Verzehrende Leidenschaft
hinzunehmen, bedachte ihn jedoch mit einem möglichst strengen Blick. »Dann werden wir eben Mann und Frau spielen, aber versucht ja nicht, dieses Spiel zu ernsthaft zu betreiben!«
»Aha, verstehe.« Er legte den anderen Arm um ihre Taille und drückte ihr einen sanften Kuss auf die Lippen. »Keine geraubten Küsse?«
»Nay«, flüsterte Moira. Seine Berührung und die Wärme seines dunklen Blicks hatten wieder eine Hitze in ihr ausgelöst, die sie ganz schwindelig machte.
»Und zu fest darf ich Euch auch nicht halten«, murmelte er und fuhr genüsslich mit der Zungenspitze über die Konturen ihrer vollen Lippen. »Nicht einmal dann, wenn wir unter derselben Decke schlafen.«
»Richtig, nichts dergleichen.«
Moira war klar, dass Tavig wieder einmal dabei war, sie zu verführen, und dass sie wieder einmal nicht viel tat, um ihn in seine Schranken zu weisen. Er knabberte an ihrem Mund. Sie erbebte lustvoll, schloss die Augen und ließ es zu, dass er sie noch fester in seine starken Arme schloss. Als Tavig den Kuss vertiefte, gewährte sie seiner Zunge freudig Einlass. Sie schlang die Arme um seinen Nacken, auch wenn eine höhnische Stimme in ihr verkündete, dass sie wahrhaftig schlechte Arbeit leistete, seinen Avancen zu widerstehen und ihre Ablehnung überzeugend vorzubringen. Sie nahm sich fest vor, sich ab sofort keinen einzigen weiteren süßen Kuss von ihm rauben zu lassen.
Doch jetzt genoss sie den langen, gemächlichen Kuss in vollen Zügen. Bei der Erregung, die sie durchflutete, als er ihr über den Rücken streichelte, hätte sie ihren Entschluss, der Versuchung künftig besser zu widerstehen, fast zurückgenommen. Doch sie durfte nicht vergessen, dass ihre Jungfräulichkeit ihre einzige Mitgift war. Auch wenn ihre Chancen auf einen ehrlich gemeinten, vernünftigen Heiratsantrag verschwindend gering waren, wollte sie ihre karge Mitgift nicht einer kurzen Leidenschaft opfern. Sie wünschte nur, die Leidenschaft, die Tavig in ihr weckte, wäre nicht so heftig und hitzig.
»Sollten wir jetzt nicht lieber ins Dorf, solange die Leute noch arbeiten?«, ächzte sie schließlich, als er ihren Mund freigegeben hatte, um ihren Hals mit sanften Küssen zu necken.
»Aye, Ihr habt recht.« Tavig ließ von ihr ab, stand auf und klopfte sich den Staub von seinem Gewand. »Ihr müsst wirklich aufhören, mich ständig abzulenken, Mädchen!«
Leise eine Litanei von Flüchen fauchend, stand sie auf, wobei sie seine ausgestreckte Hand ignorierte. Der Mann konnte einem wirklich auf die Nerven gehen. Kein Wunder, dass manche Leute ihm den Tod an den Hals wünschten. Seinem Cousin Iver waren Tavigs Ländereien wahrscheinlich gar nicht so wichtig, er konnte wohl nur seinen Spott und sein albernes Gequassel nicht mehr ertragen, dachte sie erbost, leistete jedoch gleich darauf stillschweigend Abbitte dafür, dass sie Tavigs verzweifelte Lage nicht ernst genommen hatte.
Als er sie bei der Hand nahm, um sie ins Dorf zu führen, hätte sie ihm die Hand am liebsten wieder entrissen. Er hielt sie fest wie einen störrischen Gaul. Doch dann fiel ihr wieder ein, dass sie ja als Mann und Frau auftreten sollten. Tavig hatte oft genug bewiesen, dass er die Kniffe kannte, die zum Überleben nützlich waren. Es war wohl am klügsten zu tun, was er sagte. Aber sie nahm sich fest vor, ihm keine Chance zu geben, einen Vorteil aus ihrer Lage zu ziehen. Schließlich wusste sie nur allzu gut, dass er auch darin sehr geschickt war.
Tavig schlenderte mit einer Selbstsicherheit in das Dorf, die Moira überraschte. Er schien völlig vergessen zu haben, dass er ein Gejagter war. Wie konnte er nur so frohgemut die zurückhaltenden, wachsamen Blicke übersehen, mit denen sie bedacht wurden? Die Leute, die ihnen begegneten, schienen sie jedenfalls nicht mit offenen Armen zu empfangen. Moira hatte den Eindruck, dass es nicht nur das harte Leben war, das ihnen zu schaffen machte. Sie warf einen Blick auf den Wohnturm des Lairds auf einer Anhöhe am Ende des Dorfes.
»Welch ein abweisender, finsterer Ort«, flüsterte sie Tavig zu.
»Aye. Ich hätte wahrhaftig keine Lust, ihn jeden Tag zu sehen.«
Sie musterte die ärmlichen Hütten entlang der zerfurchten, schmutzigen Straße. Sie wirkten ebenso trostlos wie die Menschen, die dort ein und aus gingen. Der Wohnturm des Lairds warf seinen langen Schatten auf alles und jeden. Moira erzitterte. Das Dorf erinnerte sie an die Gewaltherrschaft Sir Bearnards. Wieder einmal regten sich ihre alten Ängste,
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