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Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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pompösen und gern üppig mit Kolonnaden versehenen Bauobjekt in der Mitte, Kircheninterieurs mit hohen, schwebenden Gewölben, einfache Skizzen von Palastfassaden, Details von Häusern – Fenster, Postamente, Säulen, Portale; eine Parade großer Bauwerke, geformt von Architekten wie Sanmicheli, Sansovino, Scamozzi, Coducci und nicht zuletzt dem berühmten Baldassare Longhena, der zu dieser Zeit am Canal Grande die Kirche Santa Maria della Salute baute. Mit ihrem massiven Kuppelsystem, ihren hochfliegenden Gewölben, aufragenden Kolonnen und dem prunkvollen Dekor war sie vielleicht das Pompöseste, das den Barockkünstlern bis dahin eingefallen war. So festigte Erik in diesen Monaten sein Können als Zeichner, zugleich gestaltete sich der Aufenthalt zu einem einzigen ausgedehnten Studium der Baukunst der italienischen Hochrenaissance und des Barock.
    Hier in Venedig begegnete Erik einem jungen Deutschen, der auch in die Stadt gekommen war, um sich künstlerisch weiterzubilden. Beide studierten gemeinsam bei Heintz, und hier begründeten sie eine Freundschaft, die ihr ganzes Leben hindurch bestehen bleiben sollte. Der Deutsche war David Klöcker, ein 26 -jähriger Mann mit langem, lockigem Haar, sanften Augen, etwas kindlich gerundeten Wangen und einem ausgeprägten Grübchen im Kinn. Sie waren also gleichaltrig, aber sie vereinte mehr als das Alter und der Wille, nach oben zu kommen.
    Klöcker war in Hamburg geboren, wo auch Erik einige Jahre gewohnt hatte, und auch er kam aus bescheidenen Verhältnissen: Sein Vater war Schneider, und selbst war er das fünfte von neun Kindern. Wie Erik begann er seine Karriere als einfacher Schreiber im Dienst der schwedischen Krone – er arbeitete in der schwedischen Kanzlei in Osnabrück –, doch sein künstlerisches Talent wurde entdeckt, und nach dem Friedensschluss 1648 erhielt er die Möglichkeit, nach Amsterdam zu reisen, um sich in der Malerei fortzubilden. Der Ort war gut gewählt, denn die Malerei erlebte in den Niederlanden gerade eine Blütezeit, weil dort mehr oder weniger die kleine Oberschicht von Aristokraten, Kleinfürsten und Kardinälen fehlte, die in anderen Ländern die wichtigsten Auftraggeber für riesige Paläste und Statuen waren; stattdessen war der Wohlstand etwas gleichmäßiger auf einen begüterten Mittelstand verteilt, der sich keine Renommierbauten leisten konnte, sondern sein Geld für die etwas weniger kostspielige Malerei ausgab, die folglich einen enormen Aufschwung erlebte. Zu ebendieser Zeit konnte man Meister wie Rembrandt, Wouwerman, Berchem, Frans Hals, Molenaer, Dou, Vermeer, de Hooch, Steen, ter Borch und viele andere in ihren Ateliers beobachten. Klöckers holländischer Lehrer, der Tiermaler Juriaen Jacobsz, gehörte nicht zu dieser oberen Schicht von Malern, und der junge Deutsche blieb nur zwei Jahre in den Niederlanden, konnte aber seine Fähigkeiten so weit verfeinern, dass er 1651 nach Wolgast gerufen wurde, um Carl Gustav Wrangel höchstpersönlich abzukonterfeien. (Dies war ein weiterer Berührungspunkt zwischen Erik und Klöcker: Beide waren in das Netz von Klienten verwoben, das Wrangel umgab.) In Wolgast malte er unter anderem das pompöse Porträt eines rotnasigen und federbuschgeschmückten Wrangel zu Pferd, ein fröhliches und lebendiges Gemälde mit einigen spielenden Kindern – Wrangels mit einem Helm ausstaffierter Sohn Carl Philip schlägt die Trommel, während die Tochter Eleonora Sophia etwas steif auf einem Spielpferd posiert – sowie ein Porträt von Wrangels kleinem schnurrbärtigem Hofnarren Hasenberg. Im Herbst 1652 war Klöcker mit Wrangels großem Gefolge nach Schweden gekommen und konnte mit Hilfe seines Patrons gute Kontakte knüpfen, unter anderem zur Königinwitwe Maria Eleonora, die trotz ihrer mentalen Instabilität ein feines Talent erkennen konnte, wenn sie es sah. Unter anderem dank eines Reisekostenbeitrags von ihr über 300 Taler in Silbermünzen konnte er sich im Januar 1654 auf eine Studienreise nach Italien begeben. Nach einem Zwischenspiel in Augsburg war er im Frühjahr 1654 nach Venedig gekommen, und hier traf er Erik Jönsson.
    Beide arbeiteten auch gemeinsam, übten sich an den gleichen Vorlagen, zeichneten die gleichen Motive. David Klöcker war der Begabtere, daran gab es keinen Zweifel. Sie hatten auch etwas unterschiedliche Interessen, was sich an ihren Zeichnungen von Gebäuden, Brücken und anderem zeigt: Die Skizzen des jungen Porträtmalers waren weniger detailliert und legten

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