Verwüstung
nicht wieder zurück, bis alles vorüber ist.«
»Du haust einfach ab?«
»Genau.«
Sheppard war in Versuchung, dasselbe zu tun. Was sollte denn dieser ganze Unsinn hier? Sein Bauch sagte ihm, dass die beiden Frauen und Franklin sich irgendwo ein tiefes Loch gegraben hatten und erst herauskämen, wenn der Sturm vorüber war und die Insel sich die Wunden leckte. Und dann, dachte er, gäbe es vielleicht keine Brücke mehr, über die sie fliehen konnten, und kein Boot, das sie nutzen konnten.
»Vielleicht schließe ich mich dir an. Hör mal, Mira hat etwas gesagt, was mich besorgt.«
»Jetzt erst?«, fragte Goot grinsend.
»Ja. Na ja. Wieso waren zwei als gefährlich eingestufte Insassinnen in einem einfachen Frauengefängnis wie Tango?«
Unter der Kapuze seines Regenmantels runzelte Goot die Stirn. »Renovierungsarbeiten im Gefängnis in Dade, oder? Hat Emison das nicht gesagt?«
»Wir haben bloß Emisons Wort. Ich würde gern die beiden Akten sehen.«
Goot steckte die Hände in die Taschen seines Regenmantels. »Okay, das ist wirklich eine gute Frage. Aber wie kommen wir an die Akten ran?«
»Ich fahre beim Gefängnis vorbei. Vielleicht verraten die Akten uns nichts, aber wir müssen die Sache überprüfen.«
»Das muss man immer, wenn Dillard mit etwas zu tun hat«, erinnerte ihn Goot.
»Ich halte dich auf dem Laufenden.«
»Hey, hast du gehört? Danielle ist jetzt offiziell eine Kategorie fünf mit Winden zwischen 250 und 260.«
» Zweihundertsechzig? «
Danielle hatte sich an sie herangeschlichen, genau wie Andrew damals, dachte er, als er sich den Weg zwischen den Autos hindurch zu seinem Fahrrad bahnte. Er erinnerte sich lebhaft an Freitag, den 21. August 1992. Bob Sheets, der damalige Leiter des National Hurricane Center, hatte die Bewohner Südfloridas zu dem bevorstehenden wundervollen Wochenende beglückwünscht. Andrew hatte sich abgeschwächt zu einem tropischen Sturm mit einer maximalen Windgeschwindigkeit von etwa 80 Stundenkilometern, das kannten die Menschen in Südflorida von einem ganz normalen windigen Tag. Obwohl Andrew auf die südöstliche Küste zuzog und aller Wahrscheinlichkeit nach irgendwo zwischen Florida und North und South Carolina Land erreichen würde, hatte Sheets seinem Publikum verkündet, dass Andrew die Küste auch ganz verfehlen konnte. Also hatte Sheppard, wie Tausende andere in Südflorida, am Freitagabend gefeiert, Samstagmorgen ausgeschlafen, und dann war er Richtung Norden nach Lauderdale gefahren, um mit Freunden fischen zu gehen.
Er war von seiner ersten Frau bereits geschieden und lebte mit seiner Katze in einem Häuschen im nördlichen Dade County; es sollte sich als das Ende seiner ersten Dienstzeit beim FBI erweisen. Er hatte seit Monaten kein freies Wochenende mehr gehabt und wollte das Beste daraus machen.
Als er das Haus seines Kumpels in Lauderdale erreichte, befand sich Andrew tausendfünfhundert Kilometer vor der Atlantikküste und wurde immer stärker. Um zwei Uhr nachmittags war er wieder ein Hurrikan, seine Richtung war indes immer noch unklar. Dennoch gab das National Hurricane Center eine Hurrikan-Vorwarnung für die gesamten fünfhundertfünfzig Kilometer von Cap Canaveral bis zu den unbewohnten Dry Tortugas westlich von Key West aus.
Zwölf Stunden später hatte Andrew Kategorie drei mit Winden von 190 Stundenkilometer erreicht und befand sich gut siebenhundertfünfzig Kilometer vor Miami. Computer-modelle sagten voraus, dass eine dreiundzwanzigprozentige Chance bestand, dass bis Montagmittag, dem 24., Miami und Marathon in der Mitte der Keys betroffen wären, und für Palm Beach County lag die Wahrscheinlichkeit bei zwanzig Prozent. Die Schlechtwetterfront des Hurrikans erstreckte sich jeweils knapp fünfzig Kilometer vom Auge aus, und Winde in der Stärke eines tropischen Sturms fuhren sogar über jeweils knapp hundertfünfzig Kilometer von der Mitte aus hinweg. Der gesamte Hurrikan war nur etwa dreihundert Kilometer breit, kein Vergleich zu Hugo, einem Wirbelsturm der Kategorie vier, der sechshundertfünfzig Kilometer Durchmesser gehabt hatte.
Um sieben Uhr morgens am Sonntag war eine Hurrikan-Warnung für die Südostküste Floridas und die Keys ausgesprochen worden, die Evakuierung wurde zwangsangeordnet, und Dillard, der damals Sheppards Chef gewesen war, hatte ihn zur Arbeit beordert. Sheppard verbrachte die nächsten acht Stunden damit, bei der Evakuierung zu helfen und die vorbereitenden Maßnahmen des Roten Kreuzes und der lokalen
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