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Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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waldbedeckten Hügel um die Stadt heranwanderten oder vom Mälarsee in die Bucht hereinsegelten. Das eine war das einst von Gustav Vasa angelegte viereckige Schloss, wo Eriks Vater als Buchhalter Dienst getan hatte. Das andere war der Dom, ein schwerer spätromanischer Ziegelbau, von den Häusern des Kapitels umgeben. Diese beiden breitschultrigen Schöpfungen umfassten alle Funktionen der Stadt. Von alters her war Västerås ein klerikales Zentrum: Hier residierten der Bischof des Stifts und mehrere der Institutionen, denen die Verwaltung der Kirche und die Ausbildung oblag. Die Stadt war auch der Mittelpunkt der staatlichen Verwaltung in diesem Teil des Reichs; auf dem Schloss saßen der Landeshauptmann – oder der Statthalter des Königs, wie er genannt wurde – und seine Beamten.
    In dem neuen Schweden, das langsam Form anzunehmen begann, kam gerade dem Landeshauptmann und seinen Untergebenen eine immer wichtigere Rolle zu, wenn es darum ging zu kontrollieren, dass die Gebote und Verordnungen, die man in Stockholm zu Papier brachte, von der Bevölkerung draußen im Land auch eingehalten wurden. Bis zu dieser Zeit hatte es stets einen klaffenden Abgrund gegeben zwischen dem, was die Machthaber sich ausdachten, und dem, was im wirklichen Leben daraus wurde. Die Potentaten der Zeit waren nämlich in der Regel weit weniger mächtig, als sie sich gerne den Anschein gaben und als alle anderen befürchteten. Zwar konnten sie sich finstere Ausbrüche von Despotie erlauben, einzelne oder mehrere Menschen vernichten, als wären sie Fliegen; Steuern und Soldaten einziehen, schöne Pläne machen oder vielleicht den einen oder anderen Krieg vom Zaun brechen. Doch in der Regel lag es jenseits ihres Vermögens, das alltägliche Leben auf tiefergehende Weise zu beeinflussen. Die Menschen in Europas Dörfern und Städten waren seit Anbeginn der Zeiten im Großen und Ganzen sich selbst überlassen. Der Staat war für die meisten etwas Entferntes und Fremdes, ein unergründliches und böses Naturphänomen, das sie wie
der
Krieg und
die
Pest und
die
Missernte dann und wann heimsuchte und vor dem sich zu schützen klug war. Im Verlauf des 16 . und 17 . Jahrhunderts wurden die Untertanen einem immer dichter werdenden Regen von Weisungen, Erlässen, Vorschriften, Edikten, Befehlen und Bekanntmachungen ausgesetzt, die sie zumeist jedoch nur eines beiläufigen Blicks würdigten, um anschließend still und ruhig so weiterzumachen wie immer. Der Staat hatte ganz einfach nicht die Handlanger, die ein Auge darauf hätten haben können, dass die Leute in den Dörfern immer taten, was die fernen Machthaber in Stockholm sagten. Dies sollte sich im Verlauf des 17 . Jahrhunderts ändern, denn sowohl in Schweden als auch in anderen Ländern hatte der Staat angefangen, sich mit einer bis dahin unbekannten Kraft und eifrigen Geschäftigkeit in das Leben in den Dörfern und den kleinen Städten einzumischen. Und eine wichtige Ursache dessen war gerade der Unfriede: Es war notwendig für die Herrschenden, um die Soldaten und das Brot und die Gelder eintreiben zu können, die sie für ihre kriegerischen Unternehmungen brauchten, die allem Anschein nach immer umfangreicher wurden. Gerade die Landeshauptmänner und ihre Leute machten neben den Pastoren einen wichtigen Teil der machttechnischen Brücke aus, die nun zwischen den Machthabern dort oben und den Menschen da unten geschlagen wurde. In die flach geschnittene Stadtsilhouette von Västerås, die seit dem 13 . Jahrhundert von der schlanken Kontur des Doms beherrscht worden war, brach nun eine neue, strenge Form ein: das Schloss. Dieses war eine gute Illustration der Entwicklung, die bereits im voraufgegangenen Jahrhundert eingeleitet worden war, nämlich dass neben der alten einflussreichen Kirche eine neue Macht heranzuwachsen im Begriff war, der Staat, der in seiner massiven Schwere und Mächtigkeit seinen ornatgeschmückten Vorgänger zu überschatten drohte.
    Für einen Reisenden, der sich Västerås vom Mälarsee her näherte, gab es noch ein Drittes, das neben dem Dom und dem Schloss das Bild der Stadt prägte: die Boote. In dem kleinen Hafen waren stets einmastige Schaluppen und Pinassen zu sehen, die das von Fuhrbauern aus Bergslagen herantransportierte Kupfer oder Eisen luden, um damit nach Stockholm weiterzusegeln. Die Stadt war ein Knotenpunkt für Handel und Verkehr in diesem Teil des Reichs; hier liefen viele Wege zusammen, mehrere nahegelegene große Flüsse waren gut schiffbar, und

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