Verzaubert von diesem Tanz
„Unternimm endlich etwas!“, zischte Mona Tremayne, um sich gleich wieder dem Mann an ihrer Seite, dem dänischen Filmproduzenten Rollo Mikkelsen, zuzuwenden. Sie schob die Hand unter seinen Arm und schenkte ihm ihr einmaliges Lächeln – das berühmte Lächeln des Jahrhundert-Sexidols.
Glücklicherweise sind Rhiannons Verführungskünste noch nicht so perfekt wie die unserer Mutter. Allerdings schien nicht mehr viel zu fehlen! Während die letzten Töne des Orchesters verklangen, hörte Edie das perlende Lachen ihrer Schwester.
Mona hörte es offenbar auch und warf Edie erneut einen eindringlichen Blick zu. Das hieß: Sie musste sofort einschreiten, um Rhiannon vor einem schweren Fehler zu bewahren.
Es half alles nichts. „Ich gehe ja schon!“ Edie seufzte und biss die Zähne zusammen.
Als Managerin ihrer Mutter und Schwester gehörte es zu ihren Aufgaben, dafür zu sorgen, dass deren Karrieren durch nichts in Gefahr gerieten. Außerdem kümmerte sie sich um die Finanzen und den Terminkalender. Sie prüfte die Angebote und die Verträge. Sie beantwortete die Fanpost, die Interviewanfragen und und und … All die Dinge eben, die dazugehörten, wenn man „Mädchen für alles“ war – bei dem größten Filmstar Amerikas und deren Tochter, einer vielversprechenden Nachwuchsschauspielerin.
Ein Kinderspiel in Edies Augen!
Die Rolle der Gouvernante spielen zu müssen, das hasste sie jedoch. Natürlich nicht für ihre Mutter, die sehr wohl auf sich selber aufpassen konnte und für ihre Fehler geradestand.
Bei Rhiannon sah die Sache allerdings völlig anders aus.
Sie war jung und verletzlich, hochemotional und etwas leichtsinnig, aber auch warmherzig und einfühlsam. Eine unheilvolle Kombination! Normalerweise genügte es, Rhiannon von morgens bis abends zu beschäftigen, damit sie gar keine Zeit hatte, auf dumme Gedanken zu kommen.
Edie stopfte einfach nur den Terminkalender ihrer Schwester voll – und dafür musste sie nicht einmal ihre Wohnung in Kalifornien verlassen.
Aber vor zwei Tagen rief ihre Mutter von Mont Chamion aus an und sagte: „Edie, pack sofort deinen Koffer und komm her!“
Wenn sie diesen Ton anschlug, war es zwecklos zu protestieren. In Bezug auf Rhiannon besaß Mona einen untrüglichen Instinkt. Witterte sie Gefahr, so handelte man am besten sofort, statt den Kopf in den Sand zu stecken. Deshalb hatte Edie auch ergeben ihren Koffer gepackt und war um die halbe Welt gereist.
Womit sie nicht gerechnet hatte – sie sollte auch auf diese Hochzeitsfeier gehen!
„Warum um alles auf der Welt denn nicht? Natürlich kommst du zu der Hochzeit!“, erklärte Mona energisch. „Und zum Empfang“, fügte sie in einem Ton hinzu, der keinen Widerspruch duldete. „Wer weiß, was Rhiannon womöglich anrichtet, jetzt, wo der gute Andrew weg ist.“
Der „gute Andrew“ – oder besser der „geduldige Andrew“, wie ihn Edie insgeheim nannte – war der Verlobte ihrer Schwester. Ihre erste Liebe – und absolut der Richtige für Rhiannon. Das wusste diese auch … meistens. Normalerweise herrschte bei ihnen immer eitel Sonnenschein.
Aber seit gestern hing der Haussegen schief, und Andrew war wütend abgereist. Laut Monas Prognose konnte sich die Situation leicht zu einer Katastrophe ausweiten, wenn Rhiannon sich ungeliebt und vernachlässigt fühlte.
Trotzdem versuchte Edie, sich vor der Hochzeit zu drücken.
„Du gehst mit“, befahl Mona, während sie sich das Abendkleid für den Hochzeitsball überstreifte. Mit einer Kopfbewegung forderte sie Edie auf, ihr behilflich zu sein. Die königsblaue Robe bestach durch ihre raffinierte Schlichtheit … und betonte nebenbei auch das strahlende Blau von Monas Augen. Der tiefe Rückenausschnitt brachte überdies ihre seidig schimmernde Haut zur Geltung. Auch noch mit fünfzig war Mona Tremayne eine berückende Schönheit.
„Ich bin doch gar nicht eingeladen!“ Energisch zurrte Edie die Bänder der Korsage fest. „Und ich habe nicht vor, unaufgefordert auf einer königlichen Hochzeit aufzutauchen.“
„Rede keinen Unsinn!“ Ihre Blicke trafen sich im Spiegel. „Du begleitest mich.“
„Ich dachte, Oliver ist dein Begleiter.“
Sir Oliver Choate, ein englischer Schauspieler und Monas neuester Filmpartner, war für die Hochzeit extra eingeflogen worden.
„Ja und? Du begleitest mich eben auch !“ Monas Stimme klang deutlich ungeduldig. „Du musst einfach dabei sein. Außerdem … vielleicht lernst du ja auch jemanden kennen.“
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