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Verzauberte Herzen

Verzauberte Herzen

Titel: Verzauberte Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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beschäftigt. Ich habe mich immer als
Krieger gesehen, nicht als Gelehrten.«
    »Er war
sehr stolz auf dich, und das weißt du auch.«
    Bernard
warf das Buch auf den Tisch. »In der Nacht, als Cumberland das Schloss
eingenommen hat, habe ich mich nicht gerade als Krieger erwiesen.«
    »Aber du
hast überlebt.«
    »Nur weil
einer von Cumberlands Offizieren ein hinterhältiger Bastard war mit einem Hass
auf alles Schottische und einem widernatürlichen Appetit auf hübsche, junge
Kerle.«
    Gwendolyn
bekam einen Moment lang keine Luft. »Er hat dich doch nicht etwa ...«
    »Aber er
wollte es. Erst ganz unauffällig – ein obszöner Scherz, dann wieder eine
Drohung, eine zufällige Berührung. Bis zu dem Tag, wo er mich im Wald auf
unserem Marsch nach Edinburgh in die Enge trieb.« Bernard senkte den Kopf, und
die Scham verdunkelte sein Gesicht. »Er hat mich nach unten gedrückt und
befingerte mich mit seinen ekelhaften, fetten Händen.«
    »Was hast
du getan?«
    Er hob den
Kopf und schaute in ihr entsetztes Gesicht. »Ich habe ihn umgebracht. Mit
seinem eigenen Messer aufgeschlitzt. Als ich mit ihm fertig war, triefte mir
das Blut von den Händen, und ich fühlte gar nichts. Keine Scham, keine Angst,
keine Reue.«
    Falls er
vorgehabt hatte, sie zu verschrecken, war ihm das nicht gelungen. Gwendolyn war
nur heilfroh darüber, dass der Mann tot war.
    »Sie hätten
mich hinrichten können, aber sie hielten es für passender, die Königliche
Marine meinen Geist brechen zu lassen. Als sie mich in Edinburgh aufs Schiff
brachten, hat der Kapitän mich in den Laderaum sperren lassen. In einen der
Verschläge, in denen man früher die Sklaven transportierte. Nicht größer als
ein Grab. Sie gaben mir gerade genug Wasser und Brot, um mich noch am Leben zu
halten, als ich schon längst um den Tod gebetet habe.«
    Gwendolyn
schloss die Augen. Sie wollte den stolzen Jungen mit den strahlenden Augen, der
seine ganze Jugend damit verbracht hatte, durch die Berge und das Moor zu
streifen, nicht im Dunkeln eingesperrt und vom Gestank seines eigenen
Schmutzes würgen sehen.
    »Wie hast
du es geschafft, bei Verstand zu bleiben?«
    Er zuckte
die Achseln. »Vielleicht habe ich es ja nicht geschafft. Als wir England
erreichten, war ich kaum mehr als ein Tier. Ich habe mich selbst nicht erkannt.
Als wir anlegten, haben sie mich aus dem Verschlag gezerrt und vor die Füße
eines Admirals geworfen. Zuerst dachte ich, er sei wie die anderen. Also habe
ich mich auf ihn gestürzt. Wäre ich nicht so schwach gewesen, hätte ich es
vielleicht geschafft, ihm mit meinen Zähnen die Kehle herauszureißen. Er hätte
mich hängen lassen können. Aber stattdessen hat er jedem Mann auf dem Schiff
zwanzig Peitschenhiebe geben lassen, weil sie ein Kind misshandelt hatten.« Er
schüttelte den Kopf. »Alles, was ich denken konnte, war ›Wie kann der
Bastard es wagen, mich ein Kind zu nennen?‹«
    Gwendolyn
musste sich jetzt das Lachen verkneifen.
    »Admiral
Grayson war einer von den anständigen Engländern. Sehr streng, aber nicht
herzlos. Seine Frau war ge storben, bevor sie ihm einen Sohn schenken konnte,
also weckte ich sein Interesse. Als ich alt genug war, kaufte er mir ein
Offizierspatent, und als ich die Marine verließ, überzeugte er seine
wohlhabenden Freunde davon, in meine Schiffereigesellschaft zu investieren. Ich
habe immer vorgehabt, nach Ballybliss zurückzukehren, aber ich hätte es nie
vor seinem Tod getan.«
    Gwendolyn
verstand zum ersten Mal, warum sich Bernard denen gegenüber, die eigentlich
seine Erzfeinde hätten sein müssen, loyal verhielt. Sie verstand, warum er ihre
Sprache sprach, sich kleidete wie sie und an ihrer Seite kämpfte.
    Sie kam auf
ihn zu. Die Tartanschärpe glitt von ihren Schultern zu Boden. Er schaute sie
argwöhnisch an, machte aber keine Anstalten, sie aufzuhalten. Nicht einmal, als
ihre Fingerspitzen seine Wange berührten. Einst hatte sie sein Gesicht nach
irgendwelchen Entstellungen abgetastet, aber die Narben, die sie gesucht hatte,
waren nicht in seinem Gesicht, sondern auf seiner Seele zu finden.
    »Mein armer
Drache«, flüsterte sie und fuhr mit den Fingerspitzen sein Kinn entlang. »Sie
haben dich wie ein Ungeheuer behandelt, so dass dir keine andere Wahl blieb,
als eines zu werden.«
    Er hatte
schon wieder ihre Handgelenke in seiner unnachgiebigen Umklammerung. »Verdammt
noch mal, Gwendolyn, ich will doch nicht von dir bemitleidet werden!«
    »Was ist es
dann, was du willst?«, fragte sie

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