Verwüstung
seinen Zähnen spüren, eine Spannung, als bisse er auf Alufolie. Danielle wurde immer stärker, und ihr Luftdruck fiel immer weiter.
Er ging im Kopf die Statistiken durch – Windgeschwindigkeit, Vorwärtsbewegung, die Schnelligkeit der Windböen, ungefähre Position, Menge des Regens, Höhe der Flutwelle – und verglich dann seine Schätzungen mit den offiziellen Angaben auf dem Wetterkanal. Gar nicht schlecht. Das gefiel ihm. Er hatte es noch drauf. Damals beim NHC hatte er die meisten Daten präzise schätzen können, bevor die Hurrikan-Flugzeuge mit den Daten zurückkehrten. Irgendwann war er so gut geworden, dass die Jungs darauf wetteten, wie nah er rankam.
Gut in Vorhersagen, dachte er, aber nicht so gut in unvorhergesehenen Situationen. Wieso hatten sie sich ein anderes Haus gesucht? Wieso hatte er auf jemand anderen gehört? Am Anfang hatte er den Keller gar nicht als sturmsichere Unterkunft gesehen. Er war als Versteck gedacht gewesen, falls die Bullen die Hütte fanden. Doch als der Hurrikan heranzog, schien der Keller ideal. Dann hatte die Amazone ihn davon überzeugt, dass der Keller mit Wasser volllaufen würde.
Wie hatte sie das geschafft? Wie hatte sie ihn so leicht überreden können? Warum hatte er zugelassen, etwas anderes als Wasser zu wählen?
Er presste seine Handballen auf die Augen, er mühte sich, ein Gefäß zu finden, in das er sich jetzt ergießen konnte. Boss? Er war schon der Boss. Wettermann? Kenne ich schon. Entscheidungsträger. Warm, aber noch nicht heiß. Geschäftsführer. Das gefiel ihm, das gefiel ihm gut. Der Geschäftsführer war die ultimative Autorität einer Firma, derjenige, der letztlich für alles zuständig war. Und im Moment waren dieses Haus und alle darin seine Firma.
Franklin schaltete den Ton aus. »Wir brauchen einen sicheren Raum.«
Crystal, die umherlief wie ein eingesperrtes Tier, blieb stehen, zündete sich eine Zigarette an und fragte: »Was ist denn mit diesem Raum nicht in Ordnung?«
»Er hat Fenster. Und das Oberlicht ist in der Nähe.« Er hatte Sperrholz über die Oberlichter genagelt, bezweifelte jedoch, dass Sperrholz viel nützen würde, wenn das Dach an irgendeiner Stelle nachgab.
»Und dieser Teil des Hauses hat nur Holzwände«, sagte die Alte.
Als Geschäftsführer wusste er das bereits. Aber jetzt würde er mit seinen Untergebenen ein Brainstorming abhalten. »Hast du eine Idee, Lopez?«
Sie löste ihren glasigen Blick vom Fernsehbildschirm. »Ja. Aber sie wird dir nicht gefallen.«
»Es wäre wirklich toll, wenn Sie hier drin nicht rauchen würden«, sagte Mira.
»Ach wirklich?« Crystal ging hinüber zum Sofa, auf dem Mira saß, drückte ihr den Lauf der Sig gegen die Nasenspitze, tat einen langen Zug an ihrer Zigarette und blies den Rauch Mira direkt ins Gesicht.
»Verklag mich doch.« Sie richtete sich auf, zielte jetzt mit der Sig auf Miras Brust. »Du bist nicht mein Chef, verstanden, du Nutte?«
Die Amazone, die am anderen Ende des Sofas saß, schüttelte bloß den Kopf und sah Mira an. »Regel Nummer eins, verbiete Exknackis nie etwas.«
Crystal schaute zufrieden und nickte. »Das stimmt. Das stimmt genau.« Sie beugte sich wieder zu Mira hinunter, packte ihr Kinn und drückte zu. »Und Regel Nummer zwei, mach einen Exknacki nie sauer. Die …«
Etwas Merkwürdiges, Schreckliches geschah mit Miras Gesicht. Ihr Mund bewegte sich panisch gegen den Druck von Crystals Hand, aber es kamen keine Worte heraus, nur ein Zischen, ein heiseres Raspeln, als würde sie ersticken. Dann verdrehte sie ihre Augen, sodass nur noch das Weiße zu sehen war, und sie bog den Kopf zur Seite und keuchte: » Schläge, Schläge, böses Mädchen … Schläge auf die Fingerknöchel, drück den Mund auf, wasch ihn mit Seife aus, Crissie hat Scheiße, Scheiße, Scheiße gesagt … «
Crystal schreckte so entsetzt zurück, dass sie fast über ihre eigenen Füße fiel. »Wie … was zum Teufel …«
Miras Augen rollten zurück, sie beugte sich vor und begann zu würgen.
Franklin sprang auf. »Was ist mit ihr los? Was ist gerade passiert?«
Crystal tänzelte umher, wedelte mit der Sig, schrie Mira an, Tränen liefen ihr über die Wangen. »Die Nonnen. Das haben sie mit mir gemacht. Sie haben mir mit einem Lineal auf die Knöchel geschlagen, sie haben mir den Mund mit Seife ausgewaschen, und dann habe ich gewürgt …«
Lopez war diejenige, die Crystal sagte, sie solle die Klappe halten. Lopez grinste, als sie verkündete: »Die Buchladen-Frau ist
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