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Verzaubert

Verzaubert

Titel: Verzaubert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Resnick
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einem der gesuchten Gläser klang, stöberte ich ein bisschen. Mit Sammlerstücken kannte ich mich nicht aus, aber einige der Bücher wirkten sehr kostbar. Etliche waren in Leder gebunden und schienen sehr alt zu sein, viele hatten lateinische Titel. Andere Regale standen voll zeitgenössischer Taschenbücher, Massenware, wie sie überall verkauft wurde.
    »Kommen Sie, Esther, setzen wir uns«, sagte Max. Er trug ein leicht angelaufenes Silbertablett, auf dem die Karaffe und zwei nicht zueinander passende Gläser standen.
    Ich folgte ihm zu den hübschen, gepolsterten Sesseln – den Kamin dahinter bemerkte ich erst jetzt –, setzte mich und nahm das Glas mit der schimmernden Flüssigkeit entgegen, das Max mir reichte. Nachdem ich an meinem
Aqua Vitae
geschnuppert und sein oszillierendes Licht betrachtet hatte, fragte ich: »Sind Sie sicher, dass wir gefahrlos davon trinken können?«
    »Ganz sicher. Oder sind Sie etwa Litauerin? Sie sehen nicht litauisch aus, aber ich wäre der Erste, der zugibt –«
    »Nein, ich bin keine Litauerin.«
    »Dann ist es ungefährlich.« Er machte eine Pause, bevor er einen Schluck trank. »Ich bin auch kein Litauer.«
    Da ich seinen Akzent nicht zuordnen konnte, fragte ich: »Woher kommen Sie denn?« Ich stellte meinen Brandy ab und versuchte dann, meine Haare aus Virtues Kopfschmuck zu entwirren, damit ich ihn endlich abnehmen konnte.
    »Ursprünglich stamme ich aus einem Städtchen in der Nähe von Prag«, antwortete Max. »Aber das ist lange her. Nachdem mein Vater gestorben war und mir ein kleines Erbe hinterlassen hatte, ging ich nach Wien, um zu studieren.«
    »Sind Sie je nach Hause zurückgekehrt?« Ich entfernte den Kopfschmuck mit einem erleichterten Seufzen, stellte ihn auf den Tisch und fuhr mir mit den Fingern durch die Haare.
    »Nein, nie. Mein Vater war meine ganze Familie. Im Anschluss an Wien ging ich nach England und, nun ja, man hat so viel zu tun …« Nach einer kurzen Pause sagte er: »Versuchen Sie den Brandy, Esther. Sie sehen blass aus.«
    Ich kniff die Augen zu, nahm einen vorsichtigen Schluck, und spürte, wie sich die Flüssigkeit den Weg hinunter zu meinem Magen brannte. Nach etwa einer halben Minute verwandelte sich das Brennen in eine wohlige Wärme.
    Dann hörte ich eine dumpfe Explosion, spürte einen Hitzeschwall und sah vor meinen geschlossenen Lidern Lichter tanzen. Ich riss die Augen auf und erschrak. Auf einmal brannte im Kamin ein munteres Feuerchen, obwohl Max noch immer bequem in seinem Sessel saß und am Brandy nippte.
    Ich schluckte und blickte nervös zwischen ihm und dem Feuer hin und her. »Haben Sie … haben Sie … War das Zauberei?«
    Er wedelte mit der Hand, in der er eine Fernbedienung hielt, und sah mich verdutzt an. »Nein, ich habe es nur angeschaltet.«
    Ich schaute erneut zu dem Feuer, und jetzt fiel mir auf, wie gleichmäßig und ruhig die Flammen zwischen den kunstvoll aufgeschichteten – unechten – Holzscheiten tanzten. »Oh.« Ich nahm noch einen Schluck Brandy. »Ein Gas-Kamin.«
    »Ja, sehr praktisch. Man spart sich die Mühe, ein Feuer in Gang zu setzen, und muss hinterher nicht saubermachen. Ich ließ ihn diesen Winter einbauen und bin froh, die Kosten nicht gescheut zu haben.«
    »Aber Sie können doch …« Ich gestikulierte matt. »Sie brauchen nicht …«
    Max schüttelte den Kopf und blickte bescheiden drein. »Feuer ist, wie gesagt, mein schwächstes Element. Davon abgesehen darf ich meine Kräfte nicht unnötig verschwenden.«
    »Tatsächlich? Gibt es … moralische Konsequenzen? Philosophische Einwände? Regeln?«
    »Nein.« Meine Vermutungen schienen ihn zu überraschen. »Es ist ermüdend.«
    »Oh.«
    Ich versuchte die ganzen Fragen, die mir durch den Kopf schwirrten, in eine sinnvolle Reihenfolge zu bringen. »Aber wie … wie machen Sie das alles? Die Türen zum Theater öffnen, die Glaskiste schmelzen … Ist das, ähm –
Zauberei?
«
    »Ja.« Er nickte.
    »Aber weshalb können Sie das?«
    »Man muss viel lernen und üben, immer wieder üben.« Max lächelte schüchtern und fügte hinzu: »Und natürlich muss man eine angeborene Gabe besitzen.«
    »Dann ist es also ein besonderes Talent? Nichts, das sich jeder aneignen kann?«
    »Gütiger Himmel, nein!« Die Vorstellung entsetzte ihn offenbar. »Nur wenige Menschen werden mit der nötigen Gabe geboren. Und noch weniger fühlen sich berufen, diese in den Dienst einer guten Sache zu stellen.«
    »Und wenn man sie für das Böse

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