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Verzauberte Herzen

Verzauberte Herzen

Titel: Verzauberte Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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lebend gesehen hatte.«
    Sie sah auf
die Ruinen im Hof hinaus, nahm aber nur den Trauerzug der Dörfler an jenem
sonnenhellen Tag wahr. Sie fühlte die raue Borke, als sie ihre Fingernägel in
den Eichenstamm grub und hörte die wehklagenden Dudelsäcke, die vom Tod ihrer
Träume kündeten. »Sie brachten seine Leiche den Hügel herunter. Von unserem
Baum aus sah ich ihn den gewohnten Weg reiten. Aber dieses letzte Mal lag er
mit dem Gesicht zum Boden auf dem Rücken seines Ponys. Sie hatten ihm den
Tartan umgelegt, den er so stolz getragen hatte.«
    Gwendolyn
weinte lautlos wie an jenem Tag. Sie bemerkte nicht, dass der Drache zwei
Einhalt gebietende Schritte auf sie zugemacht hatte. Er ballte hilflos die
Fäuste.
    Gwendolyn
wischte eine Träne weg und wandte sich ihm zu.
    Er drehte
sich um und stemmte sich gegen den Kaminsims. »Ich schlage vor, Sie lassen
mich jetzt allein, Miss Wilder. Ich bin einsam und betrunken. Betrunken seit
ein paar Stunden, einsam seit langem. Ich tauge nicht für die Gesellschaft
einer Dame im Nachthemd, die gerne über Geister spricht.«
    Gwendolyn
war von diesem Bekenntnis bestürzt. Sie war der Auffassung, dass die Qualen der
Einsamkeit einfachen Frauen mit hübschen Schwestern vorbehalten waren.
    »Und wo
sollte ich wohl hingehen, Mylord Drache? Zurück in meine Zelle?«
    »Es kümmert
mich einen Dreck, wo Sie hingehen«, stieß er hervor, »gehen Sie mir bloß aus
den Augen.«
    Selbst wenn
noch eine Kanonenkugel im Saal eingeschlagen wäre, Gwendolyn konnte das Feld
nicht räumen. Der Schutzschild des Drachen hatte einen Riss bekommen, der den
Blick in sein Inneres freigab. Sie versuchte, ihn ins Mondlicht zu locken.
    »Soll ich
etwa ins Dorf zurückkehren? Soll ich ihnen erzählen, dass der wüste Drache
nichts weiter ist als ein Mann? Ein Mann, der sie das Fürchten lehren will, der
aber sein Gesicht versteckt, weil er sich vor sich selber fürchtet?«
    »Erzählen
Sie, was Ihnen passt, verdammt noch mal.« Seine Fingerknöchel pressten sich
weiß gegen den Mahagonisims.
    Gwendolyn
schlich sich mit erhobener Hand an, wagte aber nicht,
seinen unbeugsamen Rücken zu berühren. »Soll ich ihnen obendrein erzählen, wie
fürsorglich Sie mich behandelt haben? Dass Sie meine Fetzen gegen Prachtgewänder
ausgetauscht haben? Dass Sie mich gezwungen haben zu essen, als ich aus
schierem Eigensinn hungerte? Dass Sie das Jungfrauenopfer verschmäht haben?«
    Er drehte
sich um. »Glauben Sie ja nicht, ich hätte das nicht erwogen. Glauben Sie nicht,
ich erwöge das nicht genau in diesem Moment!«
    Verlangen
glühte in seinen Augen, aber er legte nicht Hand an sie. Mehr als alles andere
bewegte sie das dazu, sein Gesicht mit den Fingerspitzen zu berühren. Er atmete
schwer, als sie seine Züge erforschte. Sie suchte die Narbe, das Brandmal, die
schreckliche Missbildung, die ihn in ein Leben im Dunkeln getrieben hatte,
gebrandmarkt in den eigenen und in den Augen der Welt.
    Sie
streichelte eine seidige Locke aus seiner glatten, starken Stirn. Seine
Augenbrauen war dicht und leicht gebogen, seine Wimpern federweich. Sie folgte
dem Jochbein zu seiner geradlinigen Nase. Ihre Knöchel liebkosten den unrasierten
Kiefer. Als sie nach seinen Lippen tastete, hielt er stöhnend ihr Handgelenk
fest.
    Er fasste
sie an den Schultern und zog sie an sich. »Würden Sie sich mir hingeben,
Gwendolyn? Würden Sie sich opfern, um das arme, zerrissene Tier zu retten, das
aus mir geworden ist?«
    Eine
sonderbare Ruhe überkam Gwendolyn, als sie in das Gesicht blickte, das aus
Schatten zusammengesetzt war. »Sie haben mir einmal verraten, was ich tun muss,
um Sie von einem Tier in einen Menschen zu verwandeln.«
    Sie legte
eine Hand um seinen Nacken, zog ihn zu sich hinab und drückte sanft ihren Mund
auf seinen.

14
    Der
Drache rang mit
sich um Gwendolyns Kuss. Zu spät, ihr zu gestehen, dass er sie belogen hatte.
Zu spät, sie vor dem unbezähmbaren Begehren zu warnen, das sie mit ihrem Kuss
in ihm entfachte. Statt ihn zu besänftigen, machte es ihn wild. Wild, sie zu
küssen. Wild, sie zu berühren. Wild, sie zu nehmen. Er saugte sich in ihre sich
öffnenden, blühenden Lippen. Widerstand war zwecklos.
    Er nahm
sich zusammen, um sie nicht zu verschrecken, legte die Arme um sie. Seine Zunge
wirbelte durch die feuchte Wärme ihres Mundes. Sie schmeckte nach Unschuld und
Verlangen. Die scheue Glut machte ihre Küsse ergreifender als die jeder
Kurtisane.
    »Meine Süße
... mein Lamm«, wisperte er in ihren

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