
Madrid brauchten nämlich riesige Summen, um diesen endlosen Krieg zu bezahlen, und sie betrachteten die italienischen Staaten als nahezu unerschöpfliche Steuerquelle. Eine fiskalische Belastung, die in besseren Zeiten auszuhalten war, beschleunigte nun die wirtschaftliche Abwärtsbewegung, und sowohl in Sizilien als auch im Königreich Neapel hatte die Unzufriedenheit des Volks über die spanische Ausbeutung zu großen, chaotischen Revolten geführt.
Weder das Volk noch die Herrschenden wollten oder konnten begreifen, dass das einst so prosperierende Italien im Begriff war, sich in eine triste und rückständige Region zu verwandeln. Viele Fürsten nahmen ihre Zuflucht zu der strahlenden italienischen Kultur, die zu dieser Zeit langsam von der französischen überflügelt wurde. Die schönen Städte mit ihren märchenhaften Anhäufungen von Palästen und Domen verkündeten Wahrheiten aus einer besseren Zeit und logen über das Jetzt, leere Hüllen, in denen man nur das Leben der Vergangenheit brausen hörte. Vor immer gravierendere Probleme im Handel und in den Manufakturen gestellt, begannen diejenigen, die noch etwas Kapital besaßen, es immer mehr in der Art und Weise zu benutzen, wie der europäische Feudaladel es immer getan hatte: zum Kauf von Land sowie für immer höher geschraubten Luxus. Es war wohl kein Zufall, dass der neue Stil, der später Barock genannt wurde, in Italien entstand. Überall auf der Halbinsel steckte der ratlose und immer stärker verunsicherte Adel kolossale Summen in Paläste und Villen, die nach der letzten Mode gebaut waren, um ihre Position in einer Zeit des Niedergangs zu behaupten. Bauwerke, Springbrunnen, Altäre und Statuen – alle gleich üppig, extravagant und ausladend – von Bernini, Borromini, da Cortona und anderen gefeierten Architekten tauchten überall in Italien auf, und selbst Gärten, Plätze und Straßen erhielten ihre Form in diesem neuen, viel gepriesenen Stil. Das Land fiel wie in einem zeitlupenartigen Einsturz um die Herrschenden herum zusammen, aber sie sahen und hörten nichts, denn ihre Ohren waren taub von den bombastischen Trompetenstößen in Quaderstein und Pavonazettomarmor, die ringsumher in ihren schönen Städten aus dem Boden wuchsen.
Alles, was über den schleichenden Verfall Italiens gesagt werden kann, trifft auch auf Erik Jönssons Sehnsucht und Reiseziel zu: Venedig.
Die Republik war einst der bedeutendste Hafen für den gesamten Orienthandel und durch diesen zu einer der allerreichsten und allergrößten Städte in ganz Europa geworden, die selbstbewusste Königin der Adria, die vom Papst ebenso wie vom Sultan einen Kniefall erwartete und ihn nicht selten auch bekam. Was Venedig so einzigartig machte, waren nicht nur die sagenhaften Reichtümer, die in der Stadt angesammelt waren, und die märchenhafte architektonische Pracht, in die ein großer Teil dieses Goldes sich verwandelt hatte. Die Republik war auch eine kulturelle und intellektuelle Metropole, die seit dem Mittelalter einem nur mit gewissem Widerwillen folgenden Kontinent den Ton und das Tempo vorgab. Wie alle richtig großen merkantilen Zentren war Venedig ein ausgeprägt polyphoner Ort, wo eine Vielfalt von Sprachen gesprochen wurde und wo Griechisches, Orientalisches, Italienisches und Transalpines einander begegnen und miteinander verschmelzen konnten. Dies war möglich, weil die Republik sich durch eine Toleranz und Offenheit auszeichnete, die für ihre Zeit ziemlich einzigartig waren.
Dank diesem Geist war die Universität in Padua im 16 . Jahrhundert ein Bollwerk der intellektuellen und wissenschaftlichen Freiheit geworden, das Gelehrte und Studenten vom ganzen Kontinent anlockte. Im Unterschied zu allen anderen Universitäten konnten Katholiken, Protestanten und Juden hier Seite an Seite studieren, ohne Verfolgung, Diskriminierung oder auch nur plumpe Bekehrungsversuche zu riskieren. Im Gegenteil – unterschiedliche Meinungen wurden ausdrücklich gefördert, und keiner einzelnen Schule oder Glaubensrichtung wurde erlaubt, den Unterricht zu dominieren; es war ja auch kein Zufall, dass es hier in Padua war, wo der berühmte Anatom Vesalius allen uralten Tabus zum Trotz begonnen hatte, tote Körper eigenhändig zu sezieren, und dabei entdeckte, dass sie keineswegs so beschaffen waren, wie alle antiken Autoren behaupteten und alle Zeitgenossen glaubten.
Fürsten und Kirchenmänner überall in Europa hatten bereits seit längerem daran gearbeitet, ihre Reiche und Länder
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