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Verzauberte Herzen

Verzauberte Herzen

Titel: Verzauberte Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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schaute an
sich hinunter und stellte schockiert fest, dass sie unter ihrem Bettzeug nackt
wie Psyche war. Also zog sie sich die Decke bis zum Kinn hinauf und schaute
sich um.
    Das helle
Kerzenlicht ließ zwar ihr Bett wie einen Altar erstrahlen, der einem unheiligen
Opfer geweiht war, doch die Ecken des Raumes lagen im Dunkeln. Sie wusste, sie
war nicht allein.
    Sie
wünschte sich jetzt, sie hätte Reverend Throckmortons Predigten aufmerksamer
gelauscht. Vielleicht war dies gar nicht der Himmel. Vielleicht erwarteten sie
in diesem dekadenten Gemach endlose Qualen, verborgen im Gewand der dunklen
Seite fleischlicher Lust.
    Gwendolyn
strich sich das zerzauste Haar aus dem Gesicht. »Nur ein Feigling der
allerschlimmsten Sorte würde sich im Schatten verbergen, um eine Frau zu
beobachten. Ich fordere dich auf, dich zu zeigen.«
    Sie hörte
gedämpfte Schritte und bereute jäh ihre Worte. Wenn dies die Hölle war, würde
sie jetzt den Fürsten der Finsternis treffen.

4
    »Kein Grund, blass zu werden. Und Sie
brauchen sich auch nicht so unter das Bettzeug zu kauern. Ich bin kein Drache
und kein Monster. Ich bin nur ein Mann.«
    Gwendolyn
blinzelte in die Dunkelheit und hielt sich krampfhaft die Decke vor die Brust.
Die sanfte, rauchige Stimme
irritierte das sittsame Mädchen weit mehr, als ihre Blöße es
tat. Als er es dann doch vorzog, im Schutz des Schattens stehen zu bleiben,
schwankte sie zwischen Furcht und
Erleichterung. Bei all den flackernden Kerzen gewöhnten sich ihre Augen nicht
an die Dunkelheit dahinter. Sie konnte wenig mehr ausmachen als eine dunkle
Gestalt, die sich leidlich elegant an die Wand lehnte.
    »Ich kauere
nur deshalb so unter meinen Decken, Sir«, antwortete sie, »weil mir ein
schamloser Wüstling meine Kleider gestohlen hat.«
    »Ach. Wenn
ich ein derartig schamloser Wüstling wäre, dann hätte ich sie Ihnen nicht
stehlen müssen. Sie hätten sie freiwillig herausgerückt.«
    Er sprach
akkurates Englisch, und keine Spur von Dialekt machte sein Gespött
erträglicher. Gwendolyn stellte sich unwillkürlich vor, wie ihr kräftige,
männliche Hände das nasse Leinenkleid auszogen. Sie biss die Zähne zusammen und
unterdrückte ein Zittern, das mit Angst wenig zu tun hatte. »Sie nennen mich
feige, dabei sind Sie doch derjenige, der sich im Schatten versteckt und sich
fürchtet, sein Gesicht zu zeigen.«
    »Möglicherweise
bin ich ja nicht um meinetwillen so vorsichtig, sondern um Ihretwillen.«
    »Sieht Ihr
Gesicht so Furcht erregend aus? Wird es mich zum Wahnsinn treiben oder zu Stein
erstarren lassen?«
    »Sie sind
schließlich schon einmal deswegen in Ohnmacht gefallen«, erinnerte er sie.
    Gwendolyn
drückte sich die Fingerspitzen an die Schläfen und legte die Stirn in Falten,
aber sie erinnerte sich nur schemenhaft an den kurzen Augenblick im Innenhof
der Burg – da war der Geruch des Regens gewesen, ein Flügelschlagen, silbriger
Rauch ... und dieses Gesicht. Dieses Antlitz, das umso schrecklicher war, weil
es außerhalb alles Menschenmöglichen schien. Sie bemühte sich, das Bild zurückzurufen,
doch die Konturen verschwammen und waren noch schwerer zu fassen als der
Fremde, der sie aus dem Dunkel heraus verhöhnte.
    »Wer sind
Sie?«, wollte sie wissen.
    »Die
Bewohner von Ballybliss nennen mich den Drachen«, gab er zur Antwort.
    »Dann werde
ich Sie einen Scharlatan nennen. Nur ein Scharlatan würde so grausamen
Schabernack treiben.«
    »Es
schmerzt mich, das zu hören, Mylady.« Doch sein leises Lachen verriet, dass es
ihr bestenfalls gelungen war, ihn zu amüsieren.
    Sie
richtete sich auf und warf sich die feuchten Locken über die Schulter. »Nehmen
Sie zur Kenntnis, dass ich keine Lady bin.«
    Sie
lauschte angestrengt auf seine Bewegungen und hätte schwören können, sie habe
ihn die Augenbrauen hochziehen hören.
    »Jedenfalls
nicht im strengeren Sinn«, ergänzte sie. »Mein Vater führt keinen Adelstitel.«
    »Das war
anmaßend, entschuldigen Sie. Sie sprechen nicht den ungehobelten Dialekt, der
bei diesen Wilden hier im Hochland verbreitet ist, also habe ich angenommen
...«
    »Meine
Mutter war eine Adlige, die Tochter eines Barons aus den Lowlands. Sie starb,
als ich neun Jahre alt war.« Gwendolyn kämpfte gegen einen Schmerz, den auch
die Zeit nicht hatte lindern können.
    »So ein
Mangel ist für mich kein Makel. Ich versichere Ihnen, dass ich selbst kein
Gentleman bin.«
    Gwendolyn
fragte sich, ob er sie beruhigen oder warnen wollte. Sie warf einen kurzen
Blick unter

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