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verwundet (German Edition)

verwundet (German Edition)

Titel: verwundet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Kühn
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etwas gediegen, doch sehr anheimelnd eingerichtet. Das ist genau das Richtige, dachte er. Schließlich kann ich eine Dame wie Lydia nicht in die Pinten mitnehmen, in die ich sonst gehe. Er bestellte einen Tisch und ging beschwingt nach Hause.
    Am nächsten Abend zog er seine beste Jeans und ein graues Hemd an. Er schrubbte sich die Fingernägel und versuchte, seine Locken zu bändigen. Pünktlich klingelte er bei ihr. Sie war bereits fertig, und er half ihr in den Mantel. Das türkisgrüne Kleid brachte ihre Augen zum Leuchten, die Augenringe waren verblasst, sie schien ausgeruhter zu sein. Etwas unsicher standen sie sich gegenüber. Dann sagte Harald: „Ich hoffe, Sie haben Lust auf italienische Küche, ich habe einen Tisch im Mirabella bestellt.“
    Lydia schloss ab. „Ja, die Küche dort ist gut.“
    Zusammen gingen sie gemächlichen Schrittes die Straßen entlang. Im Restaurant nahm er ihr den Mantel ab. Er war froh, dieses Lokal ausgesucht zu haben. Die Pizzeria war in viele kleine Nischen unterteilt, in denen man sich ungestört unterhalten konnte. Die gesamte Einrichtung bestand aus dunklem Holz. Indirekte Leuchten verbreiteten ein behagliches Licht. Der Ober begrüßte sie, reichte ihnen die Karten und zündete die Kerze an. Harald entschied sich für eine Pizza Hawaii und beobachtete Lydia dann beim Lesen der Karte. Sie strich sich mit ihren schlanken, feingliedrigen Fingern das Haar aus dem Gesicht. Dann sah sie auf und direkt in seine Augen. Er war dankbar, dass der Kellner kam. Als er die Bestellungen notiert hatte und wieder gegangen war, fragte Lydia: „Warum wollten Sie mich einladen?“
    „Es war eine spontane Idee. Ich möchte Sie näher kennenlernen.“
    Leise antwortete sie: „Ich bin zehn Jahre älter als Sie.“
    „Was sind schon Zahlen?“
    Lydia wollte anscheinend etwas erwidern, überlegte es sich dann aber anders.
    „Stört es Sie, wenn ich rauche?“ Als sie verneinte, griff er erleichtert nach den Zigaretten.
    Lydia betrachtete seine Hände. „Was machen Sie eigentlich beruflich?“
    „Im Moment trage ich Zeitungen aus. Damit höre icher auf, weil ich nächste Woche im Stadtmuseum als Aufpasser anfange, und außerdem arbeite ich in einer Druckerei. Eigentlich bin ich Zootierpfleger.“
    „Bestimmt ein schöner Beruf.“
    „Es gibt wie in jedem Beruf schöne und weniger schöne Seiten. Im Zoo habe ich nicht mehr gerne gearbeitet, weil ich mich nicht damit abfinden konnte, dass Tiere, die normalerweise in einer sehr vielfältigen Umwelt leben, in kleinen Gehegen oder sogar in winzigen Kachelräumen eingesperrt waren. Im Naturschutz habe ich lieber gearbeitet. Aber es gibt eben kaum Gelder für feste Stellen.“
    „Was haben Sie denn jetzt weiter vor?“
    „Ich habe keine Ahnung.“
    Der Kellner kam und servierte die Speisen. Harald zwang sich die Pizza runter. Als sie fertig waren und der Kellner die Teller abräumte, bestellte er noch ein Bier. Er wollte nicht, dass der Abend schon endete. „Und für Sie Signora?“
    „Für mich bitte noch ein Mineralwasser.“
    Harald erzählte ihr jetzt von seiner Arbeit beim Naturschutzverein, wie er mit Jugendgruppen gearbeitet hatte, um ihnen die Natur näherzubringen, von den nächtlichen Fledermausführungen, von dem Einsammeln der Kröten bei ihren Wanderungen, um sie sicher und heil auf die andere Straßenseite zu bringen, von den Uhus und Eulen, die er gesund gepflegt und wieder ausgewildert hatte, von seinen Vorträgen an Schulen über Vögel, über Umweltschutz, über Schreibartikel aus umweltverträglichen Materialien, Vogelkartierungen und dem Kampf für Landschaftsschutzgebiete. Als er merkte, dass er immer begeisterter erzählte, stoppte er sich selbst. „Na ja, das ist eben vorbei.“
    „Ich verstehe natürlich, dass Ihnen die Arbeit dort mehr Spaß gemacht hat. Aber kommt es für Sie wirklich gar nicht mehr in Frage, beim Zoo zu arbeiten? Ich meine, bevor Sie in einer Druckerei arbeiten oder Zeitungen austragen, wäre es ja vielleicht doch schöner, wieder mit Tieren zu tun zu haben. Sicher gab es dort doch auch schöne Seiten?“
    „Sie sind ein sehr positiver Mensch, nicht wahr?“
    Lydia errötete: „Ist das ein Fehler?“
    „Nein! Es gab wirklich auch aufbauende Seiten oder sagen wir lustige.“
    „Erzählen Sie bitte.“
    Er forschte in seinem Gedächtnis, dann erzählte er: „Eigentlich hatte jeder sein Revier, in dem er immer gearbeitet hat. Eines Tages musste ich jedoch bei den Wasserbüffeln aushelfen. Ich

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