Verzaubert von diesem Tanz
herrschte kurz Stille. Diese Antwort kam für Derek wohl völlig überraschend. „Wie wäre es, hättest du Lust, mit mir auszugehen?“, sagte er schließlich. Wieder entstand eine Pause. „Das ist kein Versuch, mit dir zu flirten, Edie. Zumindest noch nicht“, fügte er scherzend hinzu. „Am Freitag findet in der Aula ein Rockkonzert statt. Ein paar Gruppen spielen … Oldies. Aber vielleicht, um der alten Zeiten willen …?“
Warum eigentlich nicht? Derek ist ein Freund, überlegte Edie.
„Klar! Gerne“, willigte sie ein.
„Super! Und vorher essen wir noch zusammen, okay?“
„Ich könnte für uns kochen?“, schlug Edie vor.
„Ach Unsinn! Ich hole dich um sechs ab.“
„Wir könnten uns auch in der Stadt treffen. Dann brauchst du nicht extra hochzukommen.“
„Das mache ich doch gern! Bis dann also.“
Langsam legte Edie den Hörer auf. Was habe ich mir da nur eingebrockt?
„Gar nichts!“, sagte sie laut. Sie ging mit einem Freund aus. Sie schlug eine neue Seite im Buch ihres Lebens auf. Mona wird stolz auf mich sein!
Apropos Mona. Mit der würde sie noch ein Wörtchen reden. Edie griff erneut zum Hörer und versuchte, ihre Mutter anzurufen. Wieder vergeblich.
Sie hatte es bereits mehrmals versucht – ohne eine Verbindung zu bekommen.
Wenn Nick Mona per E-Mail eine Absage geschickt hatte, würde sie diese auch nicht erhalten. Geschieht ihr recht! Was mischt sie sich auch immer ein!
Im tiefsten Winkel ihres Herzens machte sich jedoch eine kleine Enttäuschung bemerkbar. Es tat ihr so leid um die alte Hazienda. Die Besichtigung mit Nick hatte Erinnerungen an glückliche Zeiten geweckt. Und an ihre Pläne, eines Tages mit Ben das Haus zu renovieren. Wenn auch nicht für sie selbst zum Wohnen, aber vielleicht als Ferienhaus.
So viel zu ihren Plänen!
Das Leben ist das, was passiert, während du dabei bist, andere Pläne zu machen. War das nicht ein Zitat von John Lennon? Auf jeden Fall pflegte Mona das ständig zu sagen. Sie ist wirklich ein unerschöpflicher Quell an Plattitüden, dachte Edie sarkastisch.
Egal! Am Freitag würde sie jedenfalls mit Derek zu einem Konzert gehen. Und heute mache ich endlich die Ablage, nahm sie sich vor. Eine Arbeit, die wegen Nick liegen geblieben war.
Das Telefon läutete. Sie hob ab.
„Hi“, hörte sie. Am anderen Ende der Leitung war der Mensch, von dem sie angenommen hatte, den Rest ihres Lebens nie mehr etwas zu hören. „Kannst du mit dem Schlüssel zur Hazienda kommen? Ich habe den Lastwagen voller Ziegel und muss ins Haus.“
6. KAPITEL
Selbst wenn sie wütend ist, ist sie einfach verdammt attraktiv, dachte Nick. Er fuhr im Rückwärtsgang so nah wie möglich an die Farm und sah Edie wild gestikulieren.
„Danke!“, rief er im Vorbeifahren und winkte ihr durch das geöffnete Fenster zu.
Sie trat zum Wagen, als er ausstieg … die Fäuste in die Hüften gestemmt. „Was machst du hier?“
„Ich fange heute mit dem Dach an. Und da ich gerade in der Stadt war, habe ich gleich alles Notwendige besorgt.“
„Aber – du bist doch abgereist!“
„Nein. Ich habe die Baugenehmigung beantragt und Baumaterial bestellt.“ Er schenkte Edie sein sonnigstes Lächeln.
„Ich dachte, du hättest es dir anders überlegt.“
Ehrlich gesagt, hatte er tatsächlich daran gedacht. Die halbe Nacht war er durchs Haus getigert. Dann hatte er ein paar Bahnen im Pool absolviert, um seinen Frust loszuwerden. Ich habe wirklich genug zu tun, dachte er erbost. Um genau zu sein, genug, um die nächsten zwei Jahre rund um die Uhr ausgebucht zu sein. Jetzt auch noch die Farm zu renovieren, grenzte an Wahnsinn.
Davon abgesehen, wusste Mona auch noch gar nichts davon.
Edies Gesichtsausdruck, als sie gestern die Farm besichtigten, hatte den Ausschlag gegeben. Nick konnte ein Wechselbad der Gefühle beobachten: Trauer und Freude, Sehnsucht nach vergangenen Tagen.
Eigentlich wollte er abreisen, als sie ihm einen Korb gegeben hatte. Aber er dachte wieder an den Ausdruck in ihren Augen – und er konnte einfach nicht gehen.
Er streifte in Monas Haus umher und betrachtete die Familienfotos, die die Wände bedeckten. Mona mit ihren Kindern, Mona mit ihren verschiedenen Ehemännern … aber eigentlich suchte er auf all diesen Bildern nur ein Gesicht: Edies!
Er sah Edie als Kind im Pool, Edie, die ihre Arme um Roy geschlungen hatte. Edie auf einem Pony, Edie in der Highschool, Edie mit ihren Geschwistern … und Edie mit einem gut aussehenden Mann. Die beiden
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