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verwundet (German Edition)

verwundet (German Edition)

Titel: verwundet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Kühn
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Lisas Mutter, hat mir ihre Liebe gestanden und sich um mich bemüht. Sie hat auch mehrmals versucht, mich zu verführen. Ich habe mich dann etwas von ihr zurückgezogen, weil ich sie nicht ermuntern wollte. Kurze Zeit später hat sie sich das Leben genommen. Und jetzt wiederholt sich bei Lisa das Gleiche. Und dieses Mal gebe ich nach und trotzdem versucht sie, sich umzubringen. Ich mache immer alles verkehrt!“ Die Ärztin sprach leise, aber bestimmt. „Frau Kaufmann! Lisa ist krank, seelisch krank. Das, was Sie mir über ihre Kindheit verraten haben, reicht schon alleine aus, um seelische Fehlentwicklungen auszulösen. Aber ich bin sicher, dass da noch mehr ist. Fest steht, dass das Mädchen psychisch in einem desolatem Zustand ist. Und Sie haben mir sehr geholfen, und ich bin mir sicher, dass sie eine Zeitlang auch Lisa helfen konnten. Im Moment ist Ihnen das nicht mehr möglich. Keinesfalls sehe ich es so, dass Sie Schuld an irgendetwas sind. Das Mädchen hat Sie emotional erpresst, nicht aus Bosheit, sondern aus innerer Not. Ich bin natürlich fachlich ganz anders ausgebildet und kann deswegen anders damit umgehen. Aber wenn ich diese Ausbildung nicht hätte, ich kann Ihnen das als Frau, Mutter und als Mensch sagen: Ich hätte vermutlich genauso reagiert. Es besteht absolut kein Grund, sich Vorwürfe zu machen. Sie haben viel für das Mädchen getan, aber Sie waren überfordert. Und indem Sie mir jetzt dies alles erzählt haben, was Ihnen ja nicht leicht fiel, haben Sie wieder etwas für Lisa getan. Was meinen Sie, was mir oft aus falscher Scham verschwiegen wird, obwohl mir das Wissen bei dem Patienten helfen könnte? Sie haben mir geholfen, denn ich war schon am Ende mit meiner Weisheit. Wenn der Patient nicht mit uns spricht, sind wir machtlos.“
    Sie machte eine Pause und dachte nach. „Was die Mutter des Mädchens angeht, scheint sie ja auch psychisch sehr instabil gewesen zu sein. Ich kann mir also nicht vorstellen, dass die Zurückweisung durch Sie der ausschlaggebende Faktor für ihren Selbstmord gewesen ist. Außerdem, Frau Kaufmann, sollten sie sich klar machen, dass Menschen selbständig handeln und entscheiden und auch die Verantwortung dafür übernehmen müssen. Sie scheinen eine Frau zu sein, die sehr viel Liebe anzieht. Das hat bestimmt mit Ihrer Warmherzigkeit, aber ganz sicher auch mit Ihrer Schönheit und vor allem auch mit Projektion zu tun. Wenn Sie Ihr Leben überdenken, werden Sie vielleicht feststellen, dass Sie oft Menschen anziehen, die sich selbst für wenig schön oder liebenswert erachten, Menschen, die labil sind und oft nicht mit ihrem Leben zurechtkommen.“
    „Ja, das stimmt. Das ist schon mein ganzes Leben so. Und immer, wenn diese Menschen dann festgestellt haben, dass ich auch Fehler und Schwächen habe, haben sie mich fallengelassen.“
    „Vielleicht sollten Sie sich Leute, mit denen Sie eine Beziehung eingehen, welcher Art auch immer, näher betrachten und sich selbst ein wenig schützen. Außerdem kann eine soziale Beziehung nur funktionieren, wenn das seelische Geben und Nehmen ausgeglichen sind. Wenn Menschen von Ihnen immer nur fordern, geht das auf Dauer auf Ihre Kosten, und so sollten Sie sich besser vor allzu vereinnahmenden Menschen hüten, auch wenn diese Menschen grundsätzlich liebenswert sind. Sie können nicht für alle da sein, jedes seelische Leid auffangen oder lindern.“
    Lydia nickte. „Ja, ich neige dazu, Menschen immer helfen zu wollen. Auch in meiner früheren Ehe habe ich es viel zu lange ausgehalten, weil ich wusste, dass Stephan mich brauchte. Aber zurück zu Lisa. Kann ich sie sehen?“
    Frau Dr. Dunkelmann sah sie warmherzig an, schüttelte aber den Kopf. „Nein, diesen Wunsch muss ich Ihnen leider abschlagen, denn ich halte es für keine gute Idee. Ich gebe Ihnen meine Visitenkarte. Sie können mich jederzeit anrufen, wenn Sie das Bedürfnis haben, mit mir zu reden. Ich kann Ihnen auch sagen, ob Lisa Fortschritte macht, wenn ich Ihnen auch den Inhalt der Gespräche aus Schweigepflichtsgründen nicht mitteilen darf, aber das Mädchen sollte Sie jetzt besser nicht sehen, und auch für Sie wäre das nicht gut.“
    Lydia nickte traurig.
    Die Psychiaterin sah sie nachdenklich an. „Ich habe noch eine Frage. Hat die Trennung von Ihrem Lebenspartner etwas mit Lisa zu tun?“
    Lydia zögerte. „Nein.“
    „Weiß er, dass Lisa hier liegt?“
    „Ich habe ihn bis jetzt nicht erreichen können und habe ihm deshalb einen Brief geschrieben.“
    Die

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