Verzehrende Leidenschaft
»Nay, nicht Mungan. Für derartige Gefühle ist er nicht empfänglich. Er ist zwar ein guter Kerl, und deshalb bin ich mir sicher, Eure Cousine ist wohlauf und in Sicherheit; aber zur romantischen Sorte gehört er nun einmal nicht. Wenn er beschließt, sich eine Frau zu nehmen, wird er sie gut behandeln, für sie sorgen und ihr die Treue halten; doch sie wird sich damit abfinden müssen, dass sie nicht sehr viele Schmeicheleien, süße Worte oder aus tiefstem Herzen stammende Gefühlsäußerungen zu hören bekommt. Aber selbst wenn ein Wunder geschehen wäre und Mungan von einer romantischen Anwandlung befallen wurde, warum sollte er dann ein Lösegeld für sie fordern?«
»Vielleicht ist ihm die Romantik abhandengekommen, als er feststellte, dass meine Cousine seine Gefühle nicht erwidert.«
»Möglich ist alles, aber ich bezweifle es. Mungan ist einfach nicht der Typ für so etwas. Einmal hat er einen fahrenden Musikanten an den Füßen aufgehängt und ihn über dem Tisch baumeln lassen, nur weil der arme Kerl nichts als Minnelieder zum Besten gab, er hingegen lieber Balladen über siegreiche oder verlorene Schlachten hören wollte. Na ja, am liebsten natürlich über solche, bei denen die Schotten den Sieg davontrugen.«
Obwohl sie so müde war, dass ihr die Lider schwer wurden, schaffte Moira noch einen letzten Blick auf Tavig. »Und Ihr glaubt, bei einem solchen Verrückten können wir uns sicher fühlen?«
Lachend lehnte er sich an den Baumstumpf, den er als Stütze für ihre kärgliche Unterkunft benutzt hatte. »Er hat den Musikanten nicht umgebracht, und er hat ihn auch nicht so lange baumeln lassen, dass der arme Narr ernsten Schaden nahm. Mungan ist ein schräger Vogel, aber er ist harmlos, zumindest für diejenigen, die er als Freunde betrachtet. Ich schwöre Euch, Ihr werdet bei ihm sicher sein. Mungan hat noch nie einer Frau oder einem Kind etwas zuleide getan.«
Moira musste herzhaft gähnen. »Ihr habt eine sehr merkwürdige Familie, Tavig MacAlpin.«
»Ihr kennt noch nicht einmal die Hälfte, meine Liebe. Aber jetzt schlaft, Ihr braucht Eure Ruhe. Wir haben noch einen langen Weg vor uns.«
Kurz darauf spürte er, wie sie in seinen Armen schwer und schlaff wurde. Seufzend sah er auf ihre armen Füße. Wie gern hätte er ihr all diese Strapazen erspart. Er wünschte sich, er könnte sie zu Mungans Burg tragen. Sanft strich er ihr die feuchten Haarsträhnen aus der Stirn. Wie konnte er sie nur dazu bringen, ihm zu vertrauen, ihn zu lieben und bei ihm bleiben zu wollen? Noch lag Mungans Burg zehn, vielleicht auch zwölf Tagesmärsche entfernt, doch auf einmal kam ihm die Zeit viel zu kurz vor.
* * *
Moira stöhnte leise und schlang die Arme um Tavigs Nacken, als seine Lippen sie wärmten. Sein Kuss vertrieb die Kälte, die sich in ihren Körper geschlichen hatte, und auch all ihre Schmerzen und ihr Leid. Alles, was sie quälte, schmolz dahin unter der Leidenschaft, die er in ihr entfachte. Sie presste sich an ihn, nahm seine Hitze in sich auf und genoss das Gefühl seines langen, sehnigen Körpers.
Er fuhr mit geschickten Händen über ihre schlanke Gestalt. Moira erbebte vor Wonne, als er ihren Rücken streichelte und sie sanft an sich drückte. Sie war fasziniert, als sie den harten Beweis seines Verlangens spürte, und keuchte lustvoll, als er eine ihrer Brüste umfasste. Sie bäumte sich ihm entgegen, bis ein winziger Strahl der Vernunft durch den Schleier der Leidenschaft drang, der ihren Geist vernebelte. Leise fluchend entzog sie sich Tavigs Griff und kniete sich hin, wobei ihr Kopf das Dach ihres Unterschlupfs streifte. Sie funkelte Tavig zornig an.
»Ich nehme an, Ihr konntet nicht einfach ›Guten Morgen, Mädchen‹ sagen«, fauchte sie. Sie sah, dass der Himmel bereits heller wurde, und kroch aus dem Unterschlupf.
»Ich dachte, das hätte ich getan«, meinte Tavig gedehnt, kroch ebenfalls hinaus und streckte sich gemächlich.
»Ihr habt versucht, mich zu überrumpeln, um mit mir zu tun, was Ihr wollt.«
»Was ich will? Es sah mir schwer danach aus, als ob auch Ihr das wolltet.«
»Das glaube ich nicht, Sir Tavig.«
Sie beschloss, sein unverschämtes Grinsen zu ignorieren, und begab sich in den Schutz der Bäume am Rand der Lichtung, um sich zu erleichtern. Sie merkte, dass ihre Füße noch immer schmerzten, obwohl der kalte Regen tatsächlich geholfen hatte. Wie unfair, dass sie mit ihren heilenden Händen nicht ihre eigenen Schmerzen lindern konnte, dachte sie. Doch wenn
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